Lauthals Singen:
Ein politischer Zirkus
Über die verstärkte Lust am gemeinsamen Singen von
Volksliedern stellte Jedioth achronoth in der letzten Woche eine
Untersuchung an. Ist dieses kulturelle Phänomen Ausdruck einer
Wiedervereinigung der israelischen Gesellschaft? Ist es die säkulare
Alternative für Gebete? Ist es eine Kriegsfanfare, ein Schrei der
Angst oder eine Orgie des Vergessens?
Es dürfte von allem etwas sein, und so wurde auch
beim Parteitag der Awodah viel gesungen. Abgesehen vom hebräischen
Liedgut, gab es aber nicht viel, worüber man sich einigen konnte.
Spannung, Nervosität, Unruhe und gegenseitige Vorwürfe waren
Ausdruck tiefer Dissonanzen. Eineinhalb Monate vor der Wahl des
neuen Parteivorsitzenden war das Wetzen der Schwerter deutlich zu
vernehmen. Fuad Ben-Elieser wurde von seinen Rivalen attackiert, und
es gelang ihm nicht, eine Abstimmung für den Staatsetat
herbeizuführen.
Der Aufstand der Lämmer
Chaim Ramon, sein Rivale
um den Vorsitz, forderte den Austritt aus der Regierung: "Wir alle
wissen, was das Ende der Lämmer auf Sharons Farm ist. Ich möchte
kein solches Ende für die Avoda", rief er den Delegierten zu.
Sima Kadmon kommentierte in Jedioth: "Zweifelsohne
war Ramon gestern der große Sieger. Nicht nur wegen seiner
„Lämmer-Rede“. Wenn Ramon gestern versuchte, zu seinen großen Tagen
zurückzukehren, dann ist ihm das gelungen. Ramon konnte siegen, weil
er den Mut zu einer entschlossenen Rede hatte, und entgegen aller
Erwartungen hat der Parteitag sie akzeptiert.... Ramon hatte gestern
nichts zu verlieren, da das Wettrennen um den Parteivorsitz ja fast
nur zwischen Fuad und Mitzna ausgetragen wird. Um sich von dem
beliebten Fuad und dem geschätzten Mitzna abzuheben, mußte er eine
oppositionelle Rede halten. Er wußte genau, dass eine solche Rede
leicht dazu führen könnte, die kurze Sicherung der Abgeordneten
durchbrennen zu lassen. Aber, wie gesagt, ist dies entgegen aller
Erwartungen nicht passiert. Das war ganz einfach nicht Fuads
Parteitag".
In seiner Rede, die den Parteitag abschloss,
kapitulierte Ben-Elieser an allen Fronten. Nicht nur, dass er
letzten Endes auf eine Abstimmung über den Staatsetat verzichten
musste, er verpflichtete sich sogar dazu, unverzüglich alle
illegalen Siedlungen zu räumen.
Die „Soziale Agenda“, von der man in der Avoda so
viel spricht, kann keine effektive Waffe sein, um wieder an die
Regierung zu kommen. Die Sozialpolitik benötigt eine gründliche
Renovierung, aber wirtschaftliche und soziale Fragen haben den
israelischen Wähler noch nie motiviert. Die Sicherheit ist für uns
das wichtigste Thema.
Daraus ergibt sich, dass die Avoda aus der
Regierung austreten und für den Staatsetat stimmen muss. Zu der
ersten Maßnahme ist sie verpflichtet, da sie die Vision der Annexion
ablehnt, zu der zweiten wegen ihrer Verantwortung für die Wirtschaft
des Landes. Fuad macht den Fehler, dass er an seinem Stuhl festhält.
Ramon macht den Fehler, dass er den Etat ablehnt. Mitzna macht den
Fehler, dass er zögert, einen Austritt zu empfehlen. Drei Führer,
die Fehler machen, ist zu viel für eine Partei, die Probleme hat.
Die nächsten Umfragen werden zeigen, ob der Avoda
Parteitag ein Wendepunkt bei der Kandidatur um das Amt des
Parteivorsitzenden war, oder nur ein einmaliger und zauberhafter
Abend für Chaim Ramon.
Klar ist, dass im Dezember
Shimon Peres zum Parteipräsidenten ernannt werden wird. Fuad: „Dies
ist ein Amt ohne Befugnisse, aber Peres wird der spirituelle Hirte
der Partei sein.“
Weder Einheit, noch Erfolg:
Die Awodah hat
keinerlei Einfluss in Scharons Regierung
hagalil.com
06-10-02 |