Behauptungen und Tatsachen:
Der Golfkrieg
Behauptung:
"Saddam Hussein hatte zu keinem
Zeitpunkt Interesse am Besitz oder Erwerb von Atomwaffen".
Im Jahr 1981 gewann Israel die Überzeugung, dass der Irak dicht
davor stand, Nuklearwaffen herzustellen. Um dem Bau einer Waffe
zuvorzukommen, die ohne Zweifel gegen ihr Land eingesetzt werden
würde, unternahmen die Israelis einen Überraschungsangriff, bei dem
der Osirak-Nuklearkomplex zerstört wurde. Israels Verhalten wurde
damals heftig kritisiert, und am 19.Juni wurde der Angriff vom
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen einmütig verurteilt. Kritiker
bagatellisierten die Bedeutung des irakischen Nuklearprogramms;
ihrer Ansicht nach waren Israels Befürchtungen unbegründet, weil
Bagdad den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet hatte und sich mit
der Inspektion seiner nuklearen Einrichtungen einverstanden erklärt
hatte.
Erst nach der Invasion des Irak in Kuwait gaben amerikanische Politiker
öffentlich zu, dass Bagdad an der Entwicklung von Nuklearwaffen arbeitete
und dass es diesem Ziel sehr viel näher war, als man geglaubt habe. Wieder
wandten Kritiker ein, die amerikanische Regierung suche lediglich nach einer
Rechtfertigung für einen Krieg.
Monate später, nachdem die alliierten Streitkräfte die Zerstörung der
Nuklearanlagen des Irak bekannt gegeben hatten, stellten Inspekteure der
Vereinten Nationen fest, dass Saddams Waffenentwicklungsprogramm weit
umfangreicher war, als selbst die Israelis geglaubt hatten. Man war
allgemein davon ausgegangen, dass der Irak nicht in der Lage sei, Uran für
den Bau von Atombomben anzureichern, doch Saddams Wissenschaftler bedienten
sich zu diesem Zweck verschiedener Methoden (einschließlich einer angeblich
veralteten), die, wie man seither annahm, es dem Irak ermöglichten,
mindestens eine Bombe zu bauen.
Behauptung:
»Die PLO verhielt sich im Golfkneg neutral.«
Die PLO, Libyen und der Irak waren die Einzigen, die die Resolution der
Arabischen Liga, die den Rückzug des Irak aus Kuwait forderte, ablehnten.
Die Führung der Intifada schickte Saddam Hussein ein Glückwunschtelegramm,
in dem die Invasion Kuwaits als erster Schritt zur »Befreiung Palästinas«
bezeichnet wurde.24
Der PLO-Führer Jassir Arafat spielte eine entscheidende Rolle bei der
Torpedierung eines arabischen Gipfeltreffens, das in Saudi-Arabien
stattfinden sollte und dessen Teilnehmer sich mit der Invasion befassen
wollten. Arafat, so berichtete die New York Times, »lenkte die
Aufmerksamkeit von dem geplanten Treffen ab und half mit, es scheitern zu
lassen«, indem er plötzlich mit einem »Friedensplan« in Ägypten auftauchte,
den sich der libysche Diktator Muammar Qaddafi ausgedacht hatte.25
Nach einem Augenzeugenbericht von Ibrahim Nafei, dem Herausgeber der Zeitung
Al-Ahram, legte Arafat sich auf dem im August stattfindenden Treffen der
Arabischen Liga schwer ins Zeug, um einen wie auch immer gearteten
anti-irakischen Beschluss zu verhindern. Er »ging von Delegation zu
Delegation, Arm in Arm mit dem irakischen Außenminister Tariq Aziz, der
einigen Delegierten der Golfstaaten und anderer arabischer Länder offen
drohte, dass der Irak in ihren Ländern keinen Stein auf dem anderen lassen
würde«, schrieb Nafei.26
In der jordanischen Hauptstadt Amman kündigte ein PLO-Sprecher an, dass
palästinensische Kämpfer im Jemen eingetroffen seien. »Sie sollen
Selbstmordanschläge gegen die amerikanischen Truppen in Saudi-Arabien
durchführen, falls die Amerikaner den Irak angreifen«, erklärte er. »In
Kuwait und im Irak stehen über 50.000 palästinensische Kämpfer, die die
irakischen Interessen verteidigen werden."27
Abdul Abbas, ein Angehöriger des Exekutivkomitees der PLO, drohte, dass
»jedes amerikanische Ziel verwundbar würde«, sollten die Vereinigten Staaten
den Irak angreifen.28
In Jenin marschierten am 12. August 1000 Palästinenser auf und
skandierten: »Unser Held Saddam, greif Israel mit chemischen Waffen an.«"
Gewissen Quellen zufolge spielte die PLO eine aktive Rolle bei der
Eroberung Kuwaits durch den Irak. Die logistische Planung für die irakische
Invasion gründete sich zumindest teilweise auf Informationen, die
PLO-Spitzel und ihre Helfershelfer vor Ort zusammengetragen hatten. Im
Londoner Independent wurde ein arabischer Diplomat zitiert, der
sagte, dass irakische Offiziere sich nach der Ankunft in Kuwait
»schnurstracks in die Häuser der Kollaborateure begaben, sie packten und
ihnen befahlen, an die Arbeit zu gehen«. »Der irakischen Botschaft lag eine
Liste von kuwaitischen Entscheidungsträgern vor«, sagte der Diplomat, »aber
wer hat ihnen geholfen? Wer waren die Fachleute, die Seite an Seite mit den
Kuwaitis arbeiteten und alle nötigen Informationen besaßen?«, fragte er.
»Die Palästinenser.«30
Die führenden Persönlichkeiten der israelischen Friedensbewegung gaben
ihrem Abscheu vor dem Verhalten der PLO Ausdruck. Man brauchte eine
Gasmaske, um den »Ekel erregenden, giftigen Gestank« der Haltung der PLO
gegenüber Saddam Hussein zu ertragen, sagte Yossi Sarid.31
Ein anderer Aktivist für den Frieden, Yaron London, schrieb in einem offenen
Brief an die Palästinenser in den besetzten Gebieten: »In dieser Woche habt
ihr mir gezeigt, welch ein Narr ich jahrelang war. Wenn ihr mich das nächste
Mal um meine Unterstützung eurer "legitimen Rechte" bittet, werdet ihr
feststellen, dass eure Anfeuerungsrufe für Saddam meine Ohren verstopft
haben.«32
Als die Vereinigten Staaten anfingen, Truppen in Saudi-Arabien
zusammenzuziehen, sprach Arafat von einem »neuen Kreuzzug«, der »größte
Gefahr und schweres Unglück für unsere arabische und islamische Nation
bedeutet«. Und er hielt nicht mit seiner Position in diesem Konflikt hinter
dem Berg: »Wir können dem Zionismus und seinen imperialistischen
Verbündeten, die heute ihre Panzer und Flugzeuge, ja ihre ganze hoch
technisierte, moderne Kriegsmaschinerie gegen unsere arabische Nation mobil
machen, nur mit Feindseligkeit begegnen.«33
Nach Ausbruch des Krieges bekräftige das Exekutivkomitee der PLO seine
pro-irakische Haltung: »Das palästinensische Volk steht fest an der Seite
des Irak.« Am folgenden Tag schickte Arafat Saddam eine Botschaft, in der er
den irakischen Kampf gegen die »amerikanische Diktatur« verherrlichte und
den Irak als »Verteidiger der arabischen Nation, der Muslime und freien
Männer auf der ganzen Welt« bezeichnete."
Arafats Begeisterung für Hussein erlosch auch nach dem Ausgang des
Krieges nicht. »Ich möchte diese Gelegenheit ergreifen, erneut zum Ausdruck
zu bringen, dass wir stolz sind auf die Bande der Bruderschaft und des
gemeinsamen Schicksals, das uns verbindet«, sagte er im November 1991. »Wir
wollen zusammen arbeiten bis zum Sieg und zur Befreiung Jerusalems.«35
Mideast Mirror, 6.August 1990.
New York Times, 5. August 1990.
Al-Ahram, 12. August 1990.
UPI, 10. August 1990.
Reuters, 4. September 1990.
Associated Press, 12. August 1990.
Jerusalem Post, 5. August 1990.
Ha'aretz, 17. August 1990.
Yediot Achronot, August 1990.
Saut al-Sha'b, 4. September 1990.
Agence France-Presse, 26. Februar 1991.
Behauptung:
»Im Golfkrieg wurde deutlich, warum die arabischen Staaten mehr
amerikanische Waffen brauchen,«
Vor der Invasion Kuwaits besaß der Irak eine der größten und
bestausgerüsteten Armeen der Welt. Keiner der Golfstaaten hätte den Irakis
ohne amerikanische Intervention den Krieg erklären können. Kuwait ist ein
winziges Land, das Waffen im Wert von fünf Milliarden Dollar erhalten und
doch zu keinem Zeitpunkt auch nur die geringste Chance hatte, den Irak
aufzuhalten.
Auch an Saudi-Arabien hatten die Vereinigten Staaten in den letzten zehn
Jahren Waffen und Ausrüstung im Wert von über 40 Milliarden Dollar
geliefert, und trotzdem hätte auch dieses Land eine irakische Invasion nicht
verhindern können - eine Erkenntnis, die König Fahd letztlich bewog, der
Stationierung amerikanischer Truppen in seinem Land zuzustimmen. Keine noch
so umfangreiche Militärhilfe kann die geringe zahlenmäßige Stärke der Heere
in diesen Staaten wettmachen.
Die Schnelligkeit, mit der der Irak Kuwait überrannte, machte darüber
hinaus deutlich, wie leicht amerikanische Waffen in feindliche Hände geraten
können. So erbeutete der Irak in Kuwait zum Beispiel 150 amerikanische
HAWK-Flugabwehrraketen und mehrere mit Geschützen bestückte Fahrzeuge.
Baghdad Republic of Iraq Radio Network, 16 November 1991
DER GOLFKRIEG 1991
Aus dem Buch Behauptungen und Tatsachen,
von Bard, Mitchell G., ersch. im Hänssler Verlag, 2002, Taschenbuch,
800 S., ISBN 3775138560, EUR 9,95.
hagalil.com
11-03-2003 |