Tag der Abrechnung:
Wer ist verantwortlich?
Drei Jahre nach den Oktober-Unruhen legte das
staatliche Untersuchungskomitee seine Schlussfolgerungen vor. Die Polizei muss
scharfe Kritik einstecken.
Or-Kommission: Die israelische Presse befasst sich in dieser
Woche ausführlich mit der Veröffentlichung des Or-Berichts über die Unruhen vom
Oktober 2000. Es heißt, die Schlussfolgerungen könnten für das politische
Schicksal von Ehud Barak und Shlomo Ben-Ami entscheidend sein, wie auch für die
Zukunft einiger Polizeioffiziere. An 14 Personen habe das Komitee Schreiben
entsandt, in welchen sie gewarnt wurden, dass sie eventuell persönliche
Konsequenzen zu tragen hätten, darunter auch an Führer der arabischen
Bevölkerung, die der Hetze beschuldigt werden, an Vertreter der politischen
Ebene in Israel und Vertreter der Polizei.
Ein Leitartikel in Jedioth vermutet, die wirklich relevanten
Fragen berühre der Bericht nicht: "So umfangreich der Or-Bericht auch sein wird,
die wirklich wichtigen Fragen wird er nicht beantworten können: was ist im
Oktober 2000 wirklich geschehen? Handelte es sich um einen Volksaufstand oder um
legitime Demonstrationen von Bürgern, wobei es in diesem Fall einfach undenkbar
ist, dass sie von diesen Demonstrationen nicht lebend heimgekehrt sind. Hat sich
vor unseren Augen ein unvermeidlicher Zusammenstoß zweier feindlicher Völker
ereignet, oder ein unfassbarer Verstoß gegen die Rechte des Bürgers auf Leben
und Protest?
Die Schlussfolgerungen des Berichts beziehen sich vor allem auf technische
Fragen über die Funktion der diversen Apparate. Deshalb sollten wir alle,
nachdem Noten verteilt und festgestellt wurde, wie viel Schaden wem entstanden
ist, diesen Tag, den Tag der Abrechnung, nützen, um über die wirklich großen
Fragen nachzudenken.
Gibt es wirklich einen Weg, auf dem Araber als echte Bürger in dem jüdischen
Staat leben können? Wenn nicht, ist es uns dann nicht bestimmt, einen Weg zu
beschreiten, dessen Ende eine Katastrophe für beide Seiten ist? Ist es nicht an
der Zeit, einen Dialog über die israelische Identität zu führen? Diese Fragen
sind weitaus wichtiger und brennender als die Frage, wie das Komitee über die
urteilen wird, die in dieser blutigen Woche, in der 13 Bürger des Staates Israel
ums Leben kamen, ein Amt innehatten".
Nechama Duak, ebenfalls Jedioth, sieht die "Rückkehr des
'Teflons' in die Politik, gemeint ist der ehemalige Premier Barak, nicht
beeinträchtigt. An Barak bleibt nie etwas hängen, daher der Spitzname 'Teflon'.
Duak meint am 8. November 2000 habe der damalige Ministerpräsident Ehud Barak
eine Entscheidung getroffen, die sich heute als eine der falschesten seiner
politischen Karriere herausstellen könnte: "An diesem Tag beugte er sich dem
öffentlichen Druck, der forderte, ein staatliches Untersuchungskomitee der
Unruhen im arabischen Sektor einzurichten. Hätte er diesen Beschluss nicht
getroffen, würde es ihm heute vielleicht leichter fallen, ins politische Leben
zurück zu kehren.
Barak und sein Umfeld wirkten jedoch gestern nicht sehr besorgt. Sie sagten, die
Schlussfolgerungen des Komitees könnten nicht schlimmer sein, als die Warnung,
die ihm am 27.2. 2002 geschickt wurde, die sehr allgemein verfasst war und sich
vor allem mit seiner falschen Einschätzung der Situation befasste. Im Umfeld
Baraks heißt es, diese Warnung würde seine Fähigkeit, auf die politische Arena
zurückzukehren, in keiner Weise beeinträchtigen. "Solange kein direkter
Zusammenhang zwischen seinen Maßnahmen und dem Tod der 13 arabischen Bürger
hergestellt wird, wird Barak seinen Weg zurück ins Amt des Ministerpräsident
fortsetzen", sagten ihm nahe stehende Stellen.
Es scheint, als würden die Schlussfolgerungen des Or-Komitees eine direkte
Fortsetzung derer früherer Untersuchungskomitees sein, bei welchen die
politische Ebene ebenfalls billig davon kam. Und das ist die gefährliche
Botschaft an die israelische Gesellschaft: je höher man aufsteigt, desto weniger
ist man verantwortlich, wobei doch das genaue Gegenteil zutreffen sollte".
Bericht der Or-Kommission:
Polizei ist
verantwortlich für den Tod arabischer Randalierer
Am Montag veröffentlichte die Or-Kommission die Ergebnisse ihrer
Untersuchung. Darin werden ranghohe Sicherheitsbeamte kritisiert, bei den
Aufständen israelischer Araber im Oktober 2000 fahrlässig gehandelt zu
haben...
Aufstand israelischer Araber:
Chronologie der Ereignisse im September und Oktober 2000
Am 1.10.2000 brechen in Um al Fahm, Tamra, Nazrath, Furdeis und
mehreren Dörfern gewalttätige Demonstrationen aus...
hagalil.com
03-09-03 |