"Souad":
Bei lebendigem LeibDie Überlebende
eines Ehrenmord-Anschlags berichtet
Jährlich
werden Tausende junger Mädchen und Frauen von Verwandten getötet,
weil sie angeblich die Ehre der Familie beschmutzt haben. Souad aus
dem Westjordanland überlebt und berichtet:
"Für dieses Buch habe ich meine
Lebensgeschichte erzählt und dabei auch die verborgensten
Erinnerungen aus meinem Gedächtnis zu Tage gefördert. Das war
schwierig und schmerzhaft. Ich wünsche mir, dass dieses Buch um die
Welt geht und irgendwann auch in meine Heimat, das Westjordanland,
gelangt, wo es die Männer hoffentlich nicht gleich verbrennen"...
Souad ist ein Pseudonym. Die Autorin muss sich
auch heute noch verstecken. Deshalb trägt sie zu ihrem Schutz in der
Öffentlichkeit eine Gesichtsmaske.
Souad ist siebzehn Jahre alt, und sie ist
schwanger. Für ihr Heimatdorf ein Skandal! Deshalb hat ihre Familie
beschlossen, sie zu töten, und ihren Schwager beauftragt, das Urteil
zu Vollstrecken. Als sie wenige Tage später im Hof ein Feuer schürt,
um Wasser zu erhitzen, nähert sich ihr Schwager, übergießt sie mit
Benzin und setzt sie mit einem Streichholz in Brand bei lebendigem
Leib. In den Augen der Dorfgemeinschaft ist dieser Mann ein Held.
Und seine Tat ist eine Sache der Ehre.
Mehr als 5000 Fälle weltweit werden jährlich
dokumentiert, die Dunkelziffer liegt jedoch viel höher. Souad wurde
wie durch ein Wunder gerettet. Nun hat sie sich entschlossen,
Zeugnis abzulegen. Um den Mädchen und Frauen ihre Stimme zu leihen,
deren Leben in Gefahr ist. Im Gedenken an die zahllosen Opfer, die
nicht so viel Glück hatten wie sie. Und um der Weltöffentlichkeit
dieses grausame Unrecht vor Augen zu führen.
Menschenrechte:
Das doppelte Tabu
Wer schwul war und Palästinenser, den zog
es nach Israel. Doch dort droht nun die Abschiebung, in der Heimat sogar
der Tod...
Das Lynchen und Morden in der PA geht weiter:
Angebliche Kollaborateure erschossen
In den Gebieten der Palästinensichen Autonomiebehörde kommt
es immer wieder zu Hinrichtungen vermeintlicher Kollaborateure...
Reformen, Menschenrecht und Gerechtigkeit in
Palästina:
Demokratie beginnt im eigenen Land
Saudiarabien und Ägypten haben es übernommen, Arafat unter
Druck zu setzen, damit er demokratische Reformen durchführt. Zever
Plotzker fragt sich in Jedioth, ob diese beiden Länder wirklich in der
Lage sind, die Palästinenser politischen Liberalismus zu lehren?...
Das Versagen der Führungsschichten:
Todes- und Tötungskult
Heutzutage gibt es kein einziges Mitglied der palästinensischen
Führung, das nicht versteht, wie sehr Angriffe auf israelische
Zivilisten der palästinensischen Sache und ihren eigenen, persönlichen
Interessen und denjenigen ihrer Kollegen schaden, vor allem dann, wenn
die Morde von denen ausgeführt werden, die sich zum bewaffneten Flügel
der Fatah bekennen. Viele sind über die Szenen des Blutvergießens
aufrichtig entsetzt...
Keine Selbstmörderinnen:
Zum Tod
Verurteilte
Die palästinensischen
Selbstmörderinnen sind keine Freiwilligen - man zwingt sie...
"Souad"
Bei lebendigem Leib
(Originaltitel: Brulle vive)
Von Souad und Anja Lazarowicz; Blanvalet
Verlag GmbH; März
2004; 288 Seiten;
ISBN 3764501804
"Eines der wichtigsten Bücher des neuen Jahres."
Kulturmagazin aspekte
"Mama, ich denke an dich und bewundere deinen Mut. Danke, dass
du dieses Buch für uns schreibst. Mir gibt es neuen Lebensmut."
Souads Sohn Marouan
|
Ein Brief von Souad
Ich habe in Anonymität und Schmerz gelebt,
leidend an einer Ungerechtigkeit, von der ich dachte, ich könnte
niemals darüber reden. Weibliche Opfer von „Ehrenmorden" sterben
oder bleiben für immer stumm. Als es mir endlich möglich war,
darüber zu sprechen, was ich erlitten hatte – in meinem Buch und
später in den Medien – änderte sich mein Leben.
Ich überlebte durch ein Wunder, und ich bekam meinen
Sohn zurück, nachdem ich ihn in all dem Schmerz dieser Tragödie
verloren hatte. Ich begann ein neues Leben. Andere sterben oder
ziehen sich in sich selbst zurück - sogar im Gefängnis, das ihnen
zumindest eine Art von Überleben garantiert.
Menschenrechtsorganisationen kämpfen gegen diese barbarische
männliche Tradition in denjenigen Ländern, wo sie noch immer
ausgeübt wird, und ich muß es immer wieder betonen, daß ich ohne die
Hilfsorganisation Surgir jetzt tot wäre. Allein hat eine Frau keine
Chance, der Rache der Familie zu entkommen, die Jungfräulichkeit als
Ehre des ganzen Clans definiert. Lokale Hilfsorganisationen müssen
immer anonym arbeiten. Ohne diese Anonymität sind Frauen, die es
wagen, dem Clan die Stirn zu bieten, verdammt für den Rest ihres
Lebens, sie werden gejagt und manchmal kaltblütig ermordet.
Wir müssen Surgir
Foundation unterstützen. Das Leben von unschuldigen jungen
Frauen steht auf dem Spiel.
Als junges, ungebildetes Mädchen und die erste
überlebende Zeugin eines Ehrenmordes, die von ihren Erlebnissen
sprach, entdeckte ich nicht nur die Befreiung durch das Reden
darüber, sondern lernte es auch, meinen Körper zu akzeptieren –
einen Körper, von dem ich dachte, dass er hoffnungslos zerstört sei.
Ich schulde es mir selbst, die Gelegenheit zu ergreifen, die mir
geboten wurde.
Ich spreche im Namen aller Frauen,
die ebenso leiden, und ich will nicht aufhören darüber zu sprechen
bis ans Ende meines Lebens, bis zu meinem letzten Atemzug.
Mein Buch wurde in mehr als 20
Ländern übersetzt und veröffentlicht und ist in Buchhandlungen auf
der ganzen Welt erhältlich, für alle Männer und alle Frauen.
Dieses Buch ist mein größtes
Anliegen. Ich hoffe, dass es anderen Frauen die Freiheit bringt, und
ich hoffe außerdem, dass es in die Herzen der Männer eindringt und
diese Barbarei, die mit den Wurzeln ausgerottet wird.
Im Namen meiner Schwestern, die Opfer
dieser Barbarei wurden, und in meinem eigenen Namen danke ich all
den Männern und Frauen, die es mir ermöglichten, zu überleben und
mir dann halfen, mein neues Leben zu beginnen und als Zeugin
auszusagen.
Ich träume von einer Welt, in der
Männer begriffen haben, welche Greueltaten sie im „Namen der Ehre"
begehen, und dass Frauen nicht länger Objekte ihres Willens sind."
SOUAD
"Entsetzlich, empörend, abscheulich – es gibt
keine adäquaten Worte, mit denen sich der grausame Leidensweg
beschreiben ließe, den Souad durchgemacht hat. Heute will sie
mit ihrem ergreifenden Buch 'Bei lebendigem Leib' von ihrem
Martyrium öffentlich Zeugnis ablegen."
France Dimanche, 28.03.2003
"Zwischen 1996 und 1999 verzeichnete die palästinensische
Polizei 38 Fälle von Ehrenmord. Einer Umfrage von 2002 zufolge
zeigten sich 25,9% der palästinensischen Männer und 16,3% der
palästinensischen Frauen mit dieser mörderischen Praxis
einverstanden."
Marianne, 24.03.2003 |
hagalil.com
04-03-2004 |