Wenn nicht er, wer dann?
Ein chronischer Zuspätkommer
Nach Dan Margalit, M'ariw
Die derzeitigen Diskussionen zur Trennungsanlage
und ihrem Verlauf sind nur ein Aspekt der Kontroversen die immer wieder
die mangelhafte Navigation im Staate Israel deutlich machen. Als säße
keiner am Steuer, so schlittert der Staat ziellos umher, seit Ariel
Sharon das Ruder übernommen hat. Damals lag die Zahl der israelischen
Intifada-Toten noch bei 39. Heute, drei Jahre später, ist sie auf 939
angestiegen.
Natürlich ist nicht er für das Blutbad verantwortlich,
und er hat auch einen effektiven Krieg gegen den Terror geführt. Die
Frage bezieht sich jedoch darauf, wie er in diesen letzten Jahren seine
Entscheidungen gefällt hat.
Bevor Ehud Barak nach Camp David fuhr, fragte ich ihn, was geschehen
wird, wenn Arafat seine großzügigen Angebote ablehnen wird. Barak
antwortete, in diesem Fall müsse Israel einen Trennzaun errichten und
sich von den Palästinensern lösen. Als Sharon im Jahre 2001 an die
Regierung kam, sagte er jedoch, ein Trennzaun sei unnötig und eine
Loslösung ebenfalls. Jahrelang trat er entschieden gegen jeden auf, der
in dieser Richtung argumentierte. Jetzt erklärt er genau das Gegenteil.
Zu spät, wie immer.
Gut, Sharon änderte seine Meinung und befürwortete einen Trennzaun. Meir
Shittrit beschwor ihn
daraufhin, den Zaun entlang der Grünen Linie zu bauen. Auch Tommy Lapid
warnte ihn vor ein Eindringen in die Westbank. Sharon pfiff auf sie, er
weiß es schließlich besser. Inzwischen kapiert auch Sharon, wie immer
mit Verspätung, dass sein Trennzaun zusammenbricht. Die Welt - die ja
immer danach strebt, gegen uns zu sein - fand endlich einen Grund dafür.
Aber - - warum musste Sharon gerade an dem Tag, an dem in Haag die
Verhandlungen über die Rechtmäßigkeit des Zauns eröffnet wurden,
beschließen, Korrekturen am Verlauf des Zauns vorzunehmen?
Es ist schwer, so etwas zu schreiben, während sich Israel üblen
Vorwürfen ausgesetzt sieht, vorgetragen von der arabischen und
israelischen radikalen Linken hier zu Hause, als auch unter der
Schirmherrschaft der wiedererwachenden Antisemiten in aller Welt.
Sharon schlägt jetzt ein Programm vor, das vielleicht nicht das beste
ist, jedoch immer noch besser als alles, was er bisher vorgeschlagen
hatte. Aber kann man ihm denn überhaupt noch trauen? Vor allem, weil er
ja ein chronischer Zuspätkommer ist?
Die amerikanischen Juden erzählen, in der ersten Hälfte des 20.
Jahrhunderts hätten sich die Juden der Eastside über die jiddische
Zeitung "Vorwärts" lustig gemacht, die immer von anderen Zeitungen
abschrieb. "Die New York Times ist eine tolle Zeitung. Sie weiß immer,
was ‚Vorwärts’ morgen schreiben wird", hieß es.
Wer ist bei unserer Geschichte die "New York Times"? Eitam? Olmert?
Beilin? Barak? Dazu gibt es verschiedene Meinungen. Nur eines ist klar.
Sharon ist "Vorwärts".
"Ihr wollt alles, zum
Schluss werdet Ihr bewirken, dass wir gar nichts mehr haben"
hagalil.com
25-02-2004 |