Falken und Tauben
Chronik des Nahostkonflikts
Zum ARTE-Themenschwerpunkt
Falken und Tauben
Die Gewalt im Nahen Osten fordert fast täglich
neue Opfer. Sie führt auf eine lange Geschichte von blutigen
Auseinandersetzungen zwischen Juden und Arabern zurück, die
besonders seit der Staatsgründung Israels gewaltsam um ihre Existenz
und ihre Rechte im ehemaligen Palästina kämpfen.
Die Gründung des Staates Israel
Mit dem Erlöschen des britischen Mandats in
Palästina am 14.5.1948 proklamiert der Nationalrat der Juden den
unabhängigen Staat Israel. Unmittelbar nach der Proklamation greifen
arabische Armeen aus Ägypten, Irak, Syrien und Libanon Israel an:
Der erste israelisch-arabische Krieg beginnt. Die
israelischen Streitkräfte setzen sich durch, das Westjordanland wird
annektiert, der Gaza-Streifen kommt unter ägyptische Verwaltung.
850.000 palästinensische Araber fliehen in die benachbarten
arabischen Staaten, nur etwa 156 000 bleiben im Land. Die eroberten
Gebiete werden von israelischen Juden besiedelt.
Um einem Angriff Ägyptens zuvorzukommen, besetzen israelische
Truppen Ende Oktober
1956
die Sinai-Halbinsel. Die Vereinten Nationen setzen Israels
Rückzug aus den eroberten Gebieten und die Stationierung einer
UN-Friedenstruppe am Golf von Akaba durch.
Aus Israel geflohene Palästinenser organisieren sich 1964 zur PLO
(palästinensische Befreiungsorganisation). Sie prangern das
"unrechtmäßige Zustandekommen" des israelischen Staates an und
verneinen die jüdischen Rechte auf das Land.
Der Sechstagekrieg
1966 schließen Syrien und Ägypten einen
Verteidigungspakt, im Frühjahr 1967 kommt es zu israelisch-syrischen
Luftgefechten. Der ägyptische Präsident Gamal Abd el Nasser erwirkt
den Abzug der UN-Friedenstruppe und sperrt die Meerenge von Tirana
für israelische Schiffe.
Als auch Jordanien und der Irak dem ägyptisch-syrischen Pakt
beitreten, beschließt Israel, den arabischen Streitkräften mit einem
Offensiv-Angriff zuvorzukommen, und zerstört am 5. Juni innerhalb
weniger Stunden die ägyptische, syrische, jordanische und irakische
Luftwaffe.
Im folgenden
Sechstagekrieg gegen Ägypten, Syrien und Jordanien besetzt
Israel den Gaza-Streifen, den Sinai bis zum Suezkanal, das
Westjordanland einschließlich Ostjerusalems und die Golan-Höhen und
verdreifacht somit sein Staatsgebiet.
Der Jom-Kippur-Krieg
Am
6. Oktober 1973, zu Jom Kippur, dem "Versöhnungsfest" und
höchsten israelischen Feiertag, greifen ägyptische und syrische
Truppen überraschend die von Israel besetzten Gebiete an. Die
Israelis wehren die Angriffe ab, der Sinai und die Golan-Höhen
bleiben in israelischer Hand.
Auf der Konferenz von Camp David verständigen sich der israelische
Ministerpräsident Menachem Begin und Ägyptens Präsident Anwar el
Sadat unter Vermittlung von US-Präsident Jimmy Carter auf einen
Friedensvertrag, der im März 1979 unterzeichnet wird.
Die Erklärung ganz Jerusalems zur Hauptstadt Israels (1980), die
Annexion von Teilen der Golan-Höhen und die Besiedlung des
Westjordanlandes durch Israel stoßen in der arabischen Welt auf
lauten Widerspruch.
Intifada, der Aufstand der Palästinenser
Ende 1987 bricht im Gaza-Streifen und im
Westjordanland ein Aufstand vor allem jugendlicher palästinensischer
Araber los, die sogenannte
Intifada beginnt. Als Reaktion auf die Gewalteskalation ruft
die PLO am 15. November 1988 in Algier einen unabhängigen
Palästinenserstaat in den von Israel besetzten Gebieten aus.
Der Vertrag von Oslo: Hoffnung auf Frieden
Bis
Anfang
der 90er-Jahre gibt es keine Fortschritte in Richtung
Frieden. Erst 1992 legt die Regierung von Jitzhak Rabin mit dem
Stopp staatlicher und der Unterbindung privater Siedlungsprogramme
in den besetzten Gebieten eine Basis für israelisch-palästinensische
Friedensgespräche.
In
Geheimverhandlungen in Oslo vereinbaren die Parteien die
gegenseitige
Anerkennung und ein Rahmenabkommen über die Teilautonomie
der palästinensischen Araber im
Gaza-Streifen
und im Gebiet von Jericho. In weiteren Abkommen wird der
gestaffelte Rückzug der israelischen Streitkräfte aus den Gebieten
festgelegt. Die Rechte beginnt eine beispiellose Hetz- und
Diffamierungskampagne gegen die Regierung Rabins. Am
4.November
1995 wird Premier Rabin ermordet.
Nach einer Stagnationsphase während der Regierungszeit des
Likud-Politikers Benjamin Netanjahu (1996-1999) kommt der
Friedensprozess unter Ministerpräsident Ehud Barak (Arbeitspartei)
wieder in Gang. Die Israelis räumen jedoch keine weiteren Gebiete im
Westjordanland und die Siedlungstätigkeit wird verstärkt.
Kein Ende der Gewalt
Im September 2000 gibt es einen gewaltigen
Rückschlag. Der demonstrative Besuch des moslemischen Teils des
Tempelsbergs durch Likud-Chef Ariel Scharon provoziert eine
Explosion der Gewalt, bei der etwa 100 Menschen sterben.
Als Palästinenser in Ramallah mehrere israelische Soldaten töten,
nehmen Kampfhubschrauber der israelischen Armee Ziele in den
Autonomiegebieten unter Feuer.
Arabische Selbstmordattentäter sprengen sich in Bussen, auf Plätzen,
in Cafés und vor Diskotheken in die Luft, die Israelis reagieren mit
gezielten Liquidierungen von Terrorverdächtigen, Sprengungen von
Palästinenser-Häusern und dem Einmarsch in weite Teile des
Autonomiegebietes.
Nach diesem Ausbruch der
zweiten Intifada und dem Regierungsantritt Ariel Scharons,
der den Premier Barak im Februar 2001 ablöst, verhärten sich die
Fronten erneut.
Im Dezember 2001 spitzt sich die Lage zu. Scharon spricht von einem
Krieg zwischen Israel und den Palästinensern, für den er Arafat
allein verantwortlich macht, da er nicht entschieden genug gegen
terroristische Aktivitäten im eigenen Lager vorgehe.
Im Frühjahr 2002 kommt es zu einem schweren militärischen Vordringen
Israels in die autonomen Palästinenser-Gebiete. Trotz massiver
Rückzugs-Forderungen von Seiten der UNO halten die Übergriffe an.
Mit der "roadmap
for peace" legen USA, EU, Russland und UNO im April 2003
einen dreistufigen Fahrplan vor, der die Schaffung eines
unabhängigen palästinensischen Staates und eine Befriedung der
Region bis zum Jahr 2005 vorsieht.
Der Amtsantritt des palästinensischen Premierministers Mahmoud
Abbas, der deutliches Engagement für die Wiederaufnahme der
Verhandlungen zeigt, bestärkt die Hoffnungen auf Frieden. Die
Nahostgipfel in Scharm el Scheich und Akkaba Anfang Juni 2003
zeigten zwar erste Ansätze zur Umsetzung des Friedensplans, dennoch
reißen die Anschläge der palästinensischen
Terrorbrigaden und deren Beantwortung mit Terror von Seiten
des israelischen Militärs nicht ab.
Am 6. September 2003 tritt Mahmoud Abbas nach nur vier Monaten
zurück. PLO-Chef Yassir Arafat nominiert den als moderat geltenden
Ahmed Kureia zum Nachfolger des Reformers Abbas. Kureias Ziele sind
"die Verbesserung der Lebensbedingungen" für die Palästinenser sowie
die Aushandlung eines Waffenstillstands mit Israel.
Und auch der
Grenzzaun, mit dessen Errichtung Israel am 16. Juni.2002
begann und der nach seiner Fertigstellung das gesamte Westjordanland
umschließen soll, hat eher dazu beigetragen, die Kluft zwischen
Israelis und Palästinensern zu vergrößern, anstatt sie zu schließen.
hagalil.com
30-10-2003 |