
Justiz und Politik:
Das absurde Theater Belgiens
Seffi Hendler, M'ariw
Die Intifada drang vorgestern in
den "Palast der Gerechtigkeit" in Brüssel ein, und der Anblick ließ sich
in keinster Weise mit der entspannten europäischen Realität vereinbaren.
Belgische Anwälte mit gestärkten, weißen Hemdkragen diskutierten in
französisch über den israelisch-palästinensischen Konflikt. Durch die
langen Korridore eilten israelische Terroropfer und palästinensische
Überlebende von Sabra und Shatila, die vor den Kameras in Tränen
ausbrachen.
Die beste juristische Show in Brüssel?
Vielleicht. „Wir sollten lieber zuerst die belgischen Aktenberge
bearbeiten“, sagte nervös ein belgischer Angeklagter, der zufällig an
der nahöstlichen Aufregung vorbeikam. Aber zur Stunde hat man in Belgien
wohl beschlossen, die Akten des brennenden Nahen Ostens vorrangig zu
behandeln.
Am besten wurde dieses absurde
Schauspiel von einem fülligen belgischen Anwalt mit weißem Bart
symbolisiert, der die Israelis freundlich mit „Schalom“ begrüßte und
sich dann als „Anwalt von Fidel Castro“ vorstellte. Ja, ja, auch Fidel
wurde in Belgien wegen Verbrechen gegen die Menschheit verklagt. Sein
Anwalt verfolgt aufmerksam die Verhandlungen über die Akte Sharon. „Ich
stehe mit dem Anwalt Ihres Ministerpräsidenten in Kontakt“, verriet er
und fügte schmunzelnd hinzu: „Man könnte fast sagen, dass Castro und
Sharon zu Kriegskameraden wurden- im juristischen Sinn natürlich.“
Zwischen Kuba, Israel und dem Libanon geht der Vorhang des absurden
Theaters Belgiens jetzt erst hoch. Die nächsten Akte werden sicherlich
genauso faszinierend sein.
Antisemitische Antijugoslawen?
Den Belgiern fällt es schwer zu
verstehen, was die Israelis bei der Affäre des Prozess gegen Ariel
Sharon eigentlich wollen. Die Israelis haben das Thema ja selbst
ausdiskutiert, Sharon für seine Taten verurteilt und sogar verhindert,
dass er als Verteidigungsminister fungieren kann. Warum ist dann den
Belgiern verboten, was den Israelis erlaubt ist? Und warum soll ein
Prozess gegen Milosevic anders sein als einer gegen Sharon? Sind die
Belgier nicht nur antisemitisch sondern auch antijugoslawisch?
Es hat keinen Sinn, die Motive der
Belgier erraten oder beurteilen zu wollen. Die Diskussion muss auf
prinzipieller Ebene stattfinden. Das belgische Gericht hat beschlossen,
sich mit dem Mann zu befassen, der heute die israelische Seite des
Konflikts mit den Palästinensern anführt. Ihm gegenüber steht ein Mann,
der ebenfalls verklagt wurde, Jasser Arafat...
Die Beschäftigung mit der
Vergangenheit dieser beiden Männer ist das letzte, das die Region heute
braucht, um auf die Schiene der Versöhnung zurückzukehren. Das wird,
wenn überhaupt, nur auf politischer Ebene geschehen. Und deshalb ist die
Behauptung der Belgier, es handle sich hier um einen juristischen
Schritt, der nichts mit Politik zu tun habe, mehr als scheinheilig.
Belgische Richter wollen sich im Januar 2002 erneut
treffen:
Entscheidung zur
Klage gegen Scharon vertagt
haGalil onLine
30-11-2001 |