Selbst in solch schweren Zeiten:
Ein Hoffnungsschimmer aus dem Kibbutz Metzer
Leitartikel; Haaretz, 13.11.2002
Übersetzung Daniela Marcus
Wieder einmal hat sich zu unserem großen Entsetzen gezeigt, dass
palästinensischer Terror eine blinde und gefühllose Brutalität in sich birgt,
die unbeeinflusst von irgendwelchen menschlichen Hemmungen agiert. Kein Anlass,
kein Glaube und keine nationale Bestrebung werden jemals die Hände des
Verbrechers rein waschen, der in nächtlicher Dunkelheit die Tür zu einer jungen
Frau aufbrach und diese Frau aus so kurzer Distanz erschoss, dass die Kugeln,
die durch sie hindurch drangen, auch ihre Kinder töteten, die sie mit ihrem
eigenen Körper versucht hatte zu schützen.
Der palästinensische Mörder, der Tirsa Damari, Yitzchak Dori, Revital Ochayon
und ihre beiden Kinder Matan und Noam im Kibbutz Metzer erschoss, kam
anscheinend aus der Tul-Karem-Gegend, und zwar aus einer besonders grausamen
Einheit, für die selbst der militärische Flügel der Fatah nicht extrem genug
ist. Zu unserem großen Entsetzen war dies nicht das erste Mal, dass Eltern und
ihre Kinder zuhause in ihren Betten bestialisch ermordet wurden. Und zu unserer
großen Enttäuschung gibt es niemanden in der palästinensischen Öffentlichkeit,
der sich tapfer gegen dieses verachtenswerte Phänomen und seine schrecklichen
Konsequenzen erhebt.
In einem Gespräch mit Haaretz-Korrespondentin Amira Hass prahlten Mitglieder der
Al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden mit den Morden, die sie begangen hatten. Und sie
sagten, der Tod eines Kämpfers träfe sie mehr als der Tod eines Kindes.
Diese gewalttätigen und ignoranten jungen Menschen, die den Terror überall um
sich herum verbreiten, haben ihre krankmachende Agenda dem gesamten
palästinensischen Volk aufgezwungen. In ihrem blutigen Wettkampf mit
rivalisierenden Gruppen –Hamas und Islamischer Dschihad- sind Fatah-Führer
anscheinend den deformiertesten Randgruppen gefolgt, die sowohl dem
palästinensischen Volk wie seiner Führung schlimmen Schaden zufügen.
In Zeiten wie diesen schottet sich die israelische Bevölkerung gegen das Leiden
der Palästinenser und gegen die Auswirkungen der erneuten Besatzung der Westbank
ab. In Zeiten wie diesen wird die israelische Regierung zu extremen
Entscheidungen gedrängt, die von hartem, militärischem Denken unterstützt
werden. Angriffe wie diese rücken jede Hoffnung, den Konflikt lösen zu können,
in weite Entfernung und stärken die Randelemente, die ihn neu entfachen möchten.
Doch aus dem Chaos heraus wächst ein menschliches Phänomen von unvergleichlicher
Ernsthaftigkeit. Aus dem Abgrund der Trauer und des Kummers kann man die Stimmen
von Mitgliedern des Kibbutz Metzer hören, die wünschen, ihre Beziehungen zu den
arabischen Nachbarn aufrecht zu erhalten und weiterhin Freundschaft und
Koexistenz mit ihren palästinensischen Nachbarn auf der anderen Seite der Grünen
Linie zu pflegen. Das entschlossene, gemeinsame Bemühen des Kibbutz Metzer und
des palästinensischen Nachbardorfes Kafin, um zu verhindern, dass der
Trennungszaun durch das Land des Dorfes führt, ist eines der erwähnenswerten
Paradoxe in diesem Konflikt. Mitglieder des Kibbutz Metzer sind nicht gegen den
Zaun. Im Gegenteil. Doch sie bestehen darauf, dass er entlang der Originalroute
der Grünen Linie verläuft und nicht entlang einer neuen, die zur Aneignung von
Boden, der zum Dorf Kafin gehört, führen würde und zur Abholzung einiger seiner
Obstplantagen.
Selbst in solch schweren Zeiten wie diesen, empfangen Mitglieder des Kibbutz
Metzer ihre Freunde aus Kafin und Meisar (deren Kinder gemeinsame Aktivitäten
mit den Kindern des Kibbutz unternehmen). Und sie ändern nicht ihre Meinung
darüber, dass es möglich ist, friedliche, nachbarschaftliche Beziehungen auf der
Basis von Dialog und Vereinbarung zu führen. Diese bescheidene Freundschaft
zwischen Metzer und seinen arabischen Nachbarn in Israel und in den
palästinensischen Gebieten –die nun unter großer Spannung steht- ist eine
einsame Erinnerung an das, was das wirkliche Ziel sein sollte. Man kann nur
hoffen, dass die Stimmen, die in Metzer und Kafin zu hören sind, möglicherweise
den Kreislauf des Blutvergießen durchbrechen können.
Unvergessliche Bilder:
Die Morde im Kibbutz
Mezer
Kein Wort von Arafat, dem Friedens-nobelpreisträger, über den Mord an kleinen
Kindern, an Kindern, die der Hoffnungsträger für den Frieden sind...
Herzliche Beziehungen zu arabischen Nachbarn:
Kaltblütiger Mord im Kibbuz
Die Bewohner des Kibutz Mezer unterhielten immer gute Beziehungen
zu ihren arabischen Nachbardörfern. Israels Regierung droht mit rascher
Vergeltung...
Beim
Überfall
auf den Kibbuz Mezer in der Scharonebene, nahe Tulkarem, wurden gestern
abend, kurz vor Mitternacht, fünf Menschen getötet. Der Täter stürmte zuerst in
ein Haus und erschoss eine Mutter und ihre Kinder. Nach Israel-TV las die
34jährige Revital Ohajun ihren Kindern (4 und 5J.) gerade eine
Gute-Nacht-Geschichte vor. Danach stürmte der Täter zum Speisesaal, wo er eine
Frau (42) und einen Mann (43) ermordete. Der 1953 von argentinischen
Einwanderern gegründete Kibuz hat 500 Mitglieder. Erst vor kurzem waren die
Sicherheitsvorkehrungen verstärkt worden, da Warnungen über geplante Angriffe
vorlagen. Der bzw. die Täter konnten entkommen.
hagalil.com
13-11-2002 |