Warum haben wir, acht Jahre nach der
Ermordung von MP Itzhak Rabin, noch immer nicht das Recht, eine
öffentliche Diskussion zu führen, ohne dass eine legitime Initiative der
Öffentlichkeit als Verrat präsentiert wird?
Das "Genfer Abkommen":
Was hat man es so eilig?
Jedioth Achronoth
Das offizielle Jerusalem neigt nicht dazu, schnell
auf politische Initiativen zu reagieren, die ihm vorgelegt werden. Was
hat man es so eilig, den Vorschlag für einen Finalstatus, den eine
Gruppe von Israelis und Palästinensern ausgearbeitet hat, mit scharfen
Worten abzulehnen?
Sharon sprach von dem Verrat der Linken, der AM griff
die "Oslo-Architekten" an und Modi Sandberg übertraf sogar den "Ichud Ha
Leumi", als er erklärte, es handle sich um ein Abkommen, das "mit dem
Blut der Opfer" geschrieben worden sei. Es stellt sich nun die Frage:
wenn diese Initiative nur ein "dummer, virtueller Trick einiger
Randfiguren" ist- wie es der MP und seine Minister sagen- warum haben
sie es so eilig, diesen Trick zu verurteilen. Warum werten sie ihn als
einen Angriff gegen die Sicherheit des Staates und seiner Bürger?
Nach drei Jahren ist es der Sharon-Regierung endlich
gelungen, uns davon zu überzeugen, dass es keinen Partner für Gespräche
gibt. Und nun kommt eine Gruppe von Leuten daher, von beiden Seiten, und
zeigt, dass es trotz allem einen Partner geben könnte.
Es gibt jemanden, mit dem man reden kann, und es gibt
auch Themen, über die geredet werden kann, sagen uns diese Leute, wenn
die jetzige israelische Regierung zustimmt, über die Grüne Linie als
endgültige Grenze (mit einigen Korrekturen) zu sprechen, als
Gegenleistung für das Ende des Konflikts und den palästinensischen
Verzicht auf das Rückkehrrecht. Wir haben einen Vorschlag für die beiden
Völker ausgearbeitet, und jetzt lasst uns sehen, ob Sharon wirklich zu
schmerzlichen Verzichten bereit ist, und ob die palästinensische Seite
wirklich zu Fortschritten bereit ist. Warum beängstigt das die Regierung
so sehr?
Und die wichtigste aller Fragen: Warum haben wir auch
fast acht Jahre nach der Ermordung von MP Itzhak Rabin noch immer nicht
das Recht, eine öffentliche Diskussion zu führen, ohne dass eine
legitime Initiative – auch wenn sie der Haltung der offiziellen
Regierung widerspricht- der Öffentlichkeit als Verrat präsentiert wird?
Israelisch-palästinensische Friedensinitiative:
Die Tauben greifen an
Die israelischen Verzichte:
1. Teilung Jerusalems:
Die jüdischen Viertel unter israelischer Souveränität, die moslemischen
und christlichen unter palästinensischer. Der Tempelberg unter
palästinensischer Souveränität, jede Veränderung am Ort geschieht jedoch
nur nach Absprache mit Israel. Eine internationale Einrichtung wird als
Schiedsrichter zwischen den Seiten fungieren und sie kontrollieren. Der
Davidsturm und das Jaffator werden ebenfalls an die Palästinenser
übergeben.
2. Rückzug aus den Gebieten:
Der Großteil von Judäa und Samaria, so auch die Stadt Ariel, werden
außerhalb der Grenzen Israels liegen. Das gesamte Jordantal wird an die
Palästinenser übergeben, wobei die Verteidigung Israels entlang der
jordanischen Grenze gewährleistet werden wird. Israel wird aus dem
Gazastreifen abziehen und die sich dort befindlichen Siedlungen räumen.
3. Palästinenserstaat:
Israel wird den Palästinenserstaat anerkennen, der an seiner Seite
gegründet wird und der ein entmilitarisierter Staat sein wird.
4. Austausch von Gebieten:
Als Gegenleistung für Siedlungen, die unter israelischer Souveränität
stehen werden, erhalten die Palästinenser einen Streifen von einigen
hundert Metern an der Ostseite des Gazastreifens.
5. Sichere Passagen:
Es werden ständige und offene Durchgänge zwischen Gaza und der Westbank
eingeführt.
Die palästinensischen Verzichte
1. Flüchtlingsfrage:
Palästinensischer Verzicht auf Rückkehrrecht, mit Ausnahme von
Familienzusammenführung, die sich auf einige Tausende belaufen könnte.
Die Flüchtlinge in der PA werden Entschädigungszahlungen erhalten,
vielleicht auch die Häuser der Siedlungen, die geräumt werden.
2. Klagemauer:
Israel erhält volle Souveränität über die Klagemauer und die darunter
verlaufenen Tunnel. Israel wird die Passage zwischen dem jüdischen
Viertel und der Klagemauer sichern.
3. Großraum Jerusalem:
Die Souveränität über Gush Etzion, die Viertel um Jerusalem- Pisgat
Seev, Givat Seev, Ramot, Ramot-Eshkol. French Hill, Neve Jakob und Male
Adumim- wird bei Israel bleiben. Damit wird die jüdische Mehrheit im
Großraum Jerusalem garantiert. Auch die Enklave Latroun wird unter
israelische Souveränität gestellt.
4. Ende des Terrors:
Die Gewaltakte werden eingestellt, und die Palästinenser werden die
Terrororganisationen auflösen und die illegalen Waffen einsammeln.
Weiterhin wird gegen Hetze gegen Israel vorgegangen.
5. Friedenserklärung:
Die Palästinenser werden den Staat Israel als souveränen Staat des
jüdischen Volkes anerkennen, der das Recht hat, in Frieden und
Sicherheit zu existieren. Sie werden das absolute Ende des Konflikts mit
Israel proklamieren.
Plötzliches Interesse:
Das Genfer Abkommen aus palästinensischer Sicht
Die palästinensischen Medien, die das Genfer Abkommen bis dato
beinahe völlig ignoriert haben, begannen gestern damit, dem Thema
auffallende Aufmerksamkeit zu widmen...
Das Abkommen im Wortlaut
hagalil.com
15-10-03 |