Welle der Resignation
Nach den Rücktritten von David Levy und
Rabins Tochter wird wieder einmal über ein Ende der Regierung
Scharon spekuliert
Thorsten Schmitz
Kurz vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause
befindet sich die Koalitionsregierung von Israels Premierminister
Ariel Scharon in einer Zerreißprobe. Zwei Minister resignieren,
andere drohen damit, und die Fraktionen, die in der Regierung
verbleiben wollen, verweigern die Koalitionsdisziplin bei
entscheidenden Abstimmungen – wie die über den Haushalt 2003. Die
mehrheitlich rechts- nationale und religiöse Koalition Scharons –
die größte, die in Israel je gebildet wurde – ist angewiesen auf die
moderateren Stimmen der Arbeitspartei „Awoda“. Scharon braucht die
Tauben, um sich das Wohlwollen der internationalen
Staatengemeinschaft zu sichern. Doch ausgerechnet in der „Awoda“
macht sich seit Wochen immer größerer Unmut breit.
Deutlichstes Beispiel ist der Rücktritt der Tochter des 1995
ermordeten Premierministers Itzchak Rabin. Die als stellvertretende
Verteidigungsministerin amtierende Dalia Rabin-Pelosoff trat aus
Empörung über den Politikstil Scharons zurück, der den
Palästinensern, so Rabin-Pelosoff, „keinerlei Hoffnung“ mache. Doch
um einen Ausgleich zu erreichen oder zumindest ein Ende der seit
fast zwei Jahren andauernden Intifada müsse Israel den
Palästinensern etwas anbieten – die Gründung eines Staates etwa oder
die Evakuierung jüdischer Siedlungen. Die Liquidierung des
Hamas-Führers Salach Schehade und weiterer 14 unbeteiligter
Zivilisten hat ebenfalls zu so großer Empörung innerhalb der „Awoda“
gesorgt, dass Außenminister Schimon Peres gegenüber dem Spiegel
Scharon eine Unfähigkeit zum Frieden attestierte. Zwar dementierte
Peres umgehend, nachdem die Meldung tagelang in israelischen Medien
zitiert worden war. Doch dass die Bombardierung mehrerer Wohnhäuser
von Gaza-Stadt vergangene Woche einen bevorstehenden Gewaltverzicht
von Hamas und Fatach-Milizen zunichte gemacht haben, stritt Peres
nicht ab. Um die Arbeitspartei in der Regierungskoalition zu halten,
hat Scharon Peres die Erlaubnis erteilt, sich in Gesprächen mit
palästinensischen Funktionären um eine Verbesserung der
Lebensumstände zu bemühen. Nur so, heißt es in Israel, sei Peres von
einem Rücktritt abgehalten worden. Da der Außenminister über eine
weltweit gute Reputation verfügt, braucht Scharon Peres.
Dem Premierminister droht allerdings auch auf innenpolitischer Ebene
Ungemach: Die Linken in seiner Koalition nehmen ihm die
Verabschiedung des so genannten Tal-Gesetzentwurfs übel, wonach
Religionsstudenten vom Militärdienst nun offiziell befreit werden
können. In einer pluralistischen Gesellschaft wie Israel, in der
jeder Wehrpflicht leisten muss, wird das als ungerecht empfunden.
Ebenfalls Kritik üben rechte und religiöse Koalitionsmitglieder an
den bevorstehenden Kürzungen für den Haushalt des kommenden Jahres,
der noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Er sieht
drastische Sparmaßnahmen in allen Bereichen vor, nach Ansicht von
Minister David Levy aber ungerecht hohe Kürzungen im Sozialbereich,
während in die Siedlungen Gelder gepumpt würden. Levy zog nun seine
Konsequenz und trat von seinem Posten zurück. Immer öfter taucht in
den Medien ein Datum auf: Neuwahlen im Oktober.
David Levy verlässt die
"Nationale Einheit":
Ein
Gerechter in Sodom
David Levy (Gescher) hat das
Versagen der größten und gleichzeitig erfolglosesten Regierung
in der Geschichte des Staates Israel beim Namen genannt - und
Konsequenzen gezogen...
Ein
Vergleich 1999 - 2002
Wenn heute
Wahlen wären?
Platt ist vor allem die Mitte...
hagalil.com
30-07-02 |