Ziel ist Israels Zerstörung
Hamas will Juden vertreiben und einen
islamischen Staat
Von Thorsten Schmitz
Jerusalem – Die Tötung des 48 Jahre
alten Hamas-Funktionärs Salach Schehade sowie seiner Frau und drei
seiner sechs Kinder durch eine israelische Rakete hat in der –
besonders im Gaza-Streifen sehr populären –
Palästinenser-Organisation große Wut entfacht. Umgehend drohten
Hamas- Mitglieder am Dienstag mit einer Welle des Terrors in Israel,
um „Vergeltung“ zu üben für die Liquidation Schehades, der den
militärischen Flügel „Issedin al Kassam“ leitete.
Dabei kommt dem militärischen Flügel der Hamas ein
Vorwand wie die Tötung eines ihrer hochrangigen Mitglieder gerade
recht. Zwar wird behauptet, für die Tötung müsse Rache geübt werden.
Doch tatsächlich ist das Ziel der Hamas-Gruppe nicht die Befreiung
der Palästinensergebiete von israelischen Truppen und jüdischen
Siedlern. Hamas verfolgt nicht das Ende der Besatzung, sondern die
Zerstörung Israels. Schehade, der von Israel für Dutzende von
Anschlägen verantwortlich gemacht und als „Mann des Todes“
charakterisiert wird, erklärte erst unlängst: „Wir bekämpfen die
Juden nicht, weil sie Juden sind, sondern weil sie unser Land
besetzen.“ Dass Juden auf dem Gebiet des früheren Palästina ihren
Staat gegründet haben, kommt nach Auffassung der Hamas einer
Entweihung des Bodens gleich, die es zu korrigieren gilt – mit allen
Mitteln. Hamas möchte am liebsten einen islamischen Staat auf dem
Gebiet des heutigen Israel gründen.
Seit zehn Jahren führen Mitglieder der Hamas im
Namen Allahs Selbstmordanschläge aus, Angriffe auf jüdische Siedler
und auf israelische Zivilisten in Israel. Besonders in Phasen
vorsichtiger Annäherung oder wenn die internationale Gemeinschaft
einen Ausweg aus der seit 22 Monaten andauernden Intifada sucht,
greift Hamas zum Mittel des Terrors.
Der zu Beginn der ersten Intifada 1987 gegründeten
Hamas ist nicht an einer Aussöhnung oder einem Kompromiss gelegen.
Mitunter werfen ihre Funktionäre sogar Palästinenserpräsident Jassir
Arafat Kollaboration mit Israel vor. Hamas verfügt über eine enorme
Popularität im Gaza-Streifen, wo sie ein flächendeckendes
Amüsierverbot durchgesetzt hat. Im Gegensatz zu den
Autonomiegebieten im Westjordanland, wo es Alkohol und Clubs gibt,
hat die Hamas im Gaza-Streifen alle weltlichen Vergnügungen wie
Popmusik oder Kinos verboten.
Die Gruppe teilt sich in einen militärischen und
einen politischen Flügel. Dem militärischen Flügel, der nach
Recherchen der israelischen Armee zuweilen auch von Arafats
Autonomiebehörde finanziert worden sein soll, gehören zwischen 200
und 300 aktive „Kämpfer“ an, die sich vor Angeboten von Freiwilligen
nicht retten können.
Soziales Netzwerk
Der politische Arm von Hamas wird von Chaled
Meschaal von Katar aus geleitet, der zugleich nach Informationen des
US-Geheimdienstes eng mit Schehade zusammengearbeitet haben soll.
Hamas sichert sich die Zustimmung des palästinensischen Volkes durch
ein weit verzweigtes Netz von Schulen, Kindergärten, Jugendcamps,
Kliniken und öffentlichen Lebensmittelzuteilungen für verarmte
Familien. Besonders im dicht besiedelten Gaza-Streifen, wo von 1, 3
Millionen Palästinensern fast die Hälfte über kein Einkommen
verfügt, ist die Hamas-Hilfe lebensnotwendig geworden, seitdem auch
die Angestellten der Autonomiebehörde Arafats keine Löhne mehr
erhalten. In den Jugendcamps werden jugendliche Palästinenser nach
einem Bericht des Fernsehsenders BBC im Umgang mit Kalaschnikows
trainiert.
Populär ist auch das spirituelle Oberhaupt der
Hamas, der an einen Rollstuhl gefesselte Scheich Ahmed Jassin. Der
seit 1997 im Gaza-Streifen residierende Scheich ist im Vergleich zu
den Hamas-Terroristen eher harmlos: Er kämpft mit Worten, nicht mit
Kalaschnikows und Bomben. Allerdings befürwortete Jassin immer mal
wieder öffentlich Selbstmordattentate. Der Scheich mit der
Eunuchenstimme liegt in Meinungsumfragen zur Popularität nur neun
Prozentpunkte hinter Arafat.
hagalil.com
25-07-02 |