Präventive Tötungen:
Mehr Schaden als Nutzen?
Kritisiert wird in der israelischen Presse nicht die
Liquidierung an sich, die berechtigt gewesen sei, sondern die Art
und Weise, wie sie durchgeführt wurde, sowie ihr Timing. Die Aktion
in Gasah sei zu massiv gewesen und zu einem Zeitpunkt erfolgt, in
dem Kontakte stattfanden, die zu dem Beschluss der
Terrororganisationen führen sollten, die Gewalt und vor allem die
Selbstmordanschläge einzustellen.
Die Tageszeitung M'ariw meint: „Die Aktion der IDF
in Gaza sieht zumindest so aus, als hätte sie jemand in der
politischen Ebene beschlossen, der nicht an einer Einstellung des
Terrors interessiert ist. Aller Wahrscheinlichkeit trifft das nicht
zu, doch so wirkt es, und welcher Schaden das Israel und seiner
Regierung zufügt, liegt auf der Hand.
Es ist schwer einzusehen, warum ein F-16-Bomber
für diese Aufgabe eingesetzt wurde und warum eine so schwere Bombe
abgeworfen wurde, deren zerstörerische Wirkung bekannt ist. Da
diejenigen, die für die Aktion verantwortlich sind, wussten, wo das
bombardierte Gebäude steht und zu welcher Zeit der Angriff erfolgt,
dürfte ihnen auch klar gewesen sein, dass Kinder unter den Opfern
sein müssen. Sicher war die Versuchung groß. Israel fahndet schon
lange nach diesem Mann, ... doch in diesem Fall hätte man der
Versuchung nicht nachgeben dürfen. Eine Aktion, bei der es klar ist,
dass Unschuldige, darunter Frauen und Kinder, umkommen werden, darf
nur in extremsten Fällen beschlossen werden, und Shehadeh war kein
solcher Fall.
Unsere moralische Überlegenheit ist keine
Trumpfkarte, die wir nach Belieben ausspielen können, sondern ein
substantieller Bestandteil unserer nationalen Stärke und unserer
internationalen Position. Aus den gestrigen öffentlichen
Klarstellungen geht hervor, dass Sharon der einzige Politiker war,
der die Einzelheiten der Aktion kannte und sie genehmigte. Er ist
daher dafür verantwortlich, und selbst wenn er noch so sehr
beteuert, dass die Aktion ein großer Erfolg war, so hat er doch
geirrt und irregeführt.“
Ebenfalls in M'ariw kritisiert Immanuel Rosen die
"gespielte Überraschung" von Mitgliedern der Arbeitspartei (Awodah):
"Ben-Eliezer zeigte sich gestern überrascht darüber, dass in einem
Wohnhaus in Gaza Frauen, Kinder und Babys waren. Diese seltsame
Neigung, überrascht zu sein, vor allem, wenn etwas schief läuft,
scheint typisch für Verteidigungsminister. Als Verteidigungsminister
war Sharon überrascht, als die Christen in Sabra und Shatila die
Moslems ermordeten. Wenigstens in diesem Punkt kann Sharon seinem
Verteidigungsminister also keinen Vorwurf machen, wenn dieser sich
jetzt seltsam naiv stellt.
Trotzdem, die Liquidierung Shehades wurde im
Kabinett als ein angepeiltes Ziel genehmigt. Wieso tut Fuad jetzt,
als hätte er das nicht voraussehen können? Er war Sharons
Operationschef, Dalia Rabin, seine Stellvertreterin, ist
zurückgetreten. Peres hört das Telefon nicht klingeln. Sharon redet
und handelt. Er versprach Aktionen im Gazastreifen und er hielt sein
Versprechen.
Hat ausgerechnet Eli'eser es noch nicht bemerkt?
Die Sharon-Regierung des Juli 2002 ist eine Generalsregierung mit
einer rein militärischen Agenda. Wer am wenigstens Grund zur Kritik
hat, das sind die Avoda-Minister, die an ihren Sesseln kleben
bleiben, ‘sie schießen und weinen’, liquidieren und jammern. Dass
sie ihre Hände in Unschuld waschen, war das grüne Licht für die
Flugzeuge, die Gaza bombardierten.“
Rubik Rosental (M'ariw) schreibt unter der
Überschrift "Bis hierher und nicht weiter": Wer den Befehl zum
Abwurf der Bombe auf einen ganzen Gebäudekomplex in Gaza gab, um
einen Mann zu töten, wusste, dass es nicht sein kann, dass sich dort
keine Familien befinden. Das ist keine Selbstverteidigung, sondern
ein eminent unmoralischer Akt. Die Worte des Bedauerns von Sharon
und Ben-Eliezer sind heuchlerisch.
Ben Kaspit schreibt in M'ariw: "Fuad (Eli'eser)
genehmigte die Aktion auf dem Weg zum Flughafen in London, Sharon
saß in seinem Amt, und die Flugzeuge starteten. Die Liquidierung
Shehades machte alle Bemühungen um eine politische Kontaktaufnahme
zunichte. Die nächste Gelegenheit für einen Waffenstillstand wird
lange auf sich warten lassen, bis dahin wird hier noch viel Blut
fließen. Die Frage, ist, ob dies nicht hätte verhindert werden
können. Peres beißt weiterhin schweigend die Zähne zusammen (gestern
erschien er nicht zur Regierungssitzung), und Sharon ist überzeugt,
dass der Angriff eine unserer gelungensten Aktionen war“.
In Jedioth achronoth kann Nachum Barnea in der
Aktion keine gezielte Terrorprävention erkennen: „Israelische
Regierungen haben, wenn sie Liquidierungen anordneten, immer nach
Möglichkeit vermieden, dass Zivilisten zu Schaden kommt. Dies gilt
auch für die Regierung Scharons. Wenn bekannt wurde, dass Zivilisten
sich im Feuerbereich befanden, wurde die Militäraktion abgesagt - so
auch ein F-16-Angriff auf Shehadehs Haus am Samstagabend, die Sharon
und Ben-Eliezer untersagten, nachdem ihnen mitgeteilt wurde, dass
Shehades Tochter bei ihm ist.
Wenn man davon ausgeht, das dies zutrifft, bleibt
kein anderer Schluss mehr übrig als nachrichtendienstliches
Versagen: die Nachrichtendienste haben den Schaden nicht richtig
eingeschätzt, den die Bombe verursachen würde, und sie haben sich
geirrt, was die Menschen betraf, die sich zur Zeit in dem Gebäude
befanden. Solche Fehler haben die Amerikaner bei ihren Luftangriffen
in Afghanistan gemacht, die bisher 800 unschuldigen Menschen das
Leben gekostet haben. Der Unterschied ist der, dass Amerika eine
Supermacht ist und darauf pfeift und dass wir einen hohen Preis für
unsere Fehler bezahlen müssen.“ Barnea moniert auch den Zeitpunkt
des Angriffs - „inmitten intensiver Bemühungen Saudiarabiens und
anderer Staaten, die Hamas zur Einstellung der Terrorakte zu
bewegen. Selbst wenn man menschliche Ideale für unwichtig hält, ist
es immer noch fraglich, ob große Liquidierungsaktionen dieser Art
nicht mehr schaden als nutzen".
Ruth Gabison (ebenfalls Jedioth) sieht unsere
"roten Linien" deutlich überschritten: Die bekannte Juristin
kritisiert den Angriff in Gaza: „Auch die schreckliche Grausamkeit
der Terroranschläge rechtfertigt nicht, dass wir die Menschlichkeit
verlieren".
Ganz anders beurteilt die Tageszeitung haZofeh
(der Beobachter) die Situation. Die Liquidierung sei gelungen, die
Gefährdung des Lebens palästinensischer Zivilisten müsse in Kauf
genommen werden, wenn feige Terroristen sich hinter ihnen
verstecken. Die Europäer, die protestierten, nennt das Zentralorgan
der National Religiösen eine "scheinheilige Gesellschaft, die keinen
Finger krümmt und auch in der Vergangenheit nie gekrümmt hat, wenn
jüdisches Blut wie Wasser fließt“.
Shehadeh war ein niederträchtiger Mörder, der
nicht zwischen Soldaten und alten Menschen, zwischen Säuglingen und
Kindern unterschied und der persönlich für Hunderte von Anschlägen
verantwortlich war.
Israel hat eine lange Liste gefallener Soldaten
und Offizieren, die sterben mussten, weil sie sich nicht vorstellen
konnten, dass Terroristen aus Fleisch und Blut hinter einer
schwangeren Frau oder einer zahnlosen Alten Schutz suchen. Mitleid
auf Kosten unschuldiger Israelis ist unangebracht. Die einzige Frage
ist "sie oder wir".
Die Drohungen der Hamas brauchen uns nicht in
Panik zu versetzen. Diese Organisation tut sowieso alles, um so
viele wie möglich von uns umzubringen. Wenn die Regierung
beschließt, weiterhin die Terroristen unnachsichtig zu verfolgen,
ganz gleich, wo sie sich verstecken, werden die Anschläge
möglicherweise nachlassen.
Die palästinensische Autonomie kehrt jetzt unter
der Ägide Kairos und Riads ein ‘friedliebendes’ Image heraus, und
unsere Regierung muss aufpassen, dass sie den Verderbern Israels
nicht in die Falle geht.
Mubarak hat Arafat davon überzeugt, dass es
leichter sein wird, Israel das Leben zur Hölle zu machen, wenn ein
palästinensischer Staat gegründet wird, und vor allem, wenn Jossi
Beilin und seine linken Konsorten das ‘Rückkehrrecht’ der
Palästinenser unterstützen. Wir haben zu viele und zu bittere
Erfahrungen mit Zugeständnissen gemacht, um noch einmal auf diesen
Betrug hereinzufallen.“
Vom Wahn der
Kompromisslosen:
Mörderische Hamas-Rhetorik auf Hochtouren
Außenminister Schimon Peres sprach
von einer "sehr ernsten Eskalation" und erklärte, er fürchte, dass
Zivilisten teuer für die Entscheidung zum IDF-Angriff in 'Asah
zahlen müssten. Die Bevölkerung wurde zu allerhöchster
Wachsamkeit aufgerufen.
Ziel ist Israels
Zerstörung:
Hamas
will Juden vertreiben und einen islamischen Staat
Die Tötung Salach Schehade sowie
seiner Frau und drei seiner sechs Kinder durch eine israelische
Rakete hat in der Hamas große Wut entfacht...
hagalil.com
25-07-02 |