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Aufklärung für den Dialog:
Der politische Islam

Von Özan Ceyhun

Die mittel- und westeuropäischen Gesellschaften sind endlich auf dem Weg, den Islam als eine in ihren Ländern selbstverständlich praktizierte Religion zu akzeptieren. Die undogmatischen Diskussionen über den Islam finden immer häufiger statt, die Gesprächsrunden sind nicht mehr einseitig christlich besetzt. Dabei werden neue Fragen aufgeworfen, deren Antworten die Eckpfeiler für das "neue" Zusammenleben darstellen werden. Die wichtigste Frage lautet: Wer vertritt den Islam in einem interreligiösen Dialog, und welche Maßstäbe müssen für diesen Dialog gesetzt werden?

Viele der islamischen Organisationen, die beanspruchen, die Muslime zu vertreten, sind Verbände des politischen Islam. Ist der politisch motivierte Islam eine Gefahr für die westlichen Demokratien? Ist der Islam an sich nicht demokratiefähig, wie es von vielen Seiten behauptet wird? Diese Fragen müssen im politischen Alltag ausgespart werden, denn die Realität – gerade in Deutschland – zeigt, dass der politische Islam mehr Menschen mobilisieren kann, als dass er ignoriert werden könnte. Als deutscher Europaabgeordneter türkischer Herkunft setze ich mich seit langem für einen Dialog zwischen der deutschen Gesellschaft und einflussreichen Gruppierungen des politischen Islam ein. Allerdings wird mein Bemühen von Vorwürfen mancher türkischer Sozialdemokraten, den sogenannten "Kemalisten", begleitet. Diese wollen ihre Auseinandersetzung mit den türkischen Islamisten in Deutschland fortsetzen und sind nicht bereit zuzugeben, dass die Stärke der Islamisten in der Türkei aufgrund der jahrzehntelangen falschen Politik der Kemalisten erst möglich wurde.

Eine Politik, die die Verarmung großer Bevölkerungsteile zur Folge hatte, bereitete den Boden für die islamistischen Bewegungen in der Türkei. Diese Entwicklung wurde durch die repressiven Maßnahmen des Staates verstärkt. Die furchtbaren Folgen einer solchen Politik sieht man heute in Algerien. Die Befürworter dieser Politik sind bis heute nicht bereit, Selbstkritik zu üben. Leider haben manche Sozialdemokraten türkischer Herkunft in Deutschland mit der Fortsetzung dieser Praxis dazu beigetragen, dass sich die Islamisten als Opfer der türkischen Staatsgewalt präsentieren konnten. Anstatt jahrelang darüber zu diskutieren, wer die Feinde von Atatürks Erbe in Deutschland sind, hätte man sich längst für einen Dialog mit den Anhängern der Islamisten einsetzen müssen, um diese dem Einflussbereich ihrer Anführer zu entziehen. Denn wie so oft kann auch in diesem Fall nur ein Dialog mögliche Probleme auf beiden Seiten lösen. Allerdings muss ich inzwischen meine Forderung nach einem bedingungslosen Dialog mit Gruppierungen des politischen Islam relativieren, denn es zeichnet sich eine gefährliche Entwicklung ab. Unter dem Vorwand des Dialogs wird die Unwissenheit mancher deutscher Politiker, Verbände oder Kirchen über den politischen Islam ausgenutzt.

Auf diese Art bauen einige sunnitisch geprägte islamistische Gruppierungen aus der Türkei nicht nur ihre Machtposition aus. Sie spielen auch bei der Ausgrenzung anderer islamischer Minderheiten wie beispielsweise der Ahmadiya oder der Aleviten eine entscheidende Rolle. "Muslim" ist nur noch, wer die Position der Vertreter der sunnitischen islamistischen Vereinigungen inne hat. Bedenklich wird es, wenn Vertreter der Kirche oder anderer Organisationen bereit sind, die alevitischen Muslime als "Nicht-Muslime" zu bezeichnen. Und das nach der Beratung mit einigen sunnitischen Ansprechpartnern. Dieser absurden Entwicklung muss Einhalt geboten werden.

Wenn so mancher ausgewiesene Experte beim Umgang mit dem politischen Islam von einem "wehrhaften Missverständnis" der Skeptiker spricht, wird die Notwendigkeit eines Dialogs deutlich. Diese Experten folgen dem im Koran erwähnten "Al-Ichlás", der Reinheit des Vertrauens. Nur: mit Reinheit alleine entlässt man sich selbst aus der politischen Verantwortung. Mir stellt sich die Frage, ob uns bei der möglichen Existenz verfassungsfeindlicher Organisationen des politischen Islam Vertrauen weiterbringt, oder ob wir nicht eine gesellschaftliche Gefahr verkennen. In diesem Fall bin sogar ich, ein grüner Innenpolitiker, als Kenner der Lage erleichtert, dass die verfassungsschützenden Organe der Bundesrepublik ihre Arbeit verrichten.

Die Trennung von Staat und Kirche in Deutschland setzt eine Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften voraus. Gleichzeitig müssen jedoch die demokratischen Grundwerte eines Rechtsstaats geschützt werden. Dies darf weder zu einem Abbruch des Dialogs mit islamischen Gruppierungen führen, noch eine pauschale Kriminalisierung der Muslime in Deutschland beinhalten. Es ist richtig, dass Deutschland noch weit von der Gleichstellung des Islam gegenüber anderen Religionen entfernt ist. Es ist auch richtig, dass ein differenziert vorbereiteter deutschsprachiger Islam- Unterricht für die sunnitischen und alevitischen Schüler an hiesigen Schulen ein ebenso fester Bestandteil des Zusammenlebens werden muss, wie der Islam als Wertegemeinschaft seine Berechtigung finden sollte. Dennoch: Die Bemühungen, das Leben in Deutschland nach dem "saudischen" oder "afghanischen" Islam zu gestalten, müssen unterbunden werden. Sie bedeuten die Ablehnung eines Zusammenlebens nach den demokratischen Werten in Europa. Das kann nicht das Ziel eines möglichst konfliktfreien und friedlichen "interkulturellen" Zusammenlebens sein.

Die Unterscheidung zwischen legitimerweise "observierten" Islamisten und in Ruhe gelassenen sogenannten "reaktionären" Christen, wie sie einige Experten immer wieder heranziehen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Es darf nicht zu einer strukturellen Ungleichbehandlung zwischen beiden Gruppen kommen. Allerdings muss ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, was artikuliert und veröffentlicht wird. Ein in einer Predigt formulierter Angriff auf die Trennung von Staat und Kirche ist Ausdruck einer politischen Geisteshaltung. Verteidigt der Prediger an anderer Stelle die Verfassung, dann liegt der Verdacht auf Unglaubwürdigkeit nahe.

Nicht nur die auf Deutsch vorliegenden "Sonntagsreden" der Islamisten sind zur Kenntnis zu nehmen. Auch die auf Türkisch gestalteten Internetseiten oder andere Medienangebote müssen unter die Lupe genommen werden. So kann man Unterschiede zwischen externer Sympathiewerbung für die Vermittlung ihrer "Scheintoleranz" in Deutschland und interner Betreuung eigener Anhänger mit intoleranten Inhalten feststellen.

Im Umgang mit dem politischen Islam gibt es also weiterhin nur eine Lösung: den Dialog. Der Auseinandersetzung muss aber eine Aufklärung über die verschiedenen Gruppierungen des politischen Islam vorausgehen, um Probleme und eventuelle Missverständnisse aus dem Weg zu räumen. In diesem Dialog dürfen Minderheiten wie die Aleviten nicht ausgeschlossen werden. Der Erfolg eines solchen Dialogs zwischen den Religionen ist allein aus demografischen Gründen zwingend notwendig. "Setzt sich der Trend fort, wird das Mutterland der Reformation am Ende des Jahrhunderts religiös in erster Linie nicht mehr vom Christentum, sondern vom Islam geprägt sein", schreibt die um ihre Mitgliederzahl besorgte evangelische Kirchenzeitschrift idea Spektrum in Ausgabe 23/2000. Dann würden in Deutschland Verhältnisse wie auf dem Balkan oder im Libanon drohen. Aus meiner Sicht sollte man "die Kirche im Dorf lassen". Trotzdem teile ich in einem Punkt ihre Sorge: Sollte der kritische Dialog scheitern, ist ein friedliches Zusammenleben in Deutschland nicht mehr möglich. Um so wichtiger ist also eine Aufklärung, damit das interreligiöse Gespräch friedensstiftend wirken kann.

Wir werden hier in den nächsten Tagen Informationen anbieten, die sich mit Organisationen des politischen Islam, ihrer Geschichte, ihrer Struktur und ihren Absichten befassen.  Es soll einen Beitrag zur Aufklärung über den politischen Islam leisten, um so den Dialog zu befruchten. Die Autoren Claudia Dantschke, Eberhard Seidel und Ali Yildirim sind ausgewiesene Kenner der Materie. Mit großem Wissen und Engagement haben sie an diesem Werk gearbeitet. Sie mussten bei der Recherche so manche Hindernisse überwinden. Dafür gebührt ihnen mein Dank. Ein großer Dank geht auch an Daniel Cohn-Bendit, der dieser Veröffentlichung mit Rat und Tat zur Seite stand, und ohne dessen materielle und ideelle Unterstützung die Umsetzung sehr viel schwieriger gewesen wäre. Ich hoffe, dass ich mit meiner Veröffentlichung dem Ziel näherkomme, über den politischen Islam zu informieren, und dass durch sie eine konstruktive Debatte, ohne Ausgrenzung und ohne Blauäugigkeit, entstehen kann. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre.

Özan Ceyhun

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haGalil onLine 12-12-2001

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