
Das Israelfestival bittet
Daniel Barenboim:
Bitte sagen Sie das
Wagner-Konzert ab
Zippi Schochat / haArez
Die öffentliche Leitung des Israelfestivals wird
sich an den Dirigenten Daniel Barenboim, den Sänger Placido Domingo und
die Berliner Staatskapelle mit der Bitte wenden, von der Darbietung des
Wagner Werks im Rahmen des Festivals abzusehen und ein
Alternativprogramm vorzuschlagen.
Die Bitte wird von dem Generaldirektor des Festivals,
Jossi Telgan, und dem künstlerischen Leiter, Micha Levinson, vorgetragen
werden.
Die Entscheidung der öffentlichen Leitung des
Festivals erfolgte nach einer Sondersitzung am letzten Freitag, die als
Reaktion auf den öffentlichen Skandal stattfand, der sich um die
Darbietung des Wagner Werks entwickelt hat. In Israel erweckt dieser
Komponist in vielen Kreisen sehr negative Reaktionen, da er als
Symbol des Naziregimes betrachtet wird, obwohl er viele Jahre
vor der Machtergreifung der Nazis gestorben ist.
Jeder Versuch, Werke Wagners in Israel zu spielen, hat
stets große Aufregung ausgelöst. Vor einigen Monaten, als das Orchester
Rischon Le Zion ein Werk von ihm spielte, hatte es den Anschein, als sei
der Boykott gegen Wagner in Israel aufgehoben. Auch damals wurden
Versuche unternommen, das Konzert zu verhindern, letzten Endes fand es
jedoch wie geplant statt. Es gab einige Zuhörer im Saal, die versuchten,
den Ablauf des Konzerts zu stören, aber letzten Endes haben sie sich
beruhigt, und das Konzert ist in aller Ruhe verlaufen.
Die Tatsache, dass ein staatliches Festival ein Werk
Wagners in Jerusalem zu spielen beabsichtigt, löste ein öffentliches
Echo aus. Letzte Woche erhielt die Festivalsleitung Schreiben vom
Staatspräsidenten, dem Kultusminister, dem Bürgermeister von Jerusalem,
dem Vorsitzenden der Jewish Agency und von zahlreichen Bürgern, mit der
Bitte, von der Darbietung eines Werks des deutschen Komponisten
abzusehen. Als Reaktion wurde die Sondersitzung der öffentlichen Leitung
des Festivals einberufen.
In einer Erklärung betonte die Festivalsleitung, sie
betrachte sich nicht als Zensor und werde auch weiterhin auf die
Bewahrung der künstlerischen Freiheit beim Israelfestival achten. Die
Anfragen seien auf demokratische Weise vorgetragen worden, ohne
irgendwelche Drohungen mit Sanktionen, "und damit sind die Werte der
Demokratie und der künstlerischen Freiheit berücksichtigt worden".
Die Sitzung am Freitag war die dritte, die die
öffentliche Leitung des Festivals in Sachen Wagner abgehalten hat. In
den zwei vorausgegangenen Sitzungen wurde die Frage behandelt, ob Wagner
im Rahmen des Festivals gespielt werden soll, und es wurde mit klarer
Mehrheit dafür entschieden. Jetzt hat die Festivalleitung ihre
Entscheidung zurückgenommen und versucht, eine Lösung für das Problem zu
finden.
Jossi Telgan sagte gestern: "Sollten wir kein
Alternativprogramm finden, dann werden wir zum Ausgangspunkt
zurückkehren, zur öffentlichen Leitung. Ich nehme an, dass bei allen
Seiten guter Wille besteht und sie verstehen, dass hier ein echtes
Problem existiert. Im Moment wurde der Ball in das künstlerische
Spielfeld zurückgegeben. Danach werden wir weitersehen".
Ein Alternativprogramm zu finden, ist keine leichte
Sache. Auch wenn die Bereitschaft bestehen sollte, so muss sich doch
darauf vorbereitet werden, wie zum Beispiel Proben mit dem Orchester.
Die Künstler Daniel Barenboim und Placido Domingo sind äußerst
beschäftigt.
Sollte sich kein Alternativprogramm finden lassen,
wird die öffentliche Leitung des Festivals über den nächsten Schritt
entscheiden müssen: Soll das Wagner Konzert trotz allem stattfinden oder
nicht? Obwohl das Konzert erst in zwei Monaten stattfinden wird und
eines von drei Konzerten unter der Leitung Barenboim ist, ist es das
meist verkaufteste. Bisher wurden über Tausend Karten verkauft.
haGalil onLine 14-05-2001
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