Scharons Kugellager:
Der Lärm der Bulldozer
Im Gespräch mit Yoel Marcus, meinte Arik Sharon, die
gegenwärtige Rechts-Regierung sei die beste, um einen Schritt wie das
"Räumungsprogramm Asah" durchzuführen (nahost-politik.de/israel/regierung/scharon-int.htm).
Dennoch stellt es sich heraus, dass hinter den Kulissen bereits stille Kontakte
stattfinden, auf dem Weg zu einer neuen Koalition. Im Umfeld Sharons heist es
außerdem, der Premier habe kein Problem damit, innerhalb eines halben Jahres
Neuwahlen abzuhalten.
Nadav Eyal (M'ariw) erinnert in diesem Zusammenhang an Jizhak Rabin, der über
das Siedlungswerk im Gazastreifen einmal sehr abfällig gesagt hatte: "Wenn
Nezzarim eine Siedlung ist, dann bin ich ein Kugellager". Das war eines seiner
berühmten geflügelten Worte, die den politischen Apparat immer wieder aufs Neue
erschütterten, vor allem die kämpferisch-rechte und nationalistisch-religiöse
Opposition. Damals besuchte ein Fernsehteam Ariel Sharon. Dieser hielt ein
Kugellager in der Hand, schaute es an, schaute in die Kamera, und sagte dann,
Premier Rabin sei ganz offensichtlich ein Stück Blech, denn Nezzarim sei auf
jeden Fall eine Siedlung.
Das war vor zehn Jahren, damals war Sharon bereit, sich für das "Siedlungswerk
Asah" mit Kugellagern im Schoß fotografieren zu lassen. Heute ist er bereit,
seine politische Karriere für die Beseitigung dieses Werks aufs Spiel zu setzen.
Als Stellen im Umfeld Sharons an die Anekdote erinnert wurden, sagten sie nur:
"Wir streiten ja nicht ab, dass Nezzarim eine Siedlung ist, wir wollen sie nur
räumen".
Um die aufgeregten Minister und Abgeordneten zu beruhigen, schießen Scharons
Leute in alle Richtungen. Zum Frühstück melden die Medien, Sharon drohe mit
Veränderungen in der Koalition, am Abend heißt es schon, er drohe mit Neuwahlen.
Es ist jedoch völlig unklar, ob Sharon seine Drohungen überhaupt wahr machen
kann. Der Gedanke einer Einheitsregierung ist sehr problematisch: Sharon wird
sich von manchem seiner hohen Minister trennen müssen, Mofas, Netanjahu oder
Shalom. Sharon wird sich auch mit einem Aufstand von Likud-Abgeordneten
auseinandersetzen müssen, die drohen, gegen die Ernennung von Avoda-Ministern zu
stimmen. Auch ein Aufstand von Avoda-Abgeordneten, die sich nicht an den
Koalitionszwang halten wollen, ist möglich - und dies alles in der ersten
säkularen Regierung in der Geschichte des Staates Israel. Und dann sind da
natürlich noch 17 Siedlungen zu räumen.
Die Wahl-Drohung kann man wohl vergessen: die Geschichte zeigt,
dass Premiers alles tun, wirklich alles, um Wahlen zu vermeiden. Das einzige,
was Sharon jetzt retten könnte, ist die politische Kurzsichtigkeit der Rechten.
Sollte Sharon vor Gericht gestellt werden, werden seine Programme gemeinsam mit
seiner politischen Karriere begraben werden. Wenn nicht, wird nichts zwischen
der Avoda und einer Einheitsregierung trennen, die Gaza räumt. Wenn Sharon es
ernst meint, dann sollte die Rechte das verstehen. Wenn nicht, dann wird sie
eines Morgens vom Lärm der Bulldozer geweckt werden.
Das Lebenswerk Scharons:
Siedlungen
Kein Politiker in Israel hat sich mehr um Siedler auf besetztem
Boden verdient gemacht. Seit seinen frühen Tagen als Landwirtschaftsminister
1977 ist Scharon die treibende Kraft hinter der Konfiszierung und Besiedlung von
Land im Gaza-Streifen und im Westjordanland gewesen...
hagalil.com
06-02-2004 |