Israelisch-palästinensische
Friedensinitiative:
Die Tauben greifen an
In den westlichen Medien hat
man offensichtlich schon resigniert, die Nachricht, dass es eine
neue Friedensinitiative für den Nahen Osten gäbe, hat relativ wenig
Echo gefunden. Vielleicht liegt es aber auch an den Umständen der
Verhandlungen, dass man dem Vorschlag nicht allzu viel Gewicht
beimessen will. In Israel wird jedoch seit zwei Tagen heftig über
das so genannte "Genfer Abkommen" gestritten.
Eine Gruppe von israelischen und
palästinensischen Politikern und Intellektuellen hat sich drei Tage
lang intensiv über ein mögliches Abkommen unterhalten. Dazu ließen
sie sich auf Kosten von schweizerischen und japanischen Sponsoren im
jordanischen Akaba nieder und erarbeiteten einen Entwurf, der die
Beilegung des Konfliktes regelt. Unter der Schirmherrschaft des
Schweizer Außenministeriums fanden zwischen den Seiten bereits
Gespräche in Japan und Groß-Britannien statt.
Der genaue Wortlaut des so
genannten "Genfer Abkommens" ist bis jetzt noch nicht veröffentlicht
worden, man möchte in den kommenden Wochen medienwirksam einen Flyer
mit dem genauen Text an alle Haushalte verschicken. Die wichtigsten
Eckpunkte wurden jedoch bekannt gegeben und in den Tageszeitungen
abgedruckt. Es gibt kein generelles Rückkehrrecht für Palästinenser,
lediglich eine symbolische Anzahl von Familienzusammenführungen.
Jerusalem soll geteilt, die Kontrolle über den Tempelberg den
Palästinensern überlassen werden. Die Grenzen verlaufen entlang der
Linie von 1967. Der Vertrag soll am 4. November, am Jahrestag der
Ermordung von Jitzhak Rabin, in Genf unterzeichnet werden.
So weit so gut, kann man nun
denken, das hört sich doch alles sehr vernünftig an. Einziges
Problem bei der Sache, die Initiatoren auf beiden Seiten haben
keinerlei Unterstützung für ihr Abkommen von den jeweiligen
Regierungen. Auf palästinensischer Seite führten einige ehemalige
Minister, sowie Vertreter der Fatah-Bewegung die Verhandlungen. Auf
israelischer Seite haben sich Amram Mitzna, Jossi Beilin und Avraham
Burg zusammengetan, unterstützt durch den Schriftsteller Amos Oz und
den ehemaligen Generalstabschef Amnon Lipkin-Shahak.
Zu recht kritisiert jedoch
Ministerpräsident Scharon, dass die Initiatoren keine Autorität
hätten, das Abkommen umzusetzen. Jossi Beilin ließ verlauten, dass
man Scharon kontinuierlich über die Verhandlungen informiert hätte,
das Abkommen käme keineswegs als Überraschung. Die rechtliche
Grundlage eines solchen Abkommens ist tatsächlich fraglich,
schließlich ist keiner der Unterzeichnenden Mitglied der Regierung.
Amram Mitzna sagte, durch das Abkommen werde bewiesen, dass Scharon
einen Mythos verbreite, wenn er und seine Regierung behaupten, dass
es auf der palästinensischen Seite keinen Verhandlungspartner gäbe.
Die Frage nach dem Wert eines Verhandlungspartners, der keinerlei
Einfluss auf das Handeln der palästinensischen Regierung hat,
stellte Mitzna jedoch nicht.
In jedem Fall hinterläßt es
einen seltsamen Eindruck, wenn gerade Beilin und Mitzna sich mit
einem solchen Abkommen profilieren. Mitzna hat die bitterste
Niederlage für die Arbeitspartei aller Zeiten einstecken müssen und
ist nach dem Hin und Her der Koalitionsverhandlungen in der
Versenkung verschwunden. Jossi Beilin hat nach den Ergebnissen der
Vorwahlen in der Arbeitspartei, die ihn auf einen der
unrealistischen Plätze verwiesen haben, kurzerhand die Partei
gewechselt und ist für Meretz angetreten. Auch hier gelang ihm der
erneute Einzug in die Knesset jedoch nicht. Aber vielleicht ist wird
den beiden auch unrecht damit getan. Die Initiative ist in jedem
Fall erfreulich, zeigt sich doch tatsächlich, dass es noch immer die
Möglichkeit von Gesprächen gibt. Sie stellt auch erneut die Frage,
ob ein Friedensschluss mit einem Premier Scharon möglich ist. Die
israelische politische Realität beweist allerdings immer wieder,
dass es keine uneigennützigen Initiativen gibt.
Wie es nun weiter geht, man wird
sehen. Scharon schimpft über die extreme Linke, Justizminister Lapid
spuckt Gift und Galle. Sollte die Initiative tatsächlich an alle
Haushalte verteilt werden, muss sich die Regierung wohl damit
beschäftigen.
Das Abkommen im Wortlaut
al /
hagalil.com
14-10-2003 |