Zu den Anschlägen im Sinai:
Die integralistische Hypothek Ägyptens
Der aus Ägypten stammende
italienische Journalist Magdi Allam hat in Corriere della Sera vom
9. Oktober 2004 über die Hintergründe der Anschläge auf der
Halbinsel Sinai einen Artikel publiziert, aus dem Karl Pfeifer
Auszüge veröffentlicht.
Magdi Allam
Für Ägypten war der härteste Schlag, am
tragischen 17. November 1997, als sechs islamistische Terroristen
mit Maschinenpistolen sechzig Touristen und ein Dutzend Polizisten
im Tal der Königinnen in Luxor massakrierten, um dann Selbstmord zu
begehen.
Für ungefähr ein Jahr, wurde der Tourismus, die
führende Triebkraft der Wirtschaft, angehalten. Die Konsequenzen
zeigten sich auf dem Gebiet der Beschäftigung, in der Abwertung der
ägyptischen Währung und der Senkung des Lebensstandards der
Bevölkerung, mehr als deutlich. Durch eine drastische Unterdrückung
des islamistischen Extremismus und durch starken militärischen
Schutz der touristischen Strukturen fand man einen Ausweg aus der
Krise. Nun zeigen die Donnerstag in der Nacht durchgeführten
terroristischen Attentate im Sinai, dass diese Lösung zumindest
mangelhaft war.
Wenn man das Gesamtbild der terroristischen Welle,
die nach dem 11. September 2001 stattfand, betrachtet, so kommt
heraus, dass die am meisten vom Terrorismus heimgesuchten
islamischen Länder diejenigen sind, die eine bedeutende Präsenz von
islamischen Integralisten dulden, in denen die Regime zwischen der
Unterdrückung der am extremistischen Randgruppen und der
Zurückdrängung der laizistischen und liberalen Zivilgesellschaft
wanken.
Seit dem am 6. Oktober 1981 Mubarak wie durch ein
Wunder unverletzt bei einem Attentat blieb, welches das Leben von
Präsident Sadat kostete, hat die interne Stabilität maximale
Priorität. Um das zu erreichen, hat man die Verbindungen mit dem
Moslembrüdern, die offensichtlich für einen islamischen
Integralismus stehen, aufgenommen. Immer die Augen auf die
Innenpolitik gerichtet, hat Mubarak eine Außenpolitik des
anachronistischen und kontraproduktiven Panarabismus eingeleitet,
die oft den Widerspruch der USA ausgelöst hat.
Es ist ein Fakt, dass Ägypten ein amerikanisches
Projekt, dass in Casablanca 1993 vorgeschlagen wurde und eine
Wirtschaftsunion zwischen den Nahostländern vorsah, zum Fall
gebracht, so wie es auch gegen den jüngsten Vorschlag von Bush
Stellung bezog, einen erweiterten Nahen Ostens, der auch die Türkei,
den Iran und Pakistan verbunden mit der Nato vorgesehen hat, zu
schaffen.
Es ist auch kein Geheimnis, dass Mubarak zusammen
mit dem saudischen König Fahd den palästinensischen Führer Arafat
nicht ermutigt hat, 2000 einen Friedensvertrag mit Barak in Camp
David zu unterzeichnen. Diese ägyptischen Einsprüche gegen die
amerikanische Strategie werden mit einem verwurzelten Misstrauen
gegen Israel gerechtfertigt, vor dem man sich fürchtet, dass es eine
regionale Hegemonie auf den wirtschaftlichen, politischen und
militärischen Gebiet erringen könnte. Das Resultat ist, dass das
interne Klima Ägyptens erfüllt ist von anti-israelischer Propaganda,
die oft in offenem Antisemitismus gipfelt.
Die Feindschaft gegen Israel ist das ideologische
Bindemittel, dass die interne Front zementiert, von der
marxistischen extremen Linken bis zur islamistischen extremen
Rechten. Man kann nicht ausschließen, dass die Selbstmordterroristen
im Sinai Komplizen hatten innerhalb der ägyptischen
Sicherheitskräfte. Es ist schwer vorstellbar, dass sie sonst
ungehindert eine strikt militärische Zone hätten betreten können.
Man erinnert sich an das Massaker an sieben
Israelis, von denen vier Kinder waren, durchgeführt von einem
ägyptischen Soldaten im Sinai am 5. Oktober 1985. Die Sache wurde
sofort zu den Akten gelegt, nachdem man den Soldaten verhaftet hatte
und der Mitteilung, er hätte Selbstmord begangen, nachdem er als
psychisch labil gefunden wurde. Dass die Armee von islamischen
Extremisten infiltriert war, wusste man wohl, dass der Offizier
Khaled al Islambuli der Mörder von Präsident Sadat war.
Und es war wieder die Feindschaft gegen Israel,
die im April 1996 das Spitzentreffen gegen den Terrorismus in Sharm
el Sheikh, bei dem Clinton, Jelzin, Peres, Arafat und Ciampi
anwesend waren, scheitern ließ. Die Teilnehmer konnten sich nicht
einmal auf die Definition von Terrorismus einigen. Die Araber,
geführt von Mubarak, insistierten, damit die israelische
militärische Repression auch als Terrorismus bestimmt werde. Der
grundlegende Widerspruch war, dass diese Veranstaltung
"Spitzentreffen der Erbauer des Friedens" genannt wurde. Ein
Frieden, der in der Realität ein Blendwerk bleibt.
Vielleicht muss man gerade von der Tragödie in
Taba lernen. Indem man das hoch symbolische Bild der Zusammenarbeit
zwischen ägyptischen und israelischen Rettern innerhalb der Ruinen
des Hotel Hilton zeigt. Eine Zusammenarbeit, die man zur Grundlage
nehmen kann, für eine seriöse und effektive internationale Konferenz
gegen den Terrorismus, zu dem alle Aktionen zählen, die von Gruppen
oder Individuen durchgeführt werden, die aufgrund von ideologischen
und religiösen Grundlagen den Wert der Heiligkeit des Lebens
verletzen. Die Attentate im Sinai müssten die Inhaltsleere der auch
im Westen aufgestellten Unterschiede zwischen Widerstand und
Terrorismus, zwischen erlaubten und verbotenen Opfern aufzeigen.
Ideologische Unterschiede die keine Anerkennung finden in den
willkürlichen Massakern, die von diesem aggressiven islamistischen
Terror durchgeführt werden, der seine Legitimation findet in der
Tötung aller Feinde, Militärs oder Zivilisten, seien sie Juden,
Christen oder Moslems.
Quelle: Corriere della Sera,
http://www.corriere.it
Anschlag im Hilton Taba:
Rotem
Moriah s'l
32 Menschen wurden bei den Anschlägen
getötet, darunter 13 Israelis. Für 32 Familien geht das Leben nicht
einfach weiter, wird nichts mehr sein, wie es einmal war, nicht
heute, morgen oder in 10 Jahren. Rotem Moriahs Familie ist eine
davon...
Sinai:
Ein
einschneidender Anschlag
Die Terroranschläge, die letzten
Donnerstagabend im Sinai ausgeführt und von Sicherheitsleuten
bereits als "Megaterror" beschrieben wurden, zeigen Spuren eines
einschneidenden Ereignisses. Sie sind diese Art von Geschehen, die
unmittelbar die Betrachtungsweise der Region ändern...
Sinai-Anschläge:
Alle
israelischen Leichen nach Israel überführt
Bei den Anschlägen wurden 32 Menschen getötet,
zwölf Israelis, mindestens 14 Russen, sechs Ägypter und zwei
Italiener: Neun Israelis starben im Hotel Taba Hilton. Drei Israelis
kamen fast zeitgleich bei dem zweiten Attentat im 50 km entfernten
Ferienort Ras-a-Satan ums Leben...
Ein Traum zerplatzt:
Bombenterror im Sinai
Das halb eingestürzte Hotel ist nicht nur
Zeichen eines offenbar lange geplanten Terroranschlages, es steht
symbolisch für den geplatzten Traum vieler Israelis, dem Traum von
ein bißchen Ruhe und Frieden...
Anschlag auf 3 Touristenorte:
Terror im
Sinai
Wovor Sicherheitskräfte lange Zeit gewarnt hatten,
ist gestern eingetreten. Die Touristenorte auf der ägyptischen
Halbinsel Sinai, die von Tausenden Israelis für einen Kurzurlaub
während der Sukkoth-Feiertage überfüllt waren, wurden zum Ziel für
Terror...
hagalil.com
11-10-2004 |