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Die Irak Erfahrung: Lehrstunde für Völkerrechtler

Kompromisslösungen

Von Fritz W. Peter, März 2004

Kompromisslösungen zu finden, dies wird das schwierige Alltagsgeschäft politisch verantwortlich handelnder Akteure auch in der arabisch-islamischen Welt sein müssen. Viele Interessengegensätze sind kaum zu versöhnen – und müssen dennoch überwunden werden. Der israelisch-palästinensische Konflikt ist nur einer dieser Gegensätze, wenn auch ein wichtiger. Jedoch wird man daran genauso wenig "alles festmachen" können, wie am Gelingen des Wiederaufbaus im Irak und in Afghanistan oder z.B. an der politischen Entwicklung Irans und Saudi-Arabiens.

Irak und Afghanistan unterziehen sich derzeit einer neuen Erfahrung: Es geht darum, einen Verfahrens­modus zu finden, mit den vielfältigen, äußerst konträren internen Gegensätzen auf eine Weise umgehen zu lernen, die nicht unterdrückerisch oder kriegerisch ist, sondern tragfähige Kompromisse finden lässt. In Afghanistan ist dieses in einem begrenzten Sinne in den sechziger Jahren bereits möglich gewesen. Einen entsprechenden Verfassungs- und Rechtszustand herbei zu führen, erscheint unter den gegebe­nen Bedingungen fast wie ein frommer, kaum erfüllbarer Wunsch. Der (engagierte) Versuch wird jedoch dennoch unter­nommen werden müssen.

Yonadem Kanna (von der Assyrischen Demokratischen Bewegung) zeigt die Übergangsverfassung (nach Unterschriftsleistung aller 25 Ratsmitglieder)

Während Afghanistan bereits seit zwei Jahren erste Schritte in einem Übergangsprozess vollzogen hat (der freilich noch Jahrzehnte wird andauern müssen, um das Land insgesamt zu erfassen und zu stabilisieren), beginnt im Irak erst dieser Tage der völlige institutionelle Neuanfang. Am 8. März 2004 gaben die 25 Mitglieder des irakischen Regierungsrats geschlossen ihre Zustimmung zu der von ihnen unter dem Schutz der Coalition Provisional Authority ausgehandelten Über­gangsverfassung. Der amtierende Ratsvorsitzende Mohammed Bahr al-Ulum sprach von einem "historischen Dokument". Die Übergangsverfassung sei der "erste Stein, auf dem ein neuer, freier und demokratischer Irak gebaut wird, mit Respekt vor den Menschenrechten". Kurdenführer und Regierungsratsmitglied Massud Barsani hob hervor: "Dies ist das erste Mal, dass wir uns als Kurden mit anderen in diesem Land gleichgestellt fühlen, dass wir nicht Bürger zweiter Klasse sind."  "Diese Verfassung wird ein Stück der Depression von uns nehmen." [zit. n. Agence France Presse, 8.3.04]

Präsident Bahr al-Ulum, ein Schiit, gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass der Wille zur Einheit größer sei, als die Spaltungsversuche der Terroristen. Die Übergangsverfassung dokumentiere den Einheitswillen, die islamische Identität des Landes und auch den Grundsatz des Föderalismus. Barsani, dem als Kurde besonders an einer föderalen Verfasstheit des neu zu bildenden Staatswesens gelegen ist, unterstrich: "Keiner hat alles bekommen, was er wollte, aber ohne Zweifel wird dieses Dokument die irakische Einheit in einer Weise stärken, die vorher nie bestanden hat."  [zit. n. Michael Howard, Bagdad: "Iraqis hail signing of historic outline law", in: The Guardian, 9.3.04]

Während der Phase der Aushandlung der Übergangsverfassung hatte sich – auch gegen größte von außen kommende Widerstände – die Erkenntnis bei den Beteiligten durchgesetzt, dass keine einzelne Gruppe ihre maximalen Zielsetzungen durchsetzen kann: "Wir haben ein neues Handwerk gelernt, und zwar das, Kompromisse zu schließen", äußerte sich treffend Regierungsratsmitglied Muwaffak al-Rabai. [zit. n. Gregor Mayer, Bagdad: "Noch ist die Scharia nicht Kern der Rechtsordnung", in: Westdeutsche Zeitung, 2.3.04] Es ist gerechtfertigt und darüber hinaus wünschenswert, diese positive Erfahrung hervor zu heben. Die Kommentierung in der Presse war allgemein zustimmend, jedoch meistens – im Blick auf die Unwägbarkeiten des bevorstehenden Prozesses – eher zurückhaltend in der Formulierung. Als Bei­spiel einer auch emotional spürbar zustimmenden Kommentierung sei an dieser Stelle die TAZ v. 9.3.04 zitiert: "Es war ein heftiges Tauziehen, aber am Ende steht nun doch Iraks erste Übergangsverfassung nach dem Sturz Saddam Husseins. Äußerst unterschiedliche politische, ethnische und religiöse Gruppen haben sich zumindest vorläufig auf ein gemeinsames Fundament für ihren Staat geeinigt. Das ist schon für sich ein kleines Wunder. Verfassungen nach dem Sturz eines alten Systems sind nie eine einfache Geburt: Die Gründungsväter der Vereinigten Staaten brauchten volle zwölf Jahre, um etwas Vergleichbares zu erreichen." Und weiter heißt es: Ein Vorteil sei die Vorläufigkeit (sprich: Zweistufigkeit) des verfassungsgebenden Pro­zesses, denn bis zum endgültigen Verfassungsentwurf "werden sich die Iraker an einen föderativen, geeinten Irak gewöhnen, in dem nach vier Jahrzehnten Diktatur erstmals, ob Schiit, Kurde, Sunnit oder Christ, die Grundrechte der Menschen schriftlich garantiert sind."  [s. TAZ, Karim el-Gawhary, in seinem Kommentar "Vorläufigkeit als Staatskunst", Deutschland Seite 12]

Der Vergleich zu den Umständen des Entstehens der amerikanischen Verfassung dürfte etwas verfehlt sein, das Entscheidende, auf das Karim el-Gawhary hinweist und womit er zutiefst Recht hat, sind aber der Prozesscharakter und die Notwendigkeit, Vertrauen zu investieren in ein Gelingen des Verfassungs­prozesses. In diesem letzteren Punkt stand das "alte Europa" mit tatkräftigem Engagement bislang (und einmal mehr) sehr weit und in höchst moralischer Pose abseits.

Die Übergangsverfassung "ist der erste Schritt zur Herstellung, Wiederherstellung, der Souveränität des irakischen Volkes, die für wenigstens 35 Jahre durch ein tyrannisches und brutales Regime usurpiert war", äußert sich vorsichtig optimistisch Feisal Istrabadi, einer der Autoren des Verfassungstextes sowie Berater des Regierungsratsmitglieds Adnan Padschaschi, eines arabischen Sunniten.

Weitere entscheidende Schritte zum Kompromiss sind erforderlich, die ein äußerst weit reichendes Entgegenkommen auf allen beteiligten Seiten verlangen. Zutreffend erscheint folgende zusammenfassende, nüchtern-kritische Beurteilung der Situation: "Ein gewähltes Parlament im nächsten Jahr muss im Kern viele der Hauptpunkte in diesem Dokument neu verhandeln, und diese Verhandlungen werden voraus­sichtlich äußerst schwierig sein, kontrovers geführt werden und ganz erheblichen Konfliktstoff enthalten. Das Dokument hat viele der grundlegendsten Streitpunkte zur späteren Behandlung und Klärung offen gelassen." (J. Cole, Professor für Geschichte des Mittleren Ostens an der Universität von Michigan, zit. n. Bashdar Ismail, KurdishMedia.com)

Dass eine nüchterne Bestandsaufnahme (wie die von Cole) allerdings zu dem Schluss führen muss, wie dies in einigen Kommentaren unterschwellig zum Ausdruck kam, dass die Übergangsverfassung keinen Erfolg darstellt, weil zu vielen strittigen Punkten ausgewichen wurde, erscheint nicht zwingend und nicht hilfreich. Der Erfolg muss ohnehin gesucht werden; die Chance zum Erfolg ist vorhanden – wie auch ein Scheitern nicht ausgeschlossen werden kann. Ein Schritt ist getan, mehr Zeit wurde gewonnen, ein Rahmen gesteckt; die Verhandlungspunkte sind umrissen und können in den ausstehenden Verhandlungen vorbereitet und klar von den betroffenen Seiten fokussiert werden. Der Ausblick Colin Powells anlässlich der erfolgreichen Verabschiedung der Übergangsverfassung scheint berechtigt: "Der weitere Weg kann  sich als schwierig und lang erweisen, aber er wird nicht so schwierig oder lang wie die zurückliegende Strecke sein." "The road ahead may be difficult, it may be long, but it won’t be as difficult or as long as the road that was behind."

BBC-Korrespondentin Caroline Hawley nennt die Übergangsverfassung einen "klassischen Kompromiss" (zit. n. Bashdar Ismail, KurdishMedia.com). Iraker können daran arbeiten, dass sich dies bewahrheitet.

Amal und Ahlam

Der Gesamttext begann mit Schilderungen aus der Erfahrung der Menschen im Irak. Noch ein weiteres Mal soll aus dem Erleben betroffener Menschen referiert werden. Zitiert wird aus einem Bericht von Joille Bassoul aus Bagdad: "Tränen konnten den Bruder  umstimmen" Westdeutsche Zeitung, 13.3.04, S. 24:

 "Hoffnung" und "Träume" – das sind zwei Begriffe, die im Jahr nach dem Irak-Krieg einen symbolträchtigen Klang heben. Und sie sind zugleich die Übersetzung für die beiden Vor­namen der beiden ersten Polizistinnen in dem konservativen islamischen Land. Amal und Ahlam könnten unterschiedlicher kaum sein und doch haben sie das gleiche Ziel vor Augen: In den Straßen Bagdads für Ordnung zu sorgen und dabei in der Bevölkerung das schlechte Ansehen der Polizei aufzupolieren, das während der jahrzehntelangen Herrschaft Saddam Husseins entstanden ist.

Die 25-jährige Amal Mohammad gehört zur religiösen Gruppe der Sunniten, ist unver­heiratet, hat einen Studienabschluss, surft gerne im Internet und kommt aus einer der besseren Gegenden der irakischen Hauptstadt. Ihre zwei Jahre ältere Kollegin dagegen ist ver­heiratet, Schiitin und lebt mit ihrem Mann sowie den zwei Kindern im verarmten Stadtteil Sadr City. Während ihrer siebenwöchigen Ausbildung sind die beiden nun Freundinnen ge­worden und können es kaum erwarten, bald als Polizisten zu arbeiten. (...) Im Gegensatz zu Ahlam, die von ihrem Mann ermutigt wurde, (den Polizeidienst aufzunehmen,) musste Amal einige Überzeugungsarbeit innerhalb der Familie leisten. Erst Tränen der ehemaligen Übersetzerin der US-Marine konnten ihren jüngeren (!) Bruder umstimmen. Auch die männlichen Kollegen waren zunächst wenig begeistert von ihren weiblichen Mitarbeiterinnen (...). Mittlerweile haben sich die Frauen offensichtlich den nötigen Respekt verschafft – und das ohne jede Vorzugsbehandlung, wie US-Ausbilder John Gray betont. (...)

Giftige Blicke der Nachbarn erntet Ahlam allerdings weiterhin – und zwar immer dann, wenn die junge Mutter in ihrer Uniform statt im traditionellen schwarzen Umhang der schiitischen Frauen vor die Tür tritt. (...) Dass sie im eigenen Land wegen ihrer Zusammenarbeit mit den US-Streitkräften zum Ziel tödlicher Anschläge werden könnten, ist beiden klar. Ab­schrecken lassen sie sich davon aber nicht: "Der Tod liegt in der Hand Gottes", sagt Ahlam.

Amal hatte nach eigenem Bekunden mehr Angst davor, durch die Abschlussprüfung der Polizeiakademie zu fallen. (...) "Den Job bei der Polizei würde ich für nichts in der Welt aufgeben", sagt (die 25-Jährige). "Vor ein paar Tagen hat mich ein Mann gebeten, ihn zu heiraten und meinen Beruf (aufzugeben). Ich habe rundweg abgelehnt."

Für Amal und Ahlam und, auf andere Weise, auch für das Regierungsmitglied Muwaffak al-Rabai (mit oben zitierter Aussage:  "Wir haben ein neues Handwerk gelernt, und zwar das, Kompromisse zu schließen." ), erfüllte sich eine Art "American Dream"  –  wie ihn bekanntlich Menschen überall auf der Welt träumen: Es ist die Erfahrung, ein Schicksal wenden zu können, Grenzen der sozialen Wirklichkeit als vermeintlich unüberwindliche Hindernisse überraschend und durch eigenes Zutun doch überwinden zu können.

Eine völkerrechtliche Würdigung ...

des alliierten Einmarsches im Irak, die das Anliegen internationalen Rechts (nämlich zur Gestaltung und Sicherheit der internationalen Beziehungen beizutragen) in einen Sinnzusammenhang stellt

  •  mit der Lebenswirklichkeit der irakischen Bevölkerung unter Saddam,

  • mit der erst durch den Einmarsch möglich gewordenen Überwindung des Zustands delegitimierter Staatlichkeit (der Irak war – im äußersten Sinne – "Unrechtsstaat" geworden) und

  • mit der jetzt eröffneten Chance zu wirklicher (schützenswürdiger) Souveränität,

würde ein mindestens  o f f e n  gehaltenes Urteil bei der Frage, ob gegen Völkerrecht verstoßen wurde, nahelegen. Nicht zu intervenieren bedeutete, das Völker verachten­de Regime zu perpetuieren (die Pluralform – "Völker verachtend" – erscheint hier auch passend, da der Irak ein Vielvölkerstaat ist).

Als Argument gegen einen Einmarsch wurde seinerzeit vorgebracht, dass das Saddam-Regime auch durch verstärkte internationale Kontrollen  –  wie  z.B. UN-Inspektionen bezüglich der vermuteten Be­stände an Massenvernichtungswaffen  –  gezügelt werden könne. Doch erwies sich bereits diese ge­zielte Inspektionstätigkeit nur vor der Kulisse des drohenden Einmarsches als "möglich" (als begrenzt und lückenhaft möglich). Eine Einhegung des Machtmissbrauchs im Innern des Irak stellte jedoch nie eine reale Option dar. Die Beurteilung der Machtverhältnisse und Perspektiven im Irak durch den UN-Berichterstatter in Menschenrechtsfragen, Max van der Stoel, in seinen jährlichen Berichten vermittelt ein ebenso nüchternes wie deprimierendes Bild der Situation im Irak:

"Das irakische Regime hat die bürgerlichen Rechte, den Schutz der Persönlichkeit, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit eliminiert, ebenso jede politische Mitsprache , während gleichzeitig vorhandene Ressourcen ungenutzt bleiben, um wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Aktivität zu entfalten. In der Tat, (...) die politisch-rechtlichen Gegebenheiten führen im ganzen Land und praktisch gegenüber der gesamten Bevölkerung, systematisch und systemisch, zu Rechtsverletzungen. Besonders zu nennen ist die Stellung von Präsident Saddam Hussein: er vereint auf sich die exekutive und legislative Macht und Richter und Verwaltungsstellen sind grundsätzlich ihm rechenschaftspflichtig; Streitkräfte, Polizei und Baath-Partei-Funktionäre stehen im Dienst des Präsidenten; die Gerichte unterstehen der Exekutive; politische Parteien sind verboten – außer der Baath-Partei, die mit dem Staat gleichgesetzt wird; es gibt kein Recht, etwas zu sagen oder zu tun – und schon die bloße Andeutung, dass jemand nicht zu den Unterstützern des Präsidenten gehört, birgt die Gefahr der Todesstrafe (...). Die fest etablierte staatliche Struktur, basierend auf einer allgegenwärtigen Staatspartei, das Fehlen einer kurz-, mittel- oder langfristigen demokratischen Perspektive, und die Tatsache, dass es keine Institution gibt, die den Machtmissbrauch eindämmen könnte, veranlassen den Special Rapporteur festzustellen, dass das irakische Volk weder jetzt eine Respektierung seiner Rechte erfährt, noch dass es in der abseh­baren Zukunft zu einer Respektierung von Menschenrechten kommen wird." [s. UN-Report A/54/466 (1999) "Situation of human rights in Iraq", Special Rapporteur of the Commission on Human Rights]

Ausgerechnet auf das Recht haben sich viele Kritiker des Einmarsches bezogen! Auf­gabe war es jedoch, zwischen verschiedenen essentiellen Rechtsgütern abzuwägen!  Es kann nur als systematischer Fehler in den Rechtsgrundlagen oder in deren Interpretation gewertet werden, wenn Völker- und Menschenrechtsaspekte in einen kaum auflösbaren Gegensatz geraten oder gebracht werden  –  denn hier sind Rechtsgüter berührt, die nicht aufgebbar sind!

Stellvertretend wird hier nochmals auf die Beurteilung des Einmarsches durch Jürgen Habermas verwiesen, der in flammender Rede einen Bruch des Völkerrechts beklagte: " ... die normative Autorität Amerikas liegt in Trümmern," waren seine – breit publizierten – Worte. Ohne Einmarsch hätte das auf schlimmsten Menschenrechtsverletzungen beruhende und keine Entwicklung erlaubende System je­doch fortbestanden. Eine Chance zum Neuanfang bestand unter den gegebenen Bedingungen nicht. Kritik am Einmarsch erweist sich mithin als affirmative Kritik. Eine der Speerspitzen affirmativer Kritik war in diesem Fall Jürgen Habermas [s. Zitatkasten, Kapitel 5].

Der erste Jahrestag des Irak-Einmarsches (am 20. März) war einer Anzahl Menschen wieder ein will­kommener Anlass, ihrer Ablehnung und Verurteilung der Intervention hörbar Ausdruck zu verschaffen. In deutschen Städten fiel der Protest allerdings im Vergleich zu der von Habermas hervorgehobenen "überwältigenden Demonstration" vor einem Jahr recht "überschaubar" und für die Veranstalter dementsprechend enttäuschend aus. Wie in der Regierung so hat offenbar auch in der Öffentlichkeit hier und da Ernüchterung Einkehr gehalten. Man beginnt – mit Verspätung – zu begreifen: Terroristische Gefahren bestehen unabhängig davon, ob in Washington Republikaner oder Demokraten das Sagen haben, und unabhängig davon, ob Europäer eine "special relationship" zu verschiedenen Regimes oder Organisationen im Nahen Osten unterhalten. Vielleicht setzt ein Erkennen ein: Wunschdenken hilft in außen- und sicherheitspolitischen Fragen genauso wenig weiter wie auf den wirtschafts- und reformpolitischen Feldern. In beiden Gestaltungsbereichen wird es nicht ausreichen, dass die Politik den Empfehlungen der "Strasse" folgt.

Zahlreiche "Friedensbewegte" sind unverändert der Ansicht, dass der Einmarsch ein Verbrechen war. Vielleicht wäre der Nicht-Einmarsch ein solches gewesen. Auf einer Kundgebung, die sich gegen jene wendete, die den Irak sich selbst überlassen wollten, d.h. die dortige Bevölkerung weiter einem unsäglichen Terror sowie das Land dem völligen Verfall auszusetzen bereit waren, erinnerte dieser Tage ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation WADI e.V. an die Verpflichtung zur Hilfe und verwies dabei als ein­dringliche Mahnung auf Aussprüche des aus dem Libanon stammenden, von Irakern und Amerikanern gemeinsam dingfest gemachten Jihadisten Ahmed Abdel Razzaq: "Ich kam, um ein Märtyrer im Namen Gottes zu werden. Ich zog für die Iraker in den Jihad, aber sie sind alle Verräter: Die Menschen, die Soldaten, die Kurden. Sie sagen, Saddam war böse, aber sie verdienen zehn Saddams!"

Anhang:

Nachfolgend zitierte Angaben wurden im Spiegel (v. 27.1.03) einer größeren Leserschaft bekannt gemacht: "Dies ist ein Regime, das Kindern Augen aussticht, um von Eltern oder Großeltern Geständnisse zu erpressen. Dies ist ein Regime, das alle Fußknochen eines zweijährigen Mädchens einzeln zerbricht, um seine Mutter zu zwingen, den Aufenthaltsort ihres Mannes preiszugeben. Dies ist ein Regime, das einen Säugling auf Armeslänge von seiner Mutter entfernt hält und das Kind verhungern lässt, um seine Mutter zu einer Aussage zu bewegen. Dies ist ein Regime, das seine Opfer langsam in riesige Kessel mit Säure hinab lässt, entweder, um ihren Willen zu brechen, oder einfach nur als Hinrichtungsart. Dies ist ein Regime, das seinen Gefangenen Elektroschocks verabreicht, vor allem an den Genitalien, und bei dieser Tortur große Kreativität zeigt. Dies ist ein Regime, das im Jahr 2000 für jede Kritik – und da reicht es schon, darauf hinzuweisen, dass Saddams Kleidung nicht zusammen passt – festsetzt, dass dem Delinquenten die Zunge abgeschnitten wird. Dies ist ein Regime, das eine Frau, eine Tochter oder andere weibliche Verwandte wiederholt vor den Augen von Mann und Vater vergewaltigt. Dies ist ein Regime, das seine Opfer mit rot glühenden Eisenstäben pfählt. Dies ist ein Regime, das biologische und chemische Kampfstoffe an iranischen Kriegsgefangenen erprobte."  Militärische Intervention  –  wie immer begründet und motiviert  –  setzte das Ende! So sind die Fakten!

Völkerrecht ...

zu sichern, ist ein Grundanliegen der Vereinten Nationen, ihrer Aktivitäten und Statuten – jedoch nicht als abstrahiertes Prinzip, sondern in der Bezugnahme auf

  • menschen- und bürgerrechtliche

  • sowie allgemein gesellschafts- und entwicklungspolitische

Zielsetzungen.

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hagalil.com 18-05-2004

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