Bericht der Or-Kommission:
Polizei ist verantwortlich für den Tod arabischer
Randalierer
Auszüge aus einem Bericht der Jerusalem Post vom 01.09.2003, von
Dan Izenberg und dem Internet-Mitarbeiterstab der Jerusalem Post
Englische Version:
http://www.jpost.com
Am Montag veröffentlichte die Or-Kommission die
Ergebnisse ihrer Untersuchung. Darin werden ranghohe
Sicherheitsbeamte kritisiert, bei den Aufständen israelischer Araber
im Oktober 2000 fahrlässig gehandelt zu haben. Es wird empfohlen,
dass diese Beamten nicht mehr auf ihre frühere Posten zurückkehren
sollen. (...)
Der Bericht, der sich mit den gewalttätigen Aufständen befasst, bei
denen die Polizei während einer Periode von acht Tagen insgesamt 13
Araber innerhalb der "Grünen Linie" (i. e. die Grenzen Israels vor
dem Sechstagekrieg 1967) erschossen hat, wurde an Israels
Ministerpräsident Ariel Sharon, an die 14 israelischen Beamten, die
schriftliche Verwarnungen bzgl. ihrer möglichen Straftaten erhalten
hatten, und an die Familien der Opfer überreicht.
Ranghohe Sicherheitsbeamte werden für die Aufstände verantwortlich
gehalten: der damalige Minister für Innere Sicherheit Shlomo
Ben-Ami, der frühere Polizeikommissar Yehuda Wilk und der frühere
Leiter des nördlichen Polizeidistrikts Alec Ron. Ihr unkorrektes
Verhalten verursachte letzten Endes den Verlust von Leben,
schlussfolgerte die Kommission in ihrem lang erwarteten Bericht.
Die Verwarnten, die Verwarnungen und die Empfehlungen
Der frühere Ministerpräsident Ehud Barak
Barak war sich der Entwicklungen im arabischen Sektor nicht genügend
bewusst und ignorierte Empfehlungen, Treffen mit Vertretern aller
Ministerien und weiterer Gremien abzuhalten, um über den arabischen
Sektor zu beraten. Infolgedessen schenkte er dem richtigen Einsatz
der Polizei im arabischen Sektor nicht genügend Beachtung. Während
der ersten beiden Tage der Aufstände tat er nicht genug, um den
Gebrauch tödlicher Waffen durch die Polizei zu verhindern. Er
forderte keine vollständigen und detaillierten Berichte über die
Vorkommnisse und kam somit nicht seiner Pflicht nach. (...) Barak
beschäftigte sich nicht intensiv genug mit den Aufständen, auch dann
nicht, als er hörte, dass einer der Demonstranten getötet worden
war.
Empfehlungen der Kommission: Keine. (...)
Der frühere Minister für Innere Sicherheit Shlomo Ben-Ami
Ben-Ami kümmerte sich nicht genügend darum, die Polizei zu
befähigen, mit umfangreichen Ausschreitungen im arabischen Sektor
angemessen umzugehen. Er war sich der Gefahr, die sich durch den
Gebrauch von gummi-ummantelten Geschossen ergab, nicht genügend
bewusst und tat nicht genug, um deren Gebrauch zu verhindern. Er
schenkte dem Einsatz der Polizei in Gebieten, in denen
Schwierigkeiten erwartet werden konnten, nicht genügend
Aufmerksamkeit. Er handelte nicht energisch und entschieden genug,
um den Einsatz der Polizei zu überwachen.
Empfehlungen der Kommission: Ben-Ami sollte das Amt des Ministers
für Innere Sicherheit nicht mehr bekleiden. (...)
Sheikh Ra’ed Saleh, der Leiter des nördlichen Zweiges der
islamischen Bewegung
Die Kommission sagt, Saleh predigte Gewalt gegen Israel und wiegelte
die Massen bezüglich des Themas "Tempelberg" auf. Er sprach sich
gegen die Legitimität des Staates aus und porträtierte Israel als
Feind. (...)
Empfehlungen der Kommission: Keine, obwohl Saleh im Oktober 2000
"wesentlich dazu beitrug, die Flammen und den gewalttätigen Aufstand
anzufachen".
Der frühere Polizeikommissar Yehuda Wilk
Die Kommission ist der Meinung, dass Wilk nicht genügend
Verordnungen erlassen hatte für die Art der Aufstände, wie sie sich
im Oktober 2000 ereignet hatten. Trotz der Aufstände auf dem
Tempelberg, in der Westbank und im Gazastreifen in den
vorangegangenen Tagen, hatte er am 1. Oktober keinen angemessenen
Polizeieinsatz angeordnet. Bevor die Aufstände ausbrachen,
überprüfte er nicht den Gebrauch und die Konsequenzen des Gebrauchs
von Gummigeschossen. (...) Er setzte die Lektionen, die er in einer
früheren Auseinandersetzung zwischen der Polizei und den Bürgern von
Umm el-Fahm im Jahr 1998 gelernt hatte, nicht um. Am Ende des ersten
Tages der Gewalt, reagierte Wilk nicht energisch genug auf die
Tatsache, dass es Opfer gegeben hatte. (...) Er sorgte nicht dafür,
dass die Polizei angemessene Untersuchungen der Ereignisse vornahm
und diese dokumentierte. Er informierte Ben-Ami nicht darüber, dass
die Polizei Scharfschützen eingesetzt hatte und unternahm nichts
gegen diejenigen, die den Befehl dazu gegeben hatten.
Empfehlungen der Kommission: Wilk hat sich eines "wesentlichen
beruflichen Fehlers" schuldig gemacht und sollte deshalb nicht mehr
einen ranghohen Posten im Bereich der Inneren Sicherheit bekleiden.
Der frühere Leiter des nördlichen Polizeidistrikts Alec Ron
Die Kommission sagt, dass Ron in Wort und Tat zu den schlechten
Beziehungen und zum Bruch zwischen ihm und den arabischen Führern im
Norden Israels beigetragen hat. Er bereitete seine Truppen nicht
genügend für umfassende Tumulte vor und wandte auch die Lektionen,
die er 1998 in Umm el-Fahm gelernt hatte, nicht an. Er setzte am
Abend des 1. Oktober 2000 und an den folgenden Tagen nicht genügend
Truppen ein. Er tat nicht genug, um sich über alles, was sich im
Bezirk ereignete, zu informieren. (...) Ron war verantwortlich für
den Einsatz von Scharfschützen in Umm el Fahm. (...) Er gab auch den
Befehl für den Einsatz von Scharfschützen in Nazareth. Er versuchte
nicht, die Aufständischen mit anderen Maßnahmen, die nicht
lebensbedrohlich sind, zu zerstreuen. Er dokumentierte die
Ereignisse nicht in genügendem Umfang.
Empfehlungen der Kommission: Ron machte sich eines "wesentlichen
Fehlers" schuldig und sollte in Zukunft nicht mehr einen operativen
oder administrativen Posten im Bereich der Inneren Sicherheit
bekleiden.
Auch die israelisch-arabischen Knessetmitglieder Azmi Bishara
(von der Nationalen Demokratischen Union) und Abdel Malik
(von der Vereinigten Arabischen Liste) wurden von der Kommission
kritisiert, weil sie zur Gewalt ermutigt und die Legitimität des
Staates Israel unterminiert hatten. Es wurden jedoch keine
Sanktionen gegen sie empfohlen.
Bezüglich aller weiteren Polizeibeamten, deren Handlungen von der
Kommission auf mögliche Straftaten hin untersucht worden waren,
wurde empfohlen, sie entweder zu entlassen oder sie nicht in höhere
Positionen aufsteigen zu lassen. Nur im Fall von Kommandant Yaron
Me’ir wurde eine Ausnahme gemacht. (...) Die Unruhen brachen an
seinem ersten Arbeitstag aus. (...)
Zehn spezielle Vorkommnisse während der Unruhen sollten lt. Bericht
eine strafrechtliche Untersuchung nach sich ziehen. Zusätzlich
empfahl der Bericht, der israelische Ministerpräsident sollte sich
persönlich für eine vollkommene Gleichheit zwischen Juden und
israelischen Arabern einsetzen. (...)
Die Kommission
Am 8. November 2000 traf die damalige israelische Regierung die
Entscheidung, eine juristische Untersuchungskommission (bzgl. der
Vorkommnisse im Oktober 2000) zu gründen. Am 15. November 2000 wurde
die Zusammensetzung der Kommission verkündet (...): Theodore Or,
Richter am Obersten Gerichtshof, wurde als Vorsitzender der
Kommission benannt. Außerdem wurden berufen: Professor Shimon Shamir
von der Universität Tel Aviv und Hashem Kathib, Richter am
Bezirksgericht Nazareth. Im Dezember 2000 begann die Kommission mit
der Aufnahme von Zeugenaussagen. Am 18 Februar 2001 begannen die
öffentlichen Anhörungen.
Die Anhörungen waren in zwei Stufen eingeteilt. Zunächst wurden
hunderte von Zeugen befragt, unter ihnen auch Polizisten und
israelische Araber, die vor Ort waren, politische Führer -unter
ihnen Ehud Barak und Shlomo Ben-Ami-, Gelehrte und andere Experten.
Diese erste Runde endete am 6. Februar 2002.
Drei Wochen später, am 27. Februar 2002, sandte die Kommission
schriftliche Verwarnungen an 14 der Zeugen, in denen ihre Handlungen
oder ihr mutmaßliches Fehlverhalten aufgelistet waren, für die die
Kommission sie verantwortlich zeichnen könnte.
Während der zweiten Stufe der Anhörungen, die im Juni 2002 begann,
war es den 14 erlaubt, die Kritik der Kommission zu widerlegen.
Jeder engagierte einen Anwalt, berief Zeugen und legte selbst ein
zweites Mal Zeugnis ab. Anschließend hatten die 14 bis Dezember 2002
Zeit, ihre zusammenfassenden Argumente einzureichen. Von Dezember
2002 bis August 2003 schrieb die Kommission den Bericht. (...)
Laut Polizei (...) waren die israelisch-arabischen Demonstranten
gewalttätig, bedrohten oftmals das Leben der Polizisten und setzten
Sitzbänke und anderes öffentliches Eigentum in Brand. (...)
Führer der israelisch-arabischen Gemeinde sagen, die Demonstranten
drückten ihre Meinung und ihren Protest aus, welches ihrer Meinung
nach ihr Recht in einem demokratischen Land sei. (...)
Aufstand israelischer Araber:
Chronologie
der Ereignisse im September und Oktober 2000
Am 1.10.2000 brechen in Um al Fahm, Tamra, Nazrath,
Furdeis und mehreren Dörfern gewalttätige Demonstrationen aus...
Übersetzung Daniela Marcus
hagalil.com
02-09-2003 |