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Antikriegsdemonstration, 17. März 2003:
Redebeitrag von ARAS MAROUF - Kurdin, Nordirak

"Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,

Wie viele von euch haben einen Krieg erlebt, wie viele von euch sind im Krieg geboren und gewachsen, wie viele haben Kinder und Erwachsenen in den Augen geschaut während sie sich vom Leben auf grausamste Art und Weise verabschieden müssten, wer von euch war auf der Flucht, ein ganzes Leben auf der Flucht, in der Hoffnung die Heimat wiederzusehen, wer hat auf der Flucht die liebsten Menschen aus eigener Familien sterben sehen und selbst mit dem Leben davon gekommen ist? Ich habe das erlebt! Und nicht nur ich, sondern auch viele Irakis Der Krieg im Irak ist allgegenwärtig!

Von Henri Barbusse gibt es einen eindrucksvollen Satz. Er lautet: "Zwei Armeen, die gegeneinander kämpfen, sind eine große Armee, die sich selbst umbringt." Bei allem Respekt vor denen, die wie Henri Barbusse vom aktiven Kriegsteilnehmer zum noch engagierteren Kriegsgegner wurden - was der französische Autor zum Ausdruck bringt, ist nur eine Hälfte der Wahrheit. Denn wo gekämpft wird, werden immer auch Zivilisten getötet. Das ist die andere Hälfte der brutalen und blutigen Wahrheit. Gestern vor 15 Jahren geschah in meiner Heimat Kurdistan, in der Provinz Suleymania, in der Stadt Halabja, ein Mord, nur ein Mord an 5.000 Zivilisten. Kinder, Frauen, Männer, ließen in der Stadt Halabja qualvoll ihr Leben in einer Giftwolke aus Senfgas oder Sarin. Alte, Kranke, Schwangere, Babys Behinderte erstickten. Zehntausende wurden krank und starben später an den Folgen des Gasangriffs.

Heute leben dort viele Jungen und Mädchen im Alter unserer Kinder, die damals - ungeboren - im Mutterleib geschädigt wurden, mit schlimmen Missbildungen. Wer am 16. März vor den heranfliegenden Bombern am frühen Morgen noch fliehen konnte, fand später von seinem Haus nur noch Trümmer vor, die irakischen Truppen walzten fast alles mit dem Bulldozer nieder. Halabdja ist am 16. März 1988 zu einem Sinnbild für die Tyrannei im Irak geworden. Wir wollen heute Abend an die Opfer erinnern. Aber auch an die Täter. Das Massaker war Teil eines noch größeren Wahnsinns: Bei insgesamt acht der Al-Anfal- Aktionen vernichtete das Regime Saddam Husseins 180.000 Kurdinnen und Kurden, 4000 Dörfer und Städte wurden dem Erdboden gleichgemacht.

Die systematische Vernichtungsaktion der Baathpartei gegen Kurden lief vom Frühjahr 1987 bis zum Herbst 1988. Am Ende waren 80 Prozent der kurdischen Dörfer zerstört. Die ländliche Bevölkerung wurde zusammengetrieben, Jungen und Männer zwischen 15 und 50 Jahren wurden auf Lastwagen abtransportiert. Sie sind nicht mehr aufgetaucht. Erinnert Sie vielleicht dieses Bild an Bilder aus eigener Geschichte? Das Drama in Nordirak erregte in Europa kaum die Gemüter. Allenfalls die schrecklichen Bilder der Leichen von Halabdja ließen die Medien und die Öffentlichkeit eine Zeitlang aufhorchen. Diskussionen über deutsche Lieferungen für die Giftgasproduktion verebbten aber schnell. Das Thema Halabdja gehört heute Abend hierher. Das darf nicht im Hintergrund rücken!!

Im gesamten Irak hat das Regime Saddam Husseins unzählige Verbrechen an der eigenen Bevölkerung verübt. Die Menschen des Südiraks wurden nach der Niederschlagung der Volksaufstände grausam dafür bestraft, dass sie sich gegen ihre Unterdrücker erhoben. 40.000 Menschen wurden ermordet, zehnmal so viele aus ihren Dörfern vertrieben oder deportiert. Die südirakischen Marschen, ein natürliches Sumpfgebiet in der Größe des Bundeslandes Hessen, wurden trockengelegt, den Bewohnern die Existenzgrundlage entzogen, ihre Siedlungen mit Napalm bombardiert. Tausende Menschen werden überall im Land unter furchtbaren Bedingungen in Haft gehalten. Kurden und Araber, Assyrer, Yeziden & Turkmenen, Suniten, Schiiten und Christen. In den Gefängnissen wird gefoltert und willkürlich getötet.

16.000 Namen hat Amnesty International gesammelt von Menschen, die einfach "verschwanden". All dies ist noch nicht Vergangenheit, all dies ist im Bewusstsein aller Iraker jeden Tag präsent. 23 Millionen Irakis sterben seit 30 Jahren jeden Tag mehrmals.

Hunderttausende Irakis wurden ermordet, 4 Millionen sind Flüchtlinge und 1, 5 Millionen sind innerhalb des Irak zwangsweise umgesiedelt worden. Das ist der alltägliche Krieg, den wir seit über dreißig Jahren erleben.

Am 15. Jahrestag des Verbrechens hoffen wir darauf, dass Sie ein zweites Halabja nicht zulassen werden Für Kurden ist Saddam Hussein trotz Flugverbotszone ein unkalkulierbares Risiko, von dem der Irak befreit werden muss.

Wir haben Frieden und Freiheit verdient.

Wer über Krieg und Alternativen redet, muss auch die Perspektive dieser Menschen einnehmen können. Das ist eine Botschaft von Halabja. Saddam Hussein verdient weder Schonung noch Rücksichtnahme, Zu einer konsequenten Friedenspolitik gehört auch, dass Giftgastäter vors Kriegsverbrechertribunal gestellt werden Das irakische Volk will Frieden, und der ist nur durch einen Regimewechsel und durch Entbaathifizierung zu erreichen. Hätten Europäer und Amerikaner in ihrer Irakpolitik ein gemeinsames Ziel, hätten sie auch einen gemeinsamen Weg gewählt. Aber ihn wird es nun nicht geben, da zu unterschiedliche Interessen im Spiel sind.

Aber es geht auch um die Interessen des irakischen Volkes.

In unserem Land herrscht seit 30 Jahren Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Hundertausende sind ihm zum Opfer gefallen; Saddam an der Macht zu lassen, hieße auch, sich für die Fortsetzung dieses Krieges zu entscheiden.

Halabja, hat für uns heute schließlich eine dritte Botschaft: Bitte treibt jetzt die Hilfsmaßnahmen für die Bevölkerung voran, die seit Wochen wieder auf der Flucht sind- nicht nur in Kurdistan. Wer aus taktischen Gründen noch zögert, macht sich schuldig an der drohenden humanitären Katastrophe.

Aras Marouf

Vor 15 Jahren:
Giftgasangriff auf Halabja

Am 16. März 1988 flog eine Formation irakischer Kampfflugzeuge die kurdische Stadt Halabja an. Geladen hatten sie Kampfgas aus deutscher Produktion...

Wadi e. V.
wadi.org@epost.de,
www.wadinet.de

hagalil.com 21-03-2003

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