Wie die Politik auf dem
Tempelberg
archäologische Funde zerstört:
Das Tor zu Jerusalem
Es ist nicht einfach, in
diesen Tagen als ausländischer Journalist auf den Tempelberg zu kommen.
Tatsächlich sind wir die ersten, die seit Ausbruch der Intifada Zutritt
erhalten. Adnan Husseini, Generaldirektor des Waqf, der islamischen
Organisation, die die religiöse Oberaufsicht über die muslimischen
Heiligtümer auf dem Tempelbergplateau innehat, gewährt uns direkt vor
der goldenen Kuppel des Felsendoms ein Interview.
Das Thema war ihm schon vorher bekannt und offensichtlich so
brisant, dass er Ungläubige in diesen kriegerischen Zeiten auf den Haram
El-Sharif lässt, wie die Muslime den Tempelberg nennen. Die Stimmung ist
feindselig und misstrauisch, zahlreiche Kontrollen müssen wir über uns
ergehen lassen, bis wir Husseini gegenüberstehen. Der legt sofort los:
Wieder einmal seien Journalisten der israelischen Propaganda
aufgesessen. Die Behauptung, der Waqf würde auf dem Plateau Ausgrabungen
machen und dabei antike Funde aus der Zeit des herodianischen
(jüdischen) Tempels zerstören, sei nichts als Lüge. Man hätte nur die
Moscheen erweitert und vergrößert, aber das sei seit einem halben Jahr,
seit Ausbruch der Intifada, auch nicht mehr möglich, denn der Waqf hätte
keinerlei Möglichkeit mehr, Baugeräte und -materialien nach oben zu
schaffen...
Zumindest der zweite Teil der Aussage des Generaldirektors ist eindeutig
unwahr. Nur eine halbe Stunde vor dem Gespräch konnten wir vom Ölberg
aus beobachten, wie Traktoren und Bauarbeiter auf dem Tempelberg überaus
aktiv im Einsatz waren. Natürlich wird unsere Bitte, die Baustelle
besichtigen zu dürfen, von Herrn Husseini brüsk abgelehnt – mit dem
unsinnigen Hinweis, dies würden die Israelis nicht zulassen. Was wird
hier von den Muslimen verheimlicht?
Schon seit geraumer Zeit schlagen
israelische Archäologen Alarm. Sie sind überzeugt, dass der Waqf seit
Jahren dabei ist, neue Fakten zu schaffen, indem er Überreste des
einstigen jüdischen Tempels zerstört und somit jeglichen historischen
Beweis für die Existenz des Heiligtums aus den Weg räumen will.
Direkt neben der Al-Aksa-Moschee
mit der schwarzen Kuppel befindet sich auf dem Tempelberg ein Bereich,
der als „Ställe Salomons“ bekannt ist. 1996 eröffneten die Muslime dort
eine unterirdische Moschee, die Platz für rund 10000 Gläubige bietet.
Eilat Mazar, Archäologin an der Hebrew University in Jerusalem, macht
darauf aufmerksam, dass schon damals Tausende Hektar Erdreich ohne
archäologische Aufsicht abgetragen wurden, dass Funde aus der jüdischen
Ära womöglich zerstört und für immer verloren sind. Dass damals der
Protest der israelischen Archäologen ungehört verhallte, lag vor allem
daran, dass im selben Jahr im arabischen Ostteil Jerusalems auf Geheiß
der Regierung Netanyahu – gegen den Rat des israelischen
Inlandgeheimdienstes – der Ausgang des Tempelbergtunnels eröffnet wurde.
Das führte zu wochenlangen Unruhen in Jerusalem und den besetzten
Gebieten und kostete mehr als 80 Menschen das Leben.
Bereits nach der Eroberung
Ostjerusalems 1967 begannen israelische Archäologen mit dem
Tunnel-Projekt. Links neben der weltberühmten „Klagemauer“ legten sie
weitere – heute unterirdische – Teile der so genannten Westmauer des
herodianischen Tempels frei. Dabei stießen sie unter anderem auf ein
Eingangstor zum Tempel, das der allernächste Zugang zum Allerheiligsten
war. Für orthodoxe Juden hat der Tempelberg-Tunnel daher besondere
religiöse Bedeutung. Schon lange befürchten Muslime, dass die Israelis
von diesem Tor aus in das Innere des Berges eindringen könnten, um den
Tempel freizulegen und damit Felsendom und Al-Aksa zum Einsturz zu
bringen. Bei den gescheiterten Verhandlungen zwischen Arafat und Ehud
Barak im vergangenen Dezember war dies ein wichtiges Thema. Der
Vorschlag von Bill Clinton, Palästina solle die Souveränität auf dem
Tempelberg erhalten, Israel darunter, ließ die islamische Welt das
Schlimmste befürchten. Denn damit wäre ein Eindringen in den Tempelberg
legalisiert worden.
Mit der Eröffnung des
Tunnelausgangs wollte die israelische Regierung 1996 den jüdischen
Anspruch auf die heilige Stadt weiter dokumentieren: Die Ausgrabungen
bewiesen ja, dass lange vor der islamischen Periode jüdisches Leben auch
im Ostteil der Stadt existierte.
Eine Folge der Unruhen damals
war, dass der Waqf inzwischen dazu übergegangen ist, jegliche Existenz
eines jüdischen Tempels zu leugnen. In unserem Gespräch ging Adnan
Husseini sogar soweit zu behaupten, die Klagemauer sei immer schon Teil
der Al-Aksa-Moschee gewesen, das könne doch jeder sehen, der vom Westen
her einen Blick auf die Anlage werfe. Diese neue Politik des Waqf macht
den israelischen Archäologen Angst. Sie leugnen nicht, dass der
Tempelberg seit 1500 Jahren muslimisch ist, doch sie befürchten, dass
jüdische Artefakte auch in Zukunft mutwillig zerstört werden.
Adnan Husseini verweigerte uns
den Zugang zu dem Areal, auf dem seit Wochen erneut gebaut wird. Doch
Luftaufnahmen vom Februar dieses Jahres beweisen, dass inzwischen vor
dem Eingang zur unterirdischen Moschee mehrere Meter tief gegraben
wurde. Auf den Fotos sind antike Baustrukturen zu erkennen, und was in
dem unkontrolliert abgetragenen Erdreich an Funden stecken könnte,
bleibt nur zu vermuten. Für den Archäologen Danny Lahat von den Israel
Antiquity Authorities ist die Sachlage eindeutig – er verweist auf
Afghanistan und die neue, aggressive Politik des Islams, heilige Stätten
anderer Religionen mutwillig zu zerstören. In der vergangenen Woche wies
das Oberste Gericht in Israel eine Petition israelischer Archäologen und
Intellektueller – unter ihnen auch Amos Oz – ab, die Bauarbeiten sofort
einstellen zu lassen. Dies sei eine Sache der Politik, hieß es. Das
Gericht wusste, was es tat. Obwohl der Waqf nur mit Genehmigung der
israelischen Regierung bauen darf, wagt derzeit nicht einmal Ariel
Sharon, ein Veto auszusprechen – die politischen Folgen wären
unabsehbar. So allerdings kann die Zerstörung der antiken Überreste auf
dem Tempelberg weiter voranschreiten, was Adnan Husseini natürlich ganz
anders sieht: Denn wo es nichts gegeben hat, kann auch nichts zerstört
werden. Und auf die Nachfrage, wie er sich denn erklären könne, dass
Jassir Arafat bereit gewesen wäre, den Juden immerhin die Souveränität
über die Klagemauer zuzugestehen, meint Husseini lakonisch, dies stimme
nicht, Arafat hätte dies nie getan, die Mauer sei Teil von Al-Aksa.
Interessant nur, dass ein
Informationsheft des Waqf aus dem Jahr 1930 die einstige Existenz des
jüdischen Tempels noch durchaus bestätigt und respektiert. Ob der
Generaldirektor des Waqf diese Broschüre kennt? Und warum wollte uns
eigentlich kein palästinensischer Archäologe ein Interview zu diesem
brisanten Thema geben?
Hintergrund zum Tempelberg:
Bejn haMejzarim - zwischen Halakhah, Politik und Heiligkeit
Über Heiligkeit, Souveränität
und die Entweihung des Heiligtums:
G'tt wohnt hier nicht mehr
Die Positionierung des Tempelbergs und des in seinem Zentrum
gelegenen symbolischen heiligen Felsens verwandelte den nationalen
Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern in eine religiöse
Konfrontation...
Israel und der
Tempelberg:
Brüder
im Lande Kanaan
Weder verheißen noch heilig...
Im
Eifer des Gefechts:
Die
Heiligkeit von Menschenleben vergessen
Es ist schon sehr erschreckend, wenn man
heutzutage hört, dass es unter den orthodoxen Juden in Israel
Gruppierungen gibt, die mit großem Eifer den Wiederaufbau des Tempels
propagieren und zu betreiben versuchen...
Bejn haMezarim:
Die nicht zu
greifende Tempelbergvision
Solange wir in einer Gesellschaft leben, in der es Korruption gibt, in
der Frauen verkauft und ausgebeutet werden, kann die Vision des
Tempelbergs wie ein Leuchtturm sein, der uns den Weg weist, doch sie
darf nicht in etwas Greifbares verwandelt werden...
Zionismus nutzt den Palästinensern:
Die
Siedlungsbewegung ist fundamental anti-zionistisch
Es wird immer klarer, wie sehr die religiösen Siedler
in den besetzten Gebieten Gegner des Zionismus sind. Diese Aktivisten
der Besatzung haben die zentrale Idee des Zionismus, das Recht aller
Völker auf Selbstbestimmung, lange hinter sich gelassen...
Das Oberrabbinat Jerusalem und die Frage zum
Tempelberg:
Irushalajim und die Tage des Moshiach
Beide Oberrabbiner erklärten (Quelle haArez), dass weder
die Halakhah noch die jüdische Tradition eine jüdische Souveränität über
Grabstätten verlangen...
Oberrabbiner Eljahu Bakschi-Doron:
Festhalten an Hebron und Nablus nicht notwendig
Der Raw erklärte, dass gegen eine Kontrolle der
Palästinenser über jüdisch-religiöse Stätten in Judäa und Schomron (
Westjordanland) aus religiösen Gründen nichts einzuwenden sei...
Ein Verstoß gegen religiöse Verordnung:
Der Marsch
auf den Tempelberg
Die Reden der Weisen sind voll von Verurteilung des Eifers
und messianischer Berechnung. Die Wege der Torah sind die Wege des
Friedens und die Torah steht erhaben über jeder Heiligkeit irgendeines
Ortes...
Har haBajith -
der Tempelberg:
100 Rabbiner gegen jüdischen Alleinanspruch
Als Beleg führten die Gelehrten in einer Erklärung am
Mittwoch dieser Woche ein Zitat aus dem Buch Jesaja an, derzufolge der
Tempelberg ein Ort des Gebets für alle Nationen sei...
Mythos und Wirklichkeit:
Die Heilige Stadt
Jerusalem hat sich als das entscheidende Problem bei den
einstweilen gescheiterten Verhandlungen über den endgültigen Status der
1967 von Israel besetzten palästinensischen Gebiete erwiesen. Es geht
dabei vor allem um den Tempelberg...
Der Tempelberg als
Aufhänger:
Die Suche
nach einer Lösung für Jerusalem
Israel hat einen ägyptischen Vorschlag abgelehnt, die Hoheitsrechte über
Jerusalem mit den Palästinensern zu teilen. Der amtierende Außenminister
Schlomo Ben Ami sagte am Sonntag, seine Regierung könne keinen Plan
annehmen, der den Tempelberg nicht unter israelischer Kontrolle
belasse...
Jerusalem:
Die
Teilung des Unteilbaren
Erst einige Tage, nachdem im Juli
die Gipfelklausur in Camp David begonnen hatte, ließ Ehud Barak eilig
einen Fachmann für die Jerusalem-Frage samt detaillierten Unterlagen
nachkommen. Hatte der israelische Premier seine Hausaufgaben nicht
gemacht?...
Der Tempelberg ruft:
Wer hat
den Messias verschreckt?
Vergessen wir für einen Augenblick die profanen Gründe, aus denen Israel
die Übergabe des Tempelbergs an die Palästinenser nicht ernsthaft in
Erwägung zieht. Noch interessanter sind nämlich die sakralen, die
ideologischen und metaphysischen Fragen...
Jerusalems Klagemauer - Schnittpunkt vieler Kreuzzüge:
Labile
Koexistenz religiöser und nationaler Mythen am Tempelberg
Seit 1967 befindet sich die Klagemauer in Jerusalem unter israelischer
Kontrolle. Die einst von König Herodes vor mehr als zweitausend Jahren
errichtete westliche Stützmauer am Tempelberg ist heute für viele
Israeli ein Symbol nationaler Erfüllung oder religiöser Erlösung...
66 - 70 нашей эры:
Великое восстание Коанимов
Это восстание явилось причиной одной из величайших катастпоф в
иудейской истории. С самого начала оно было спорным. Один из
известнейших оппонентов Коанимов являлся Равин Йоханан Бен Закай...
Шива Асар беТамус:
День поста 17. тамуса
Постный день 17. тамуса напоминает о
начале разрушения храма. С этого дня начинается „трехнедельный“ траур по
храму и изгнанию. Эти „три недели„ заканчиваются также постным
днем 9. ава...
RICHARD CHAIM
SCHNEIDER
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