Oft habe ich mich gefragt, was einen jungen Mann von 22
Jahren mit dem Namen Said Hutari aus der kleinen Stadt Kalkylia dazu
bringen konnte, sich inmitten einer großen Gruppe gleichaltriger junger
Menschen, die sich an einem warmen Sommerabend am Strand von Tel Aviv
elegant gekleidet in den Eingangsbereich einer Diskothek drängten, in
die Luft zu sprengen.
Woher kommt dieser abgrundtiefe Hass, habe ich mich
gefragt, der einen jungen, am Anfang seines Lebens stehenden
Palästinenser dazu bringt, den Todesgürtel mit Sprengstoff, versehen mit
Schrauben und Nägeln, an seinem Körper zu befestigen, um damit möglichst
viele Jugendliche in Stücke zu reißen?
Ich erinnere mich, wie ich in den herrlichen Cafés von
Wilmersdorf und Charlottenburg saß und beobachtete, wie deutsche
Jugendliche gut gelaunt an mir vorbeispazierten, Hand in Hand und ohne
Angst. Und dabei fragte ich mich, was die Gründe für diesen grausamen
Mord sind. Wie kommt es, dass, wenn wir alle nach Gottes Angesicht
geschaffen wurden, in diesem Teil der Welt Menschen in Cafés sitzen, ins
Sportstudio gehen und SMS-Nachrichten versenden, während in der
leidgeprüften, brodelnden Region des Nahen Ostens junge Menschen die
Botschaft des Todes in ihren Herzen tragen?
Ich erinnere mich, wie ich Eltern beim Spazieren gehen mit
ihren Kindern im Tiergarten oder im Botanischen Garten in Dahlem
beobachtet und mich gefragt habe: Was hat den Vater des 22 Jahre alten
Said dazu gebracht, vor den Kameras der arabischen Fernsehsender damit
zu prahlen, dass, hätte er noch zehn Kinder, auch diese mit seinem Segen
junge jüdische Männer und Frauen ins Jenseits befördert würden?
Der Hass ist uns nicht angeboren. Er gehört nicht zu den
Anlagen eines Säuglings, ist nicht Teil seines Körpers, seiner Hände,
seiner Augen.
Wenn ich deutsche Freunde nach dem Namen jenes verrückten
Israelis frage, der im Februar 1994 in der Machpela-Höhle in Hebron
muslimische Beter ermordete, können sich viele sofort an diesen Namen
erinnern, obwohl seither über sieben Jahre vergangen sind. Doch wenn ich
von ihnen den Namen des Palästinensers wissen möchte, der in einem
Autobus der Linie 5 in Tel Aviv 25 Menschen umbrachte oder sie nach den
Selbstmordattentätern frage, die auf der Linie 18 in Jerusalem 22
Menschen oder eine Woche später auf derselben Strecke 19 Personen in die
Luft sprengten, zucken sie mit den Schultern und können die Frage nicht
beantworten.
Dieses Phänomen beschränkt sich nicht auf Anschläge, die
vor langer Zeit verübt wurden. Weder kennt man den Namen des
Terroristen, der ein Attentat vor einigen Monaten vor der Disco »Dolphi«
am Strand von Tel Aviv verübte, noch den Namen des
Selbstmordattentäters, der vor noch kürzerer Zeit den Anschlag in der
Pizzeria in Jerusalem verübt hat. Eigentlich sind den Deutschen die
Namen der palästinischen Terroristen nicht bekannt. Da Baruch Goldstein
die Ausnahme war