Bürgermeister-Wahlen:
Wer wird Jerusalem erobern?
Sheli Paz
Ein Likudnik, ein Millionär, ein
Orthodoxer, eine Erzieherin, ein Neueinwanderer oder ein Kultureller -
sechs Kandidaten für das höchste Amt der Stadt Jerusalem. Nur die
Labourpartei hatte keinen angesehenen Kandidaten für die Wahlen, die in
der nächsten Woche anstehen, gefunden. Entweder schafft es die gut
laufende Maschinerie des Likud, die Stadt in den Händen der
Regierungspartei zu belassen oder aber das viele Geld, welches der
charismatische High-Tech-Mann investiert, wird ihm das Amt einbringen.
Oder aber einige Umfragen verwirklichen sich und die Orthodoxen machen
Geschichte und erobern zum ersten Mal das Bürgermeisteramt Jerusalems.
Noch fünf Tage bis zu Wahlen und
noch immer ist unklar, wer gewinnt. Sicher ist jedoch, daß es gemäß der
Umfragen wohl zwei Wahlrunden zwischen den beiden derzeit führenden
Kandidaten geben wird - Lupoliansky und Barkat. Den führenden
Einschätzungen in der Stadt nach zu urteilen, stehen die Chancen wohl
sehr gut, daß Lupoliansky seine Kandidatur kurz vor dem Wahltag
zurückzieht, oder aber dies kurz vor der zweiten Wahlrunde tun wird, um
sich dann dem führenden Kandidaten anzuschließen, damit ihm wenigstens
das Amt des Vizebürgermeisters und einige weitere Aufgaben für
Mitglieder seiner Fraktion gesichert werden.
Aber Lupoliansky macht bisher noch
keinerlei Andeutungen über seine Absichten und zeigt sich demonstrativ
siegessicher. Zu bemerken ist, daß er sich die PR-Dienste von Arieh
Shomer, der das Büro von Staatspräsident Weizmann geleitet hat,
angemietet hat. "Mein Gefühl sagt mir, daß die Gläubigen und Säkularen
sich genau der Unterschiede und der Erfahrung der Kandidaten bewußt
sind", erklärt Lupoliansky. "Jerusalem wird stets eine einzigartige
Stadt in ihrer Einheit und Toleranz sein. Es gibt keine weitere Stadt in
der Welt, die ein so breit gefächertes Mosaik an Religionen und
ethnischen Gruppen beherbergt. Ich werde mich dafür einsetzen, daß sich
ein jeder nach seinen freien Bedürfnissen an der Seite der anderen
entfalten kann und nicht auf Kosten der anderen lebt." Darüber hinaus
versichert Lupoliansky, daß er sich für die Einschränkung des
allgemeinen Gefühls der Benachteiligung in der Stadt, für eine bessere
Lebensqualität und “für eine Stärkung des Status der Stadt als
Hauptstadt Israels und Hauptstadt des jüdischen Volkes” einsetzen will.
Mehr Status-Quo läßt sich wohl kaum finden.
Sein Hauptkonkurrent, Nir Barkat,
hat weitere 20 Millionen NIS in seine aggressive Wahlkampagne
investiert. Vor etwa zwei Wochen berief er eine feierliche
Pressekonferenz ein, auf der er sein 69-seitiges Programm vorzustellte.
Das präsentierte Programm ist allerdings nur ein Entwurf, denn die
Fraktion Barkats plant "mit den Bewohnern in einem fortwährenden Dialog
zusammenzuarbeiten", wie er selbst sagt. "Ich kann mit Überzeugung
sagen, die Bewohner Jerusalems sind sich heute sehr klar darüber, daß
die Stadt eine wirkliche Veränderung braucht", sagt Barkat. "Der Grund
dafür, daß ich laut der Umfragen unter den Bewohnern eine so breite
Unterstützung genieße, ist wohl, daß sie wissen, daß ich ihnen wahre,
umsetzbare Lösungen für die Bedürfnisse und Nöte der Stadt biete. Die
brennenden Themen sind momentan die Schaffung von mehr Arbeitsplätzen
und das Ausrollen roter Teppiche vor Investoren, eine Besserung des
Erziehungssystems und die Schaffung von Gleichberechtigung unter allen
Jerusalemer Kindern, einen effektiveren städtischen Apparat, der
Dienstleistungen bietet, die nicht nur dem 'Hausherrn' dienen, und ein
ernsthaftes Bemühen, um die jungen Leute in der Stadt zu halten. Ich bin
überzeugt davon, daß die Bewohner Jerusalems genau unterscheiden können,
wer von den Kandidaten für die Stadt am geeignetsten ist und wer über
die besten Fähigkeiten dafür verfügt. Die anderen Kandidaten haben
bereits jahrelang in hochrangigen Ämtern gedient, ohne auch wirklich
etwas getan haben. Außerdem waren sie mit Schuld, daß sich Jerusalem
heute in der gegenwärtigen Situation befindet."
Zu betonen wäre aber, daß er mit
keinem Wort etwas über die Probleme des Ostteils der Stadt sagt. Auf
sehr noble Weise verpflichtet sich Barkat dann auch noch dazu, daß er
während seines ersten Amtsjahres als Bürgermeister gar kein Gehalt für
sich nehmen wird. An Geld scheint es ihm nicht zu fehlen. (...)
hagalil.com
03-06-03 |