Friedrich Ebert Stiftung mit
Orientierungsschwierigkeiten (2):
Fallbeispiel
Beirut Konferenz
Von Fritz W. Peter
Federführend
in der Organisation und Durchführung der Beiruter Konferenz war die
Friedrich Ebert Stiftung. Eine Mit-Trägerschaft hatten das Deutsche
Orient-Institut, das Islam-Institut der Univ. Birmingham, die
Österreichische Botschaft und das der Hisbollah nahe stehende
Consultative Center for Studies and Documentation.
Motto der Veranstaltung: "The
Islamic World and Europe: from Dialogue towards Understanding",
Termin: 17.–19.
Febr. '04.
Berichtet wurde im Vorfeld der Konferenz
u.a. von Thomas von der Osten-Sacken / Thomas Uwer, in:
"Verständnisvolles Europa. In Beirut lädt die Friedrich Ebert
Stiftung und die österreichische Botschaft zum Dialog mit
Islamisten"
(8.2.04) und in: "Verständnisinnig. Islam-Konferenz in Beirut"
(11.2.04) [abrufbar unter
www.wadinet.de].
Die Information wurde in verschiedenen Medien aufgenommen, bspw. von
Richard Herzinger, in: Die Zeit (18.2.04) unter der Rubrik
"Ideen und Irrtümer – Streifzüge durch die neue Weltordnung",
Titel des Beitrags: "Islamistenversteher". Aus der
Tagespresse kann z.Bsp. auf den Beitrag von Mariam Lau in: Die
Welt (14.2.04) verwiesen werden. Ihr Kommentar trägt die
Überschrift: "Affirmative Kritik". Zum Vorwurf affirmativer
Kritik: Fritz W. Peter, "Die
Irak-Erfahrung – Lehrstunde für Völkerrechtler?", Teil
1, Kapitel 10, S. 44.
Der Vorwurf an
die Konferenz zielt auf deren Unausgewogenheit, wie u.a. die
Referentenauswahl verdeutlicht: " ... die Liste der Referenten
weist (zit. n. v. d. Osten / Uwer) namhafte Islamisten wie Tariq
Ramadan, Azzam al-Tamimi, Jamal al-Banna oder Skeikh Naeem Quasim
von der Hizbollah auf. Unter dem Begriff des Dialogs bietet eine
deutsche Stiftung damit den Vordenkern eines modernen Islamismus ein
Podium in direkter räumlicher und organisatorischer Nähe zur
militanten Hizbollah. (...) Mit (einer) Ausnahme (...) nimmt nicht
ein einziger der liberalen arabischen Intellektuellen teil, die im
vergangenen Jahrzehnt eine grundlegende Kritik an den ideologischen
Prämissen nahöstlicher Herrschaft formuliert haben. Auch eine Frau
sucht man, mit Ausnahme deutscher Orientalistinnen, ebenso
vergeblich wie die Thematisierung von Frauenrechten in islamischen
Gesellschaften." [s.
"Verständnisvolles Europa..."].
Wortreicher Autismus der Teilnehmer
Azzam
al-Tamimi, auf der Konferenz mit einem Beitrag über "Freiheit und
Menschenrechte" vertreten, bekundet in einer früheren Schrift
folgende Auffassung [die Schriften Tamimis sind abrufbar unter der
Website des Institute of Islamic Political Thought,
www.ii-pt.com]: "Die Unbeugsamkeit des palästinensischen Volkes
und die Eskalation des Aufstands der Palästinenser in einem Ausmaß,
das die Israelis dazu gebracht hat, in Panik und Verwirrung zu
geraten und die Lebensfähigkeit ihres eigenen Staates in Frage zu
stellen, sind klare Anzeichen, dass die 'post-Israel'-Ära vor der
Tür steht." – "Wenn Araber und Muslime wieder Stärke und Vertrauen
erlangen und dies einhergeht mit dem Rückzug der jetzigen
Weltordnung aufgrund schrumpfender materieller und militärischer
Ressourcen und als Folge der Zuspitzung innerer Krisen, dann wird
auch das Ende des zionistischen Projekts gekommen sein und der Staat
Israel wird aufhören zu existieren."
[Al-Tamimi: "The Muslims’
Attitude Toward the Jews in the West",
S. 2]
Tamimi hat
seine Schrift mit einer langen Liste "praktischer Anleitungen"
für das gezielte Vorgehen gegen Israel versehen – und bemüht darin
gegen Israel auch den NS-Vergleich.
Tamimi: " ...
Zionist propaganda that seeks in every possible way conceal the ugly
face of occupation and divert attention from the plight of the
Palestinians to whom Israel is doing today what Hitler did to the
Jews in the late thirties and early forties of the twentieth
century."
("...
zionistische Propaganda, die in jeder nur möglichen Weise versucht,
das hässliche Gesicht der Besatzung zu verbergen und vom Joch der
Palästinenser abzulenken, denen Israel heute antut, was Hitler den
Juden in den späten Dreißigern und frühen Vierzigern des zwanzigsten
Jahrhunderts angetan hat.")
Auszug aus dem Konferenzprogramm:
Freedom and Human Rights: individual identity versus collective
identity
Muhammad Jawad Larijani, Teheran
Azzam al-Tamimi, Institute of Islamic Political Thought,
London
Karin Kneissl, University of Vienna
. . . |
Tamimis
Standpunkt soll, stellvertretend auch für andere (der Richtung des
"modernen Islamismus" zuzuordnende) Teilnehmer der Konferenz, durch
eine weitere Aussage verdeutlicht werden. Entnommen sind sie einem
Beitrag Tamimis vom Oktober 2002 mit dem Titel: "Sharon et al.,
Not Saddam, the Real Savages" [ = "Sharon & Co., nicht
Saddam, (sind) die wahren Schänder"].
"Der Wahnsinn
Scharons und derer, die ihn gewählt haben, ist ein klares Zeichen
dafür, dass es sich bei Israel um eine diabolische Einheit handelt,
der nicht getraut werden kann. Die Vereinigten Staaten und
Großbritannien, Israels Hauptwaffenlieferanten, sind dafür
verantwortlich zu machen, dass sie es diesem Biest gestatten, die
denkbar tödlichsten Waffen gegen die unbewaffnete und hilflose
palästinensische Bevölkerung einzusetzen. Solange und bis die
Vereinigten Staaten und Großbritannien nicht eingreifen, nicht gegen
den Irak, sondern gegen Israel, und bis die Bedrohung seitens
Israels nicht abgewehrt ist, müssen friedliebende Völker dieser
Welt, von denen viele mit dem Joch der Palästinenser sympathisieren,
das Recht der Palästinenser auf Selbstverteidigung unterstützen.
Unter den gegenwärtigen Umständen haben die Palästinenser jedes
Recht, alle verfügbaren Ressourcen einzusetzen, um die Israelis
davon abzuhalten und abzuschrecken, ihren Feldzug der Verfolgung,
Entmenschlichung und des Mordens fortzuführen. Die Ironie ist die,
dass, während die Israelis tausende von Palästinensern getötet
haben, die Iraker jedoch in den letzten zehn Jahren die Adressaten
amerikanischer und englischer Luftangriffe und schwerer Sanktionen
waren. Amerikanische und britische Luftangriffe haben bisher das
Leben hunderttausender Iraker gefordert, darunter viele Kinder. Man
fragt sich, ob der Truppenaufbau für einen totalen Krieg gegen den
Irak nicht nur der Versuch ist, die Aufmerksamkeit von den
wirklichen Schändern abzulenken, nämlich Scharon und seinem Team."
Die zitierten
Aussagen illustrieren eine unverhohlen radikale, militante
Einstellung. Entsprechende Auffassungen vertreten auch andere der
geladenen Konferenzteilnehmer, wie al-Banna oder Munir Shafiq.
So hieß es im Abschlusskommuniqué einer
2003 an der Teheraner Universität abgehaltenen Konferenz über die
palästinensische Intifada, bei der Shafiq die Eröffnungsansprache
hielt: "Die Teilnehmer dieser Konferenz halten die Vernichtung
des zionistischen Regimes für die Vorbedingung der Schaffung von
Demokratie im Mittleren Osten." [s. Bill Samii:
"Israel’s ‚Annihilation’ Demanded at Tehran Conference", Radio
Free Europe, 1.9.03] Angesichts solcher Positionierungen
unter den Konferenzteilnehmern muss die Ebert Stiftung als
Veranstalter darlegen, dass sie mit der Konferenz keine
geistig-logistische Unterstützung für radikal-islamistische
Grundpositionen gibt und nicht den Boden des europäischen
Wertekonsenses verlassen hat. Im Fall der Beiruter Konferenz,
jedenfalls bezüglich ihrer Besetzung, werden deutsche Steuergelder
allem Anschein nach fehlgeleitet. Gedeckt und gefördert werden mit
einer Konferenz dieser Besetzung genau jene projektiven
Denkhaltungen und perspektivlosen Erklärungsmuster, die den
Ansatzpunkt einer Besserung der arabischen Situation mehr bei den
ausgemachten Feinden als im eigenen Verantwortungsbereich sehen:
Nicht endende Schuldzuweisungen an andere, eigene Exkulpation,
Negation des Nachbarn Israel in seinem Existenzrecht,
Vernichtungsgedanken statt Aushandlungswillen, Negation von Politik
– politischer Aushandlungsprozesse – als Mittel zur Veränderung!
Es kann schwerlich hingenommen werden, dass mit den Ressourcen einer
deutschen politischen Stiftung – also im Wesentlichen mit deutschen
Steuermitteln – einem intoleranten, fanatisierten Denken ein Forum
geboten wird.
Nachdenklichere arabische Stimmen, moderate politische Kräfte, wären
ein lohnenderer Adressat für Hilfestellungen auf dem Weg der –
Anschluss suchenden – arabischen Welt aus demütigender
Rückständigkeit. Entschlossenheit, die sich bei der Durchführung
terroristischer Akte zeigt (dort jedoch auf völlig pervertierte
Weise), wird stattdessen benötigt für hartnäckige Aufbautätigkeit in
den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Aufgabenfeldern. Ohne
Bereitschaft, eine Mitzuständigkeit für die Zustände in den
eigenen Gesellschaften zu erkennen, ohne pragmatischen Einsatz
(anstelle ideologischer Abkehr), wird es keine Besserung geben
können [vgl. "Die
Irak-Erfahrung – Lehrstunde für Völkerrechtler?",
a.a.O., Teil 1, Kap. 5 und 6 (s. Textauszüge,
Anhang 3)].
"Äußere Kräfte
für alles und jedes verantwortlich zu machen, verhindert jeden
ernsthaften Ansatz, sich mit den schwerwiegenden inneren Problemen
und Mißständen zu beschäftigen, die der wahre Grund für den
Fortbestand von Diktaturen, Gewalt und Instabilität, einer relativ
langsamen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung sind,"
fasst Barry Rubin in seiner Untersuchung des arabischen
Antiamerikanismus zusammen [s. seinen Beitrag in: Amerika –
Antiamerikanismus, hrsg. v. Th. Uwer, Th. von der Osten-Sacken,
Andrea Woeldike, 2003]. Seine Schlussfolgerung ist, dass der größte
Schaden durch die Ideologisierung des Themas in der arabischen Welt
selbst entsteht.
Nicht "die Vernichtung des zionistischen Regimes ist die
Vorbedingung der Schaffung von Demokratie im Mittleren Osten"
(eine Auffassung, die – wie oben erwähnt – z.B. Munir Shafiq, einer
der Teilnehmer der FES-gestützten Beirut Konferenz, zuvor
öffentlich mitvertreten hat), sondern eine weniger ideologisch
orientierte Interpretation der eigenen Situation der
arabisch-islamischen Welt und der Anforderungen, die an die
Länder des Größeren Mittleren Ostens gestellt sind, bildet die
"Vorbedingung" (vgl. Zitat betreffend den Teilnehmer Shafiq)
für Entwicklung im Innern und konstruktiven Dialog mit der
Außenwelt. Ganz bewusst wird in der islamistischen Argumentation
durch Ausdrücke wie "zionistisches Regime"/"zionistisches
Projekt"/"diabolische Einheit" der Rekurs auf eine
völkerrechtliche Betrachtung abgewehrt [bewusste
Vermeidung der Bezeichnung: Staat Israel]. Während die
Rechte des palästinensischen Volkes unablässig eingeklagt werden,
bleibt jeder Gedanke an Völkerrecht in Bezug auf Israel
ausgeblendet. Es wäre konsequent, wenn die europäische
Öffentlichkeit und Politik diesen Gedanken vernehmlich und
beharrlich einforderte. Noch frisch ist die Erinnerung daran, wie
unverdrossen – und selektiv – auf Europas Strassen das
Völkerrechtsargument im Irak-Konflikt bemüht wurde.
Wortkarge Begründung des Veranstalters
Als die Kritik
am Konferenzkonzept nicht verstummte, sah sich die Führung der
Friedrich Ebert Stiftung zu einer Stellungnahme veranlasst. In einer
Pressemitteilung wurde gut drei Wochen nach der Beiruter
Veranstaltung in knapper Form (26 Zeilen, vollständige Abschrift in:
Anhang 1) eine Begründung des
Konferenzkonzepts gegeben. Danach waren es die zentralen Ziele
dieser Veranstaltung,
"die
Dialogfähigkeit des politischen Islam auszuloten",
"Wandel durch
Annäherung zu ermöglichen"
sowie
"Verständnis
für die israelische Erfahrung der Bedrohung und [für die
israelischen] legitime[n] Sicherheitsbedürfnisse einzufordern".
Als Beleg zu
letzterem Punkt wird in der FES-Pressemitteilung u.a. aufgeführt,
dass bei der Konferenz von MdB Dr. Christoph Zöpel auf die
"Grundlagen der deutschen Nahostpolitik, die auf der eindeutigen
Unterstützung und engagierte(n) Solidarität mit Israel basieren, an
prominenter Stelle" hingewiesen wurde. "Für seine
kompromisslose Verurteilung von Selbstmordattentaten (sei Zöpel
danach) in den libanesischen Medien heftig kritisiert"
worden.
Die Kritik
erscheint damit kaum entschärft. Gab es nur im offiziellen Teil eine
unüberhörbare Verurteilung von Selbstmordattentaten? Glaubt man,
dass auch nur einem der anwesenden Islamisten vor Konferenzbeginn
unbekannt war, dass aus europäischer Sicht Selbstmordattentate
kein akzeptiertes Mittel der Politik sind und dass Europa sich
auch gegenüber Israel in der Pflicht sieht? Glaubt man, die
anwesenden Islamisten, deren Motivation und Argumentation sich doch
gerade aus dem Ziel der Liquidierung des "zionistischen Projekts"
ableiten und "speisen", von ihrem Kurs abbringen zu können? Glaubt
man, dass reflexhafte Einstellungen, die eben nicht gemäßigte
Positionen sind, im seminaristischen Gespräch einer politischen
Mäßigung zugänglich sind? Mit welcher stichhaltigen Begründung
glaubt man, dass Islamisten politische (d.h. den Kompromiss
einschließende) Lösungen suchen? Wird nicht vielmehr von ihnen ein
Forum gesucht, um fixierte Vorstellungen, die
Ausschließlichkeitscharakter haben, abermals propagieren zu können?
Etwas Belehrung, die keine Wirkung tut, werden Islamisten in Kauf
nehmen, wenn ihnen dafür eine Plattform geboten wird, von der sie
glauben, dass sie propagandistische Wirkung haben kann.
[Aufschlussreichen Nachhilfeunterricht geben Thomas Hauschild in:
Frankfurter Rundschau online, und Yassin Musharbash, "Die
neue Quaida-Doktrin", in:
Spiegel online, 18.3.04. Siehe auch
Anhang 2.]
Glaubt der
Veranstalter, dass der Hinweis auf israelische Sicherheitsinteressen
Neuigkeitswert für die geladenen islamistischen Intellektuellen hat?
Es leuchtet auch wenig ein, warum "Verständnis" (s.o.) für
israelische Bedrohtheitsgefühle erzeugt werden muss, wenn doch
gerade die Stimulierung solcher Gefühle der "politische
Stoff" und bewusste strategische Hebel der Islamisten ist.
"Verständnis" für israelische Bedrohtheitsgefühle besteht doch
bereits in dem Sinn, dass man sie nach Kräften zu schüren
versucht – siehe Zitate, siehe Attentate! Islamistische Ideologie
richtet sich doch gerade gegen ein Verständnis der anderen
Seite. Verständnis im Sinne der Empathie wird man kaum
"herbei argumentieren", höchstens mit konkludentem und klarem
Verhalten durchsetzen können. Ein solches Verhalten ist aber
nicht erkennbar, wenn erst durch nachgereichte kurze
Pressenotiz oder durch obligate Stellungnahme im Rahmen von
Einzelbeiträgen – und sei es "an prominenter Stelle" – das
Ansinnen des Veranstalters klar gestellt wird, ein
Ansinnen, das bereits in der Konzeption
und Anlage der Konferenz zum Ausdruck kommen müsste!
Glaubt der Veranstalter, z.B. Tamimis oben zitierten NS-Vergleich
– vorheriges Kapitel – mit Schweigen übergehen zu können?
Glauben die Organisatoren der Ebert Stiftung, derartige Statements
als "rhetorisches Beiwerk" – "Arabeske" – abtun zu
können? Glauben sie, dass es genüge, solche veröffentlichten
Bekundungen nur für unqualifiziert zu halten, ohne dies auch
deutlich zu sagen, d.h. einen Dissens offen und öffentlich
festzustellen – und zwar schon vor Aussprechen einer Einladung. Oder
teilt man sogar "ein wenig" die Auffassung von Herrn Tamimi – und
hält sie vielleicht nur für graduell überzogen?
Wenn
Gastdozenten der Friedrich Ebert Stiftung nicht von Israel als einem
völkerrechtlichen Subjekt – Staat Israel – sprechen wollen,
leugnen sie ganz offenbar die Realität. Führt es weiter, ihr
beschädigtes Wahrnehmungsvermögen nicht anzusprechen? Islamistische
Ideologie beinhaltet das Versprechen der Realitätsflucht,
politische Bildungsarbeit wird sich jedoch den Realitäten stellen
müssen. Wie erfüllt die Friedrich Ebert Stiftung ihren Auftrag in
Verantwortung für ihre Adressaten?
"Wandel durch Annäherung"
(s. Zielvorgaben der FES für die Konferenz) kann nicht die für
politische Stiftungen geltenden Orientierungseckpunkte ausblenden.
Eine Annäherung an intolerante Positionen wäre nicht gedeckt
durch den politischen Auftrag der Stiftung. Die FES –
muss man sie erst daran erinnern? – hat in der
Ausrichtung ihrer Arbeit Basisvorgaben einzuhalten sowie
entsprechende Bedingungen zu stellen. Ohne diese
Konditionalität würde die politische Bildungsarbeit zur
"Spielwiese" – in diesem Fall für Islamisten.
Die
Pressenotiz suggeriert ein zielstrebiges Verhalten: "Der Dialog
mit dem Islam muss den politischen Islam einschließen. Ihn zu
marginalisieren führt in die Sackgasse." Was hier in markigen
Worten als Begründung daher kommt, erweist sich schnell als Bluff.
Ausgeblendet – "marginalisiert" – werden vor allem moderate
Standpunkte. Denkrichtungen, die sich der islamistischen
Vereinnahmung zum Teil oder ganz entziehen, waren auf der Konferenz
kaum repräsentiert. Mit der Referentenauswahl ergibt sich
eine bedauerliche (Selbst-) Marginalisierung insofern, als
das in den nah-/mittelöstlichen Gesellschaften anzutreffende
politische Meinungsspektrum breiter, kraftvoller und auch
konstruktiver ist. Die wenig offene Definition des "politischen
Islam" als weithin gleichbedeutend mit extremistischen
Inhalten erscheint als "Sackgasse" (um die Diktion der
Pressemitteilung aufzunehmen).
Das
ausgegebene Konferenz-Ziel, die arabische politische
Öffentlichkeit in ihrer Dialogfähigkeit "auszuloten", wie es
in der Notiz heißt, kann auf diese Weise nicht gelingen. Zudem
erhebt sich die Frage, warum die vorgebliche Zielsetzung (die
Konferenz als Test auf die Dialogfähigkeit zu verstehen)
nicht vorab deutlicher und öffentlicher erklärt wurde – als faire
und ernst gemeinte Herausforderung an den Gesprächspartner und auch
im Sinne notwendiger Konditionalität. In den genannten Zielen
ist davon die Rede, dass ein Verständnis "eingefordert"
werden soll. Dies heißt doch, dass Erwartungen gegenüber dem
Dialogpartner offen und offensiv angesprochen werden sollen.
Wie ernst ist es der FES mit ihren Zielsetzungen? Wird es
eine kritische und evtl. selbstkritische Nachlese geben?
Welche Kriterien sollen dabei angelegt werden, die auch einem
neutralen Beobachter den Eindruck vermitteln können, dass Resultate
– Wirkungen oder ausbleibende Wirkungen – übergedacht werden? Der
Gegenstand, das Anliegen eines politischen Dialogs mit der
arabisch-islamischen Welt, ist zu bedeutsam, um nicht einer
kritischen Überprüfung unterzogen werden zu müssen.
Volker
Perthes, ebenfalls Teilnehmer der Beirut-Konferenz, schreibt in
diplomatischer Wendung: "Israel bringt Washington mehr Vertrauen
entgegen, während unter Palästinensern Europa größeres Vertrauen
genießt."
[SWP Comments, Perthes: "America’s ‚Greater Middle East’ and
Europe", Febr. 2004, S. 1 - 8, Zitat S. 5f.]
Das
Fallbeispiel der Beirut-Konferenz lässt erkennen, warum es zu dieser
Allokation des Vertrauens kommt. Verantwortungsvolles Handeln
belässt es nicht dabei, Sympathien zu verteilen: Respekt und
Vertrauen müssen durch glaubhaftes Verhalten (d.h.
Stimmigkeit zwischen Worten und Taten) erworben werden.
Wie man sich
als politische Stiftung einem Ideologieverdacht aussetzt!
Die
Konferenzbilanz (unter dem Gesichtspunkt der Förderung
politischer Lösungsansätze) fällt wenig überzeugend – wenn nicht
negativ – aus. Eine wenig einsichtige, wenig transparente,
wenig intensive Begründung des Konferenzziels, floskelhafte
Begründungen wie z.B. "Wandel durch Annäherung" (Soll sich
Europa islamistischen Vorstellungen annähern? Soll man
Verständnis für die von islamistischer Seite verfolgte Zerstörung
Israels zeigen?) und eine äußerst unausgewogene Teilnehmerbesetzung
bei den Gästen aus Nah-/Mittelost – all dies finanziert aus
öffentlichen Mitteln – addieren sich zu einem
problematischen und unappetitlichen Bild!
Die Konferenz wird von den
Veranstaltern als Teil eines "interkulturellen Dialogs" gesehen
(verharmlost). "Dialog" wird hier jedoch zum Vorwand, denn es
findet unter den beschriebenen Umständen nur die Illusion
eines Dialogs statt. Eine reale - ernst zu nehmende - Politik des
Dialogs stellt sich anders dar. Ein solcher Dialog bindet sich an
Grundwerte. Eine solche Politik bedenkt ihre Wirkungen. Unter
beiden Gesichtspunkten bleibt für das FES-Konzept in höflicher
Umschreibung nur das Urteil "untauglich" (vgl. Joschka
Fischer, Antisemitismus-Konferenz).
Teil 1:
Das Wort des Ministers
Teil 3:
Ein Wort der Erinnerung
hagalil.com
05-10-2004 |