Friedrich Ebert Stiftung mit
Orientierungsschwierigkeiten (1):
Das Wort des Ministers
Von Fritz W. Peter
Unmittelbar anschließend an die
OSZE-Antisemitismus-Konferenz vom 28. bis 29. April 2004 in Berlin
stellte sich Außenminister Joschka Fischer der Presse. Gleich die
erste Frage aus dem Journalisten-Kreis galt einer von der Friedrich
Ebert Stiftung in Beirut durchgeführten Konferenz, zu der als
nahöstliche Vertreter fast ausschließlich Islamisten eingeladen
waren. Auf der Konferenz suchten die Veranstalter also gezielt,
bewusst und bevorzugt den Dialog mit bekennenden Islamisten.
Fischer erklärte unumwunden, dass das hier
vertretene Konzept der Ebert Stiftung als "gescheitert" gelten könne
und er davon ausgehe, dass man in der Stiftung "selber begriffen
(habe), dass dieses ein untauglicher Versuch war und insofern will
ich dem nichts weiter hinzufügen." – Die Antwort kam also ohne
regierungsseitige Verklausulierungen aus!
Frage des Journalisten:
"Es wurde mehrfach auf dieser Konferenz gesagt, dass der Dialog
das beste Mittel ist im Kampf gegen Antisemitismus und gegen
Vorurteile. Es wurde auch gesagt – Herr Fischer hat es eben nochmal
ausgesprochen: Zero-Toleranz für jede Form des Antisemitismus. Meine
Frage bezieht sich darauf, dass einige Wochen zuvor eine Konferenz
in Beirut stattgefunden hat, wo die regierungsnahe Friedrich Ebert
Stiftung eingeladen hat zu einem interkulturellen Dialog mit Hamas-
und Hisbollah-Vertretern. Gibt es dort nicht in dieser gefährlichen
Äquidistanz im Rahmen eines überzogenen interkulturellen Dialogs ein
tatsächliches Glaubwürdigkeitsproblem?"
Antwort J. Fischer:
"Ich nehme an, es geht an mich? Ja! Es war ein Versuch der
Einbindung einer politischen Stiftung, die über jeden Zweifel
erhaben ist. Und ich glaube, man kann diesen Versuch zu-recht als
gescheitert ansehen. An der Haltung der Friedrich Ebert Stiftung,
ihrer jahrzehntelangen Haltung, glaube ich, werden Sie keine
Äquidistanz entnehmen können, sondern gerade die Friedrich Ebert
Stiftung unterhält innigste Beziehungen zu Israel, auch zu den
jüdischen Gemeinden international, und ist an vorderster Front –
wenn Sie so wollen – im Kampf gegen Antisemitismus und alle Formen
des Rassismus seit Jahrzehnten. Ich denke, die haben selber
begriffen, dass dieses ein untauglicher Versuch war und insofern
will ich dem nichts weiter hinzufügen."
Der nachfolgende Text stellt ausführlich die
Problematik der Beiruter Konferenz dar. Dies erscheint auch deshalb
wichtig, weil seitens der Ebert Stiftung in einer Pressemitteilung
im Nachgang zur Konferenz erklärt wurde, dass für Kritik am zugrunde
liegenden Konzept der Konferenz kein berechtigter Grund bestehe. Von
"Untauglichkeit" des Konzepts ist hier ganz und gar nicht die Rede!
Desto mehr Gewicht kommt den deutlichen Worten Fischers – also aus
dem zugehörigen Regierungslager – zu. Auch wenn er seine Haltung
schonend vortrug, hat er sie doch klar geäußert.
Eine Präzisierung der Kritik im nachfolgenden Text
wird verdeutlichen, wie berechtigt und zutreffend der in der Frage
des Journalisten enthaltene Vorwurf ist. Der praktizierte Ansatz der
Ebert Stiftung am Beispiel der Beirut Konferenz (unscheinbar als
interkultureller Dialog bezeichnet) lässt eine problematische
Auffassung des eigenen demokratischen Auftrags als politischer
Stiftung erkennen. Schließlich wird nochmals auf ein – in der
Erinnerung zu bewahrendes – Detail der Pressekonferenz eingegangen.
Teil 2:
Fallbeispiel Beirut Konferenz
Teil 3:
Ein Wort der Erinnerung
Anhang
Fritz W. Peter,
Diplom-Sozialwirt, Univ. Göttingen
Tätigkeiten im Hochschulbereich, dann viele Jahre in der
betrieblichen Personalarbeit, darunter 5 J. als
Personalmanager/Personalleiter, 15 J. freiberuflich in Beratungs- u.
Trainingsfunktionen in der Personalentwicklung, 5 J. ehrenamtlich
auf kommunaler Ebene in politischer Funktion, zahlreiche Engagements
in der politischen Bildung
hagalil.com
05-10-2004 |