Stephan Heym, Journalist, Politiker
und vor allem ein großer Schriftsteller, ist im Dezember 2001 bei einem
Besuch in Israel verstorben.
Stephan Heym:
Ein kompromißloser Kampf
Ran Hacohen, Jedioth
Heym ist aus seiner Sicht zu einem
schlechten Zeitpunkt und einem schlechten Ort gestorben. Er ist 1913 in
Deutschland als Sohn einer jüdisch-liberalen Familie geboren. Schon 1931
wurde er wegen seiner anti-militaristischen Meinungen aus dem Gymnasium
geworfen. Nach zwei Jahren, als die Nazis die Macht ergriffen, floh er
in die Tschechoslowakei.
Im Jahre 1935 nahm sich sein Vater das
Leben, und der Rest der Familie wurde in Konzentrationslagern
umgebracht. Heym selbst gelangte zu derselben Zeit in die USA, trat der
amerikanischen Armee bei und begann, seine Bücher in englischer Sprache
zu schreiben. In vieler Hinsicht wertete er die USA als seine neue
Heimat.
Die Romanze mit den USA war jedoch von
kurzer Dauer. „Die Amerikaner sind schrecklich provinziell“, sagte er...
Dies war während des Korea-Krieges... Heym kehrte nach Deutschland
zurück, jedoch in die DDR. Warum nicht in die Bundesrepublik? „Ich
wollte aus Amerika weg, dann werde ich doch nicht in eine amerikanische
Kolonie fahren“, erklärte er.
Obwohl er ein erklärter Sozialist war,
weigerte er sich, der Regierungspartei der DDR beizutreten, und immer
wieder hatte er Schwierigkeiten mit der Zensur und mit den
kommunistischen Diktatoren. Seine Bücher wurden vor allem im Westen
veröffentlicht, und sie hatten weltweite Erfolge.
...Wie bekannt war auch die DDR nicht
von Dauer, aber ihr Zusammenbruch änderte nichts an Heyms
Weltanschauung. Im Gegenteil. Er war über die Kauflust der Ostdeutschen
im Westen schockiert, wie auch über die destruktive Kontrollübernahme
des Westens über den Osten. Er schloss sich nicht der PDS an, wurde
jedoch in ihrem Namen in den Bundestag gewählt. Als Ältester des
Bundestags hielt er 1994 eine derart kritische Rede, dass die Rechte
demonstrativ nicht applaudierte (so wird Protest im deutschen Parlament
zum Ausdruck gebracht).
Heym besuchte Israel diesmal, um an
dem Heinrich-Heine-Kongress in Jerusalem teilzunehmen. Obwohl er
Sympathien für Israel hegte und es oft besuchte, mußte jeder, der
versuchte, auch ihn in die Reihen unseres Kampfes einzugliedern, herbe
Enttäuschungen einstecken. „Die Politik der Nationalisten in Israel
ekelt mich an. Ihr mangelndes Verantwortungsbewußtsein wird noch dazu
führen, dass den Juden wieder Übles widerfahren wird,“ sagte er noch
während der ersten Intifada. Weiter sagte er: „Falls der
palästinensische Aufstand andauern wird -und er kann nicht mit Gewalt
gestoppt werden- wird es katastrophale Entwicklungen geben.“
Stephan Heym starb zu einem Zeitpunkt,
da sich die amerikanische Demokratie auf einem Tiefpunkt befindet, und
wenige Wochen nachdem Deutschland beschlossen hat, Truppen außerhalb
seiner Grenzen einzusetzen, erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg. Er
starb an den Ufern des Toten Meeres, nur wenige Meter von der Arena der
„katastrophalen Entwicklungen“ entfernt, die er vorausgesehen hat.
haGalil onLine
25-12-2001 |