Anlass zur Besorgnis:
Pi Gliloth
Israel ist am 23-05-02, einem
Donnerstag, nur knapp einer Katastrophe entgangen, die Tausende im
Norden Tel-Avivs getötet oder verletzt hätte.
Terroristen hatten das grösste
Treibstofflager des Landes ins Visier genommen. Am Morgen explodierte
eine Bombe an einem Tanklastwagen. Der Wagen brannte völlig nieder, ein
Übergreifen des Feuers auf das Treibstofflager Pi Glilot konnte jedoch
von der Feuerwehr und dem automatisch einsetzenden Löschsystem
verhindert werden.
M'ariw meldete am folgenden Tag in
Riesenlettern:
DAS ZIEL:
TEL AVIV AUSZURADIEREN!
In Jedioth lautete die große
Schlagzeile:
NACHLÄSSIGKEIT AUF GANZER LINIE:
ALLE HABEN VERSAGT - VON WACHPOLIZISTEN BIS
ZUR REGIERUNG!
Auf der Frontseite brachte Jedioth eine
graphische Darstellung, die den jeweiligen Gefährdungsradius in den
umliegenden Städten der Treibstoff-Farm aufzeigt:
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- Im Umkreis von 600
Metern stirbt jedes Lebewesen sofort;
- Im Umkreis von 600-840 Metern (z. B.: Ramat Aviv Gimel, das 600
Meter entfernt liegt) beträgt die Überlebenschance 50 %;
- Im Umkreis von 840-1500 Meter (z. B. Ramat Aviv, westlicher Teil von
Ramat Hasharon): schwerer Sachschaden;
- Im Umkreis von 1,5 bis 4 km: leichter Sachschaden.
Ein Energiefachmann: Wenn Benzin in dem
Tankwagen gewesen wäre, wäre die ganze Anlage in die Luft
gegangen...
Das Versäumnis: Ein Sonderbericht hat vor
den Gefahren gewarnt, doch es wurde fast nichts unternommen...
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Der Polizeichef von Tel Aviv, Jossi
Sedbon, erklärte, dass die Bombe explodierte, als das Fahrzeug auf das
Gelände einfuhr, um Treibstoff aufzunehmen. „Eine riesige Katastrophe
ist verhindert worden“, so Sedbon.
Niemand übernahm bisher die
Verantwortung: Man vermutet, dass eine Terrororganisation aus den
besetzten Gebieten hinter dem Anschlag steht, doch sich nicht dazu
bekennt - aus Angst vor der Reaktion Israels und der palästinensischen
Autonomie. Es wird auch der Verdacht auf Verbindungen zur Al Qaida und
Hisbollah geprüft...
Aus einem Leitartikel, M'ariw:
"Diesmal ist der Begriff ‘Wunder’
tatsächlich völlig angebracht. Bei den Terrororganisationen ist eine
neue Strategie zu erkennen, und auch die Mittel, die sie benutzen, haben
sich geändert. Wir erinnern uns an den Lastwagen mit einer Tonne
Sprengstoff, mit dem vor einem Monat die Azrieli-Türme in die Luft
gesprengt werden sollten.
Auf der Gegenseite
registrieren wir immer mehr Mut, Elan, kreatives Denken und bessere
Nachrichtenbeschaffung. Die Tatsache, dass es den Terroristen trotz der
Bewachung gelungen ist, die Sprengladung in eine so sensitive Anlage
hineinzubringen, die bei einer Explosion ein Massensterben und
unermesslichen Schaden anrichten würde, muss unsere Besorgnis erwecken
und uns zur Tat aufrufen. Es mag sein, dass es keinen hundertprozentigen
Schutz gegen den allgegenwärtigen Terror gibt, doch zwischen dieser
Prämisse und dem, was sich gestern in Pi Glilot offenbarte, klafft eine
große und äußerst gefährliche Kluft.
“ In dem Artikel wird nicht nur
beschrieben, welche Katastrophe um Haaresbreite verhindert wurde,
sondern auf den sehr schwerwiegenden sicherheitspolitischen Aspekt
hingewiesen: "
Ehud Yatom konstatiert in
M'ariw eine neue Ära
der Terrortätigkeit:
Um ‘attraktiv’ zu
bleiben, müssen die Terrorakte sich innovativer Methoden bedienen,
Methoden mit denen nicht Dutzende, sondern Hunderte und Tausende von
Menschen getötet werden können.
Einer der Wege dazu ist die
Aktivierung nichtkonventioneller Substanzen durch konventionelle Mittel.
Diese Art von Terror stellt ein direkte Bedrohung vieler
Bevölkerungszentren in Israel dar.
Nichtkonventioneller Terror wird den
Nahen Osten und die übrige Welt in einen Krieg stürzen, der mit
konventionellen und nichtkonventionellen Waffen ausgetragen wird. Israel
muss mit massiver Unterstützung der USA sofort und entschlossen gegen
diese Tendenz vorgehen und den Übergang vom Terror zum
(nichtkonventionellen) Hyper-Terror aufhalten.
Wenn Israel nicht reagiert, wird ihm dies
als Schwäche ausgelegt werden und den Gegner zu weiteren Terrorakten
dieser Art ermutigen. Nur ein Präventivkrieg in seinem Territorium kann
eine Beruhigung der Lage herbeiführen, die zwar auch nur vorübergehend,
aber für Israel von vitaler Bedeutung ist.
Unter der Überschrift "Spätzündung"
meint Alex Fishman in
Jedioth: Die Sprengladung in Pi Glilot wurde von einem Fachmann
gelegt. Die Polizei behauptet, sie sei so angebracht worden, dass auch
ein Durchleuchtungsdetektor sie nicht entdeckt hätte.
Nur wenig fehlte, und ein strategischer
Anschlag hätte eine nationalen Katastrophe herbeigeführt. Sharon hatte
beschlossen, dass die Verlegung der Treibstoffanlage im März d. J.
beginnen soll. Seitdem sind drei Monate vergangen, und nichts ist
geschehen. Die schlimmste Gefahr an dieser Anlage ist die Kombination
von Treibstoff und Gasbehältern unter einem Dach. Diese Kombination
existiert auch in den Raffinerien in Haifa und Aschdod. Alle
Absicherungsempfehlungen wanderten bisher in der Schublade - wegen des
endlosen, historischen Streits zwischen der Israelischen Grund- und
Bodenverwaltung (Minhal Mekarke’ey Israel) und dem
Infrastrukturministerium. Ein Streit, den offenbar selbst Sharon nicht
schlichten kann.
Pi Glilot - und keine Lehren:
Zwischen zwei Farmen
Der versuchte Anschlag
auf Pi Glilot war aus der Sicht der Terrortäter ein Erfolg. Nur ein
regelrechtes Wunder hat um Haaresbreite das Schlimmste abgewendet...
haGalil onLine 04-06-2002 |