Scharon und Arafat:
Sehnsucht nach Clinton?
Das große Plus von Präsident Bush war,
dass er genau das Gegenteil von Clinton sein wollte, und sich nicht mit
einem gesunden Kopf in das kranke Bett des Nahen Ostens legen wollte.
Das hat den Plänen Sharons genau entsprochen: Einerseits wurde er nicht
zu politischen Verzichten aufgefordert, die ihn in politische
Schwierigkeiten gebracht hätten, und andererseits wurden seine
militärischen Maßnahmen gegen die Palästinenser unterstützt, solange sie
nicht von den Grenzen des guten Geschmacks abwichen, die von den
Amerikanern festgesetzt wurden.
Das State Department war zwar zunehmend
über den Schaden besorgt, den diese Haltung der Position der USA in der
arabischen Welt zufügte, aber bis zum 11. September neigte Bush dazu,
die Warnungen, die er von seinen besorgten Diplomaten erhielt, in die
Schublade zu legen. Bush war eher von der politischen Unterstützung
Israels durch den Kongress beeindruckt, und er gab sich keinerlei Mühe,
die Araber zufrieden zu stellen.
All dies hat sich nach dem Angriff Bin
Ladens, geändert. Einerseits wurde die arabische Unterstützung Amerikas
über Nacht zu einem akuten strategischen Interesse der amerikanischen
Regierung, und andererseits hat der Einfluss der Juden und des Kongress
im Hinblick auf die um ihren Präsidenten vereinte amerikanische Nation
erheblich abgenommen. Trotz Sharons Vergleichs Bin-Laden/Arafat richtet
sich der amerikanische Krieg gegen Bin Laden, nicht gegen Arafat.
Israel war über das Tempo erstaunt, mit
dem sich die Haltung in Washington änderte. Sharon, das muss man ihm
zugute halten, hat dies gleich zu Beginn erkannt. Schon einige Tage nach
dem Anschlag in New York und Washington warnte Sharon die Amerikaner,
Israel werde nicht zulassen, dass der Preis für die Bildung der
Antiterrorkoalition mit israelischer Münze gezahlt werde (siehe
Tschechoslowakei-Vergleich). Das hat die Amerikaner jedoch wenig
beeindruckt, und sie haben eine entschlossene Umwerbungskampagne in den
arabischen Staaten gestartet, wobei sie auch ein verstärktes Engagement
im israelisch-palästinensischen Konflikt einsetzten.
Das Engagement der Amerikaner in Nahost
wurde aber bald wieder schwächer, je erfolgreicher die Aktionen in
Afghanistan liefen und je schwächer und unzuverlässig sich Arafat
zeigte. Viel hängt nun davon ab, wie sich der amerikanische Kampf gegen
Bin Laden und seine Helfer weiter entwickeln wird. Sollte die
anfängliche amerikanische Tendenz wieder aufgenommen werden, wird sich
die israelische Rechte unter Führung Sharons vielleicht sogar einmal
nach Clinton und den Demokraten zurücksehnen und rufen "wenn man uns
schon umbringt, dann wenigstens sanft".
haGalil onLine
23-12-2001 |