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Schwerpunkt "Arabische Welt"
bei der Buchmesse Frankfurt:
Kritischer Dialog oder Folklore?

von Felicia Herrschaft

Wie werden sich die arabische und europäische Welt nach der Buchmesse angenähert haben? Die „größte kulturelle Veranstaltung der Welt“ schafft die Bedingungen, mehr voneinander zu erfahren – und dazu gehören im Vorfeld der Messe auch Kontroversen und verletzende Konflikte.
Die arabische Welt, die von vielen nur als ein Konzept, eine Utopie oder eine Zwangsmassnahme gesehen wird, könnte durch den Auftritt auf der Frankfurter Buchmesse auch zu einer guten Geschäftsstrategie für beide Seiten werden.

Eine Diskussion, Stimmen aus dem Exil und der Organisatoren des Messeauftritts finden Sie in den Fairplanet News vom 06.09.2004

Diskussionen zur arabischen Welt auf der Buchmesse

Die Frankfurter Buchmesse (6. bis 10. Oktober 2004) wird dieses Jahr eine Gastregion und nicht ein Gastland präsentieren: "Die arabische Welt – ein Blick in die Zukunft".

Dieser Schwerpunkt sorgt damit schon vorab für „kulturellen Sprengstoff“, sagt Holger Ehling, Pressesprecher der Frankfurter Buchmesse: „Es muss Krach geben um das, was man eigentlich zeigen will. Wenn das nicht der Fall wäre, dann liefe etwas falsch mit der kulturellen Welt, der jeweiligen Szene. Für uns ist das nichts Außergewöhnliches, aber für das jeweilige Gastland, das diese Kontroversen immer wieder zum ersten Mal erlebt.“ Die Diskussionen innerhalb der arabischen Welt sowie den intellektuellen Austausch zwischen der arabischen und der westlichen Welt will man anregen, weil es bisher zwischen diesen nur einen sehr begrenzten Transfer an Ideen und Informationen gibt.

Am 2. September diesen Jahres veröffentlichte der marokkanische Schriftsteller Tahar Ben Jelloun eine kritische Stellungnahme: „Viele Staaten werden nicht ihre größten Künstler schicken, sondern die Harmlosen und Angepassten.“ (Artikel in der „Zeit“: „Die Araber in Frankfurt: Zirkus! Zirkus!“) Dass sich dieses Problem so entwickelt hat, liege daran, dass sich die Verantwortlichen der Buchmesse an Staaten und nicht an Autoren wenden. „Dazu muss man wissen, dass die meisten der arabischen Schriftstellerverbände an den Staat gebunden sind“, schreibt Jelloun. Die Aufregung, die dadurch entstanden ist, liege daran, dass „die Verantwortlichen … sich wohl der großen Komplexität und der Missverständnisse nicht bewusst (waren), die das kulturelle Leben jener so unterschiedlichen Länder bestimmen. Alle stecken sie in Problemen, die von der Politik zulasten von Freiheit und Kreativität beherrscht werden.“
Peter Ripken (Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika) bezeichnet Jellouns Äußerungen als „ausgemachten Schwachsinn". Er schreibe von Exilautoren, die nicht eingeladen seien: "Das Gegenteil ist der Fall, man könnte sagen, es sind zu viele Autoren, die im Westen leben, die von (der Kulturoganisation) Alesco eingeladen worden sind.“

Der Umgang mit der Arabischen Welt

Das größte Misstrauen richtet sich gegen die Arabische Liga (Zusammenschluss von 22 arabischen Staaten), die als korrupte regimetreue Organisation eingestuft wird und sich nicht vehement genug gegen Zensur wendet. Die so genannte „Unesco“ dieser Arabischen Liga, die Alesco (Arab League Educational, Cultural and Scientific Organization), ist mit der Organisation des Kulturauftritts beauftragt, ohne entsprechende kulturelle Organisationserfahrungen zu besitzen.
„Sie kennen nicht mal die Adressen der arabischen Autoren die sie selber eingeladen haben. Sie können nicht mal die Namen schreiben, können sie sich das vorstellen? Sie haben die Autoren nicht mal gefragt, ob sie teilnehmen können oder wollen. Der saudische Lyriker Ali al-Doumeini zum Beispiel, dieser Autor sitzt in Haft, weil er Reformen in Saudi Arabien verlangt hat. Jetzt wurde sein Name weg gestrichen. Ich habe gestern (31.08.04) erfahren, dass dieser Autor von der Liste der Arabischen Liga weggestrichen wurde“, sagte der Verleger Khalid Al Maaly. Holger Ehling von der Buchmesse und Peter Ripken von der "Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika" dementieren dies und meinen dazu, dass man mit der Einladung die saudische Regierung zwingen wollte, sich dazu zu äußern. Das Ziel sei gewesen, ihn aus dem Gefängnis frei zu bekommen. Das ist bisher nicht gelungen, aber er erhalte jetzt einen Prozess.

Die arabischen Autoren: Scharlatane?

Der irakische Dichter und Verleger Khalid Al Maaly bezweifelt, dass überhaupt ein kritischer Dialog möglich sein werde, denn: „Viele der arabischen Intellektuellen und die meisten, die in Frankfurt vertreten sind, sind Scharlatane und doppelzüngig. Im Westen liberal und demokratisch, in der arabischen Welt hingegen antisemitisch, antidemokratisch. Es gibt von arabischen Autoren fast keine Stellungnahmen: „Gegen die Selbstmordattentäter, über Massengräber, gegen Fundamentalismus, gegen Hamas, Taliban und so weiter. Sie machen ihren Mund nie auf, wenn arabische Autoren verhaftet, gefoltert werden und keine Rechte haben, sich zu äußern.“ Für Peter Ripken ist das kein neues Phänomen, dass man in Europa zum Teil etwas anderes sagt, als zu Hause. Das träfe nicht nur auf arabische Schriftsteller zu, sondern auf Schriftsteller insgesamt, weil diese häufig im Ausland und gerade in Europa als kulturelle Botschafter ihrer Länder wahrgenommen würden und sich deshalb sehr vorsichtig äußerten. „Heute gibt es durchaus arabische Schriftsteller und Intellektuelle, die zu Hause genauso reden wie im Ausland, die auch Regierungen kritisieren und das Blatt nicht vor den Mund nehmen“, sagt Ripken, der den Vorwurf an die Exilautoren zurückgibt: „Die Situation sei dadurch verzerrt, dass ein ganz großer Teil arabischer Intellektueller und Schriftsteller in Paris, London oder sonstwo wohnt. Die leben gar nicht in Kairo oder in Damaskus oder in Bagdad und die, die zu Hause geblieben sind, sind zum Teil schon ein bisschen taktisch bestimmt, daran gibt es keinen Zweifel. Aber es gibt auch sehr viele, die überhaupt kein Blatt vor den Mund nehmen.“

Integrationsversuche der Buchmesse

Algerien, Marokko, Irak, Libyen und Kuwait haben ihre Teilnahme im Rahmen der Präsentation der Arabischen Welt bereits abgesagt. Sie werden zum Teil eigene Programme auf die Beine stellen. Eine Begründung dazu gibt Holger Ehling: „Die Nicht-Teilnahme des Iraks am offiziellen Programm des arabischen Auftritts hat nichts mit irgendwelchen Ablehnungen innerhalb der Arabischen Liga zu tun. Es ist so beim Libanon, so bei Marokko, und Algerien hat sich entschieden, entweder nicht teilzunehmen, oder mit einem eigenen Programm. Was aber nicht heißt, dass im offiziellen Programm, Autoren, Verleger, Intellektuelle aus dem Irak ausgeschlossen wären. Im Gegenteil. Es wird eine ganze Reihe von Veranstaltungen mit irakischen Autoren, Verlegern und Intellektuellen geben, und das gleiche gilt für Länder wie Algerien, Libanon und Marokko. Auch dort sind Autoren im offiziellen Programm vertreten. Wir haben uns da auf Veranstalterseite nicht von irgendwelchen kulturbürokratischen Auseinandersetzungen im Hintergrund abhalten lassen.“

Zelte werden auf dem Gelände der Buchmesse nicht aus folkloristischen Gründen gebaut, sondern nur, um mehr Fläche für die Präsentation zu gewinnen – alleine 1500 des insgesamt etwa 4000 Quadratmeter großen Auftritts sind Zeltfläche. Kein Gastland hat sich je so groß auf der Buchmesse präsentiert.
Nach den letzten Gastlandbeiträgen aus Litauen und aus Griechenland, die eher langweilig waren – und Russland, das als zu bürokratisch empfunden wurde –, dürfte die arabische Welt auf der Frankfurter Buchmesse auf jeden Fall eine spannende Belebung der im Jahr 2002 fast schon eingestellten Gastlandbeiträge sein.

Interview mit Khalid Al Maaly:
Rückkehr aus dem Exil
Nach 25 Jahren reiste Khalid Al Maaly das erste Mal wieder in den Irak. Vor kurzem wurde in Bagdad ein Verlagsbüro des 1983 in Köln gegründeten und ansässigen Al-Kamel Verlags eröffnet...

Profanes Gut:
Das schwierige Verhältnis der Araber zum Buch

Begonnen von den islamischen Gelehrten, entstand eine eigenartige Büchervermeidung, die sich schließlich auf die gesamte Gemeinde erstreckte...

Al-Jazeera:
Die Frankfurter Buchmesse im arabischen Diskurs

Die arabische Welt ist Gastregion der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. In den arabischen Medien steht die Bedeutung der Messe als Forum eines Dialogs mit den Westen im Vordergrund der Berichte und Kommentare...

Internationale Kulturstiftung Sivan Perwer:
Offener Brief an die Direktion der Frankfurter Buchmesse
Für 2004 haben Sie die Arabische Literatur als Schwerpunkt ausgewählt, deren Autorinnen und Autoren ausschließlich von der politisch fundierten Arabischen Liga bestimmt werden. Dieses "Pauschalarrangement" verwundert und gibt inzwischen international Anlaß zur Kritik...

hagalil.com 07-09-2004

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