Eine vierte Karriere?
Dr. Arik, Pathologe
Aus einem Kommentar von Nachum Barnea, Jedioth achronoth
Ich habe eine freudige Nachricht für alle Fans unseres
Ministerpräsidenten. Bisher wussten sie, dass er erfolgreich drei
Karrieren vereinigt: Landwirt, General und Politiker. Sie wussten jedoch
nicht, dass er sich heimlich eine vierte Karriere angeeignet hat: Arzt,
genauer gesagt Pathologe.
Der Premier gab vor Kurzem bekannt, öffentlich und auch in
Privatgesprächen, dass sich innerhalb eines halben Jahres eine positive
Wende in den israelisch-palästinensischen Beziehungen vollziehen wird.
Er fundierte seine Prophezeiung nicht auf eine neue amerikanische
Initiative, auch nicht auf Meldungen über einen Zusammenbruch der
Terrororganisationen.
Nein, Sharon glaubt an die Pathologie. Er las ein Geheimdienstpapier, in
dem der Gesundheitszustand Arafats als äußerst schlecht bezeichnet wird.
Daraus schloss er, dass Arafat zum Sterben neigt. Innerhalb kürzester
Zeit, allerhöchstens in sechs Monaten, wird er verschieden sein. Und
dann brechen selbstverständlich messianische Zeiten an: der Wolf wird
mit dem Schaf wohnen, der Tiger mit dem Lamm und der Studentenchor aus
Bir-Sait wird zweistimmig "Arik, König Israels" singen.
Es kann sein, dass Arafat im Sterben liegt. Vielleicht aber auch nicht.
Keiner weiß das so genau. Beunruhigend an dieser Frage ist jedoch die
Tatsache, dass sich die Strategie des Staates Israel heute auf den
Gesundheitszustand eines alten Mannes stützt, der in der Mukata
Hausarrest hat. Glaubt Sharon denn wirklich, dass alles, was uns heute
von einem ewigen Frieden mit dem palästinensischen Volk trennt, die
Beerdigung Arafats ist? Denkt unser Premier tatsächlich so vereinfacht?
Kaum. Es ist eher anzunehmen, dass das Gerede über die kurz
bevorstehende Wende ein weiteres Ablenkungsmanöver auf dem Weg nach
nirgendwo ist. Sharon baut nicht auf den Tod Arafats, sondern auf die
Festsetzung vollendeter Tatsachen vor Ort. So verhielt er sich sein
ganzes Leben lang. Sein Ziel hat sich seit mindestens 20 Jahren nicht
verändert: die Verewigung der israelischen Besatzung in mindestens der
halben Westbank, die Pflege seines Spielzeugs, der Siedlungen, im Herzen
der Westbank und Gazas und das Abdrängen der palästinensischen
Bevölkerung in zwei Mini-Kantone, deren Abhängigkeit von Israel total
ist. Eines hat sich bei ihm geändert: wenn er Anfang der 80-er Jahre,
als er im Verteidigungsministerium saß, versuchte, den palästinensischen
"Dörferverband" als Alternative für eine selbständige palästinensische
Herrschaft voranzutreiben, so ist er jetzt bereit, dieses Modell "Staat"
zu nennen.
Das Gerede um das bevorstehende Ableben Arafats hat eine positive
Begleiterscheinung: die Minister hörten auf, von der sofortigen
Notwendigkeit seiner Ausweisung mit Panzern (Mofas) oder Entfernung mit
F-15 (Liebermann) zu sprechen. Die Verantwortung für die Entfernung
Arafats hat nun der Allmächtige übernommen. Zum Glück wird dessen
Handlungsweise nicht von Populismus bestimmt.
Spekulationen um Arafats Nachfolge:
Das
blutige Erbe
Die Eskalation in den Gebieten und die Meldungen über die
Krankheit Arafats verstärkten in der letzten Zeit die Spekulationen über
den Abtritt des 74-jährigen Ra’is...
hagalil.com
29-10-2003 |