
Amnon Rubinstein
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Von Theodor Herzl bis heute
Pünktlich zu seinem 70. Geburtstag und gleichzeitig passend
zur aktuellen antizionistischen Kampagne in
Durban,
erschien beim
dtv die deutsche
Erstauflage von Amnon Rubinsteins "Geschichte des
Zionismus".
Arthur Hertzbergs Einleitung zu Rubinstein:
Geschichte des Zionismus
Der Zionismus wird zur Zeit sowohl von rechts als auch von
links heftig angegriffen. Die Splittergruppen des rechten Flügels schreiben die
Geschichte des Zionismus neu, um die Bewegung als Durchsetzung jüdischer Macht
darzustellen, die sich den Arabern widersetzt hat und in ständigem Krieg mit den
Palästinensern liegt. Das andere Extrem sind die radikalen Vertreter der neuen
Schule »revisionistischer« Historiker, die wollen, dass Israel aufhört, ein
jüdischer Staat zu sein, und ein Staat »all seiner Staatsangehörigen« wird, auch
wenn ein solcher radikaler Umschwung in Israels Selbstdefinition nahezu
zwangsläufig zum Verlust seines jüdischen Charakters führen würde.
Bislang haben diejenigen, die für die Hauptströmung des
Zionismus sprechen, sich mehrheitlich gegen die Argumente von links und rechts
gewehrt, oft mit heftigem Zorn, aber daraus entstand keine neue, positive
Präsentation des Zionismus. Amnon Rubinstein hat den großartigen und notwendigen
Dienst geleistet, die Hauptströmungen des Zionismus für unsere Tage zu erklären.
Rubinstein ist der richtige Mann für diese Aufgabe, denn er
hat der zionistischen Idee und ihrer Schöpfung, dem Staat Israel, in fast jeder
erdenklichen Weise gedient. Rubinstein ist praktizierender Rechtsanwalt und als
Rechtsgelehrter in den Vorstand der juristischen Fakultät an der Universität Tel
Aviv aufgestiegen. Er ist eine bedeutende politische Persönlichkeit, denn er hat
in mehreren Kabinetten mitgearbeitet und ist ein prominentes Mitglied des
israelischen Parlaments, der Knesset. Er ist ein Intellektueller, der ein
säkulares Leben führt, der aber auch in der Synagoge kein Fremder ist, und ein
regelmäßiger Kommentator aller wichtigen Fragen des israelischen Alltags.
Rubinsteins Aufsätze und Bücher werden von einer großen Leserschaft begierig
aufgenommen, man schätzt seinen Mut und seine Vernunft.
Das Bewundernswerteste an Rubinsteins neuer Darstellung des
modernen Zionismus von seinen Anfängen bis in die Gegenwart ist, dass er nicht
versucht, die Probleme, denen die israelische Gesellschaft sich immer noch
stellen muss, zu leugnen. Rubinstein ist Zionist. Er freut sich über die
Verwandlung eines Volkes, das ein Jahrhundert zuvor wenig Macht in den eigenen
Händen hatte, zu einem Volk, das im Nahen Osten eine bedeutende Macht darstellt.
Er unterstreicht Israels Souveränität. Er ist stolz auf diejenigen, die vor
einem Jahrhundert die neue zionistische Besiedlung in Palästina gegründet und
erfolgreich daran gearbeitet haben, einen »neuen Juden« zu schaffen, säkular,
nationalistisch und ohne Angst vor Antisemitismus. Aber Rubinstein weiß, dass
der Zionismus einen bislang nicht beigelegten Konflikt mit den Palästinensern
ausgelöst hat, und er ist sich des anhaltenden Streits zwischen den religiösen
und den säkularen Juden in Israel eindringlich bewusst. Als Anwalt und
zionistischer Denker weiß Rubinstein, dass der grundlegende innere Konflikt der
israelischen Gesellschaft — wie kann Israel gleichzeitig ein demokratischer
und ein jüdischer Staat sein? — nicht durch geschickte Rhetorik zu lösen
ist.
Rubinstein erzählt uns nichts über seine intellektuellen
Vorläufer, aber auf fast jeder Seite dieses Buches sind der Geist des Talmud und
die liberale Tradition im politischen Denken Großbritanniens gegenwärtig. Sowohl
die alten Rabbiner als auch die Whigs des 18. Jahrhunderts wussten, daß jedes
ideologische Prinzip zu Bigotterie und Verfolgung führt, wenn es konsequent zu
Ende gedacht wird. Einige Probleme, besonders die großen, können nicht mit Hilfe
von Ideologien gelöst werden, man muss mit ihnen leben, besonders, weil
ordentliche Lösungen meist weit schlimmer sind als unordentliche pragmatische
Einigungen.
Einen Leser, den Autor dieser Einleitung, hat dieses Buch an
eine Bemerkung von Herzls Nachfolger an der Spitze der zionistischen Bewegung
erinnert, der lange genug lebte, um der erste Präsident des Staates zu werden,
Chaim Weizmann. Er erklärte, das Problem bei den arabisch-israelischen
Auseinandersetzungen sei, dass es keine Auseinandersetzung zwischen richtig und
falsch ist: Es ist eine Auseinandersetzung zwischen richtig und richtig.
Weizmann meinte damit, dass das Recht des jüdischen Volkes, in
sein Land zurückzukehren, sehr wohl begründet war, aber die palästinensischen
Araber hatten ebensogut das Recht, zu erklären, daß es falsch war, sie in dem
Land, in dem sie seit vielen Jahr hunderten lebten, zur Minderheit zu machen.
Weizmann wusste, dass beide Parteien nur friedlich miteinander leben konnten,
wenn sie sich pragmatisch und gütlich einigten. Die Rabbiner des Talmud
erklärten gerne, dass zwei sich widersprechende Sichtweisen, zwischen denen sie
sich nicht entscheiden konnten, beide »die Worte des lebendigen Gottes« waren —
und versuchten, im wirklichen Leben eine gütliche Einigung zu finden.
Dieses Buch ist beiden Traditionen verpflichtet. Ich vermute,
dass sein Autor, wenn er diese Worte liest, ohne zu zögern damit einverstanden
ist, dass er in die Reihen der Whigs gehört. Möglicherweise wird er mir nach
einem Augenblick des Nachdenkens zustimmen, dass er ebensosehr ein Erbe der
Rabbiner des Talmud ist. Auf jeden Fall kommen in diesem Buch sowohl der neue
Zionismus als auch die alten jüdischen Traditionen, denen es wieder Geltung
verschafft, gleichermaßen fundiert wie sensibel zur Sprache.
Rubinsteins Buch ist eine »leichte Lektüre«, weil er ein
exzellenter Schriftsteller ist. Dieses Buch sollte jedoch mit großer Sorgfalt
ein zweites Mal gelesen werden, um das zu kosten, was zwischen den Zeilen
steckt, und um von diesem ebenso tiefgründigen wie notwendigen Bericht über
einhundert Jahre Zionismus etwas zu lernen.
24. Januar 2000
Arthur Hertzberg
Amnon Rubinstein
Geschichte des Zionismus
Von Theodor Herzl bis heute
Aus dem Englischen von Elvira Willems
Mit einer Einleitung von Arthur Herzberg
360 Seiten - DM 38,- öS 277,- sFr 34,50
ab 1.1.2002: € [D] 19,50 € [A] 20,-
Deutsche Erstausgabe / ISBN 3 423 24267 1
September 2001
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06-09-2001 |