Abstimmung über Zivilehe:
Nashorn und Vogel Strauß
Nadav Eyal, Maariv v. 11.03.2004
Schwer zu sagen, welche Partei ihre Wähler gestern
bei der Abstimmung über zivile Eheschließungen mehr betrogen hat.
Shinui, der "große" Koalitionspartner? Oder die Avoda (zur Erinnerung:
die Opposition)?
Fangen wir bei Shinui an. Hunderttausende von Israelis
wählten Shinui, von welchen sehr viele - das geht aus eigenen Umfragen
der Partei hervor- Personen waren, für die zivile Eheschließungen so
wichtig sind wie die Luft zum Atmen. Viele davon sind nach jüdischem
Gesetz keine Juden, und es gibt auch solche, die ganz einfach keinen
Rabbiner bei ihrer Hochzeit wollen. Shinui hat diesen Leuten alles
versprochen- Busse am Schabbat, Gleichberechtigung beim Wehrdienst und-
zivile Hochzeiten. Von diesen Versprechen wurde kein einziges gehalten.
Und dennoch haben die Führer von Shinui überhaupt kein
schlechtes Gewissen. Tommy Lapid hat wahrscheinlich vergessen, dass er
höchstpersönlich den Entwurf von Pines unterschrieben hat. Das war
damals, vor den Wahlen, bevor er 15 Mandate erhielt und den bequemen
Stuhl des Justizministers.
Es gibt Tatsachen, die selbst die großen Rhetoriker
der Partei nicht vergessen werden: mit Ausnahme der Auflösung des
Religionsministeriums wurde kein einziges Versprechen gehalten. Das ist
die Phase, in der die Shinui-Minister stolz sagen "Aber Shas ist nicht
in der Regierung", und das ist die Zeit, daran zu erinnern, dass der
Beschluss, Shas nicht in die Regierung aufzunehmen, von Sharon getroffen
wurde, nicht von Tommy Lapid. Aus der Sicht Sharons war das übrigens
eine brillante Entscheidung: es gibt keinen gefügigeren Partner als
Shinui.
Bei der Avoda ist die Lage noch fataler. Wie kann man
eine Oppositionspartei sein, wenn der Kopf im Sand steckt. Das Schicksal
gab der Avoda die Gelegenheit, Shinui einen Schlag zu versetzen, der sie
einige Mandate kosten wird, und sie in eine sehr peinliche Situation zu
bringen. Und was machte die Avoda (mit Ausnahme von sieben
Abgeordneten)? Sie schaute nach rechts, nach links und steckte den Kopf
dann tief in den Sand. Vogel Strauß. Alle Möchtegern-Ministerpräsidenten
blieben der Abstimmung fern- Matan Vilna'i, Shimon Peres, Chaim Ramon.
Keiner von ihnen wollte sich mit den Orthodoxen
anlegen, denn die Religiösen, so denkt sich der Vogel Strauß, könnten
der Avoda ja irgendwann noch Stimmen und Mandate liefern. Shimon Peres
weist eine lange Geschichte des Vertrauens in die Orthodoxen auf: Er
wartet wahrscheinlich noch immer auf ihre Stimmen von 1990 und 1996,
oder auf die bei der Präsidentschaftswahl. Wie fasste es Ofir Pines
zusammen, der die Avoda mit den Palästinensern verglich? "Die Avoda
verpasst keine Gelegenheit, eine Gelegenheit zu verpassen".
Koalitionsarithmetik der Knesset:
Gesetzesentwürfe zur Zivilehe
abgelehnt
hagalil.com
12-03-2004 |