Die deutsche
Friedensbewegung ist blind für den politischen Terror im arabischen
Nahen Osten. Sie kämpft gegen die USA - und blendet völlig aus, dass
der Irak im Zentrum jener Region der Welt liegt, die sich jeder
Demokratisierung verweigert.
Von Eldad Beck
Die Friedensbewegung demonstriert für
den Irak - und gegen die USA. Von ihr gab es jedoch
keine Demonstration, als Nordkorea seine Entscheidung bekannt gab,
die internationalen Verträge gegen die Verbreitung von
Massenvernichtungswaffen zu kündigen. Dass dieser Akt eine nukleare
Bedrohung bedeutet, scheint sie nicht zu interessieren. Genauso wie
die Leiden der Christen in arabischen Ländern (Libanon, Sudan oder
Ägypten) die Kirchen kalt lassen. Wie wäre es mal, gegen den Mord an
Juden durch Selbstmordattentäter in Israel zu demonstrieren? Es ist
offenbar besser, Mitglieder der Hamas und Hisbollah auf
Friedensmärschen "Tod den Juden" brüllen zu lassen.
Warum gibt es keine Demonstrationen der
Friedensbewegung zugunsten der Demokratie und Menschenrechte in der
arabischen und muslimischen Welt? Verdienen Araber und Muslime etwa
diese Rechte nicht? Alles, was wir zu hören bekommen, sind
Horrorszenarien: Ein Krieg werde den Nahen Osten destabilisieren,
die Spannungen würden sich auf Europa ausdehnen, die Ölpreise
steigen, die Wirtschaft kollabieren.
Das haben wir schon alles vor zwölf Jahren als Warnung
zu hören bekommen. Und was davon ist eingetreten? Nichts. Im
Gegenteil: Als ein direktes Resultat des Irakkrieges wurde in Madrid
eine israelisch-arabische Friedenskonferenz abgehalten und der
Friedensprozess in der Region beschleunigt. Vergebens. Heute glauben
die Amerikaner, dass die Ablösung des Saddam-Regimes eine radikale
Bewegung der Demokratisierung in der arabischen Welt auslösen und
die Friedensbemühungen im Nahen Osten voranbringen könnte.
Auf der anderen Seite behaupten die Europäer, dass man
nur durch die Lösung des Palästinenserproblems eine positive
Veränderung in der Region erreichen könnte. Damit blockieren die
Europäer jeglichen Schritt in Richtung Frieden. Aber die Europäer
klammern sich an die Palästinenser, weil eine Lösung in Palästina
auch den Verlust ihres Einflusses auf die Region bedeuten würde. Und
überhaupt ist es ja leicht, den Israelis Grausamkeit und
Destruktivität vorzuwerfen. Offenbar sind die Juden nach wie vor an
allem schuld.
Europäische und deutsche Diplomaten reisen durch den
Nahen Osten und hören genau das, was sie hören wollen: dass die
Anführer der Region Angst vor den Auswirkungen eines weiteren
Irakkrieges haben. Na und? Die sollten sie auch haben. Der Nahe
Osten ist das einzige Gebiet auf der ganzen Welt, in dem die
Demokratie noch nicht Fuß gefasst hat. Keiner der Herrscher würde
gerne einen Krieg sehen, der vielleicht diese Situation ändern
könnte.
Und die Europäer sind natürlich auf ihrer Seite. Warum
sollten die Araber auch in den Genuss von Demokratie kommen? Wann
fand in Deutschland die letzte Friedensdemo für ermordete
Intellektuelle in Algerien statt? Oder für die Beendigung des
Bürgerkriegs in diesem Land? Wer demonstriert in Deutschland für die
Rechte der Frauen im Iran? Wo sind die riesigen Versammlungen zur
Befreiung Libanons?
Die Amerikaner wurden für die Leiden kritisiert, welche
die irakische Bevölkerung in der letzten Dekade unter den
internationalen Sanktionen aushalten mussten. Aber waren es nicht
die Europäer, die vor zwölf Jahren die Amerikaner davon abhielten,
in den Irak einzumarschieren, um Saddam loszuwerden - mit der
Begründung, dies verstoße gegen internationales Recht? Also werden
die Amerikaner sowohl dafür angegriffen, dass sie damals den Job
nicht richtig zu Ende gebracht haben, als auch dafür, dass sie ihn
nun zu einem Ende bringen wollen. Die Friedensbewegung muss sich
entscheiden, wofür sie steht: für Saddams Regime - oder für die
Menschen im Irak.
Wenn es der Friedensbewegung wirklich um den Frieden
ginge, würde sie nicht nur gegen die Vereinigten Staaten und Israel
mobil machen.
ELDAD BECK, 37, gebürtiger Israeli, studierte
Islamwissenschaft, lebt seit 2002 in Deutschland und ist
Korrespondent der größten israelischen Tageszeitung, Jediot
Acharonot
Ja!
Auf zur Demo!
Im Gegensatz zu den Amerikanern ist Krieg für die Deutschen - so
satt, egoistisch und verzogen sie auch manch westlichem Beobachter
erscheinen mögen - eine lebendige Erinnerung, die bis heute wach
geblieben ist...