Ein umstrittener Politiker in Israel:
Asmi Bischara
Der Vertreter der arabischen Minderheit,
darf nun doch bei den Parlamentswahlen kandidieren
Bis vor drei Jahren gehörte der
arabisch-israelische Knessetabgeordnete Asmi Bischara zu den
regelmäßigen Gästen der Talkshow "Popolitika" im ersten
Fernsehkanal. Mit seinem fließenden Hebräisch war er für
Kontroversen mit seinen politischen Gegenspielern immer gern zu
haben.
Er führte der jüdischen Bevölkerung die
Diskriminierungen im Land vor Augen, erinnerte an
Menschenrechtsverletzungen vor allem in der Staatsgründungszeit und
machte auf nationale Symbole wie die Flagge und Hymne aufmerksam,
mit denen sich außer einem Juden niemand identifizieren kann. Und er
warnte vor dem Osloer Abkommen, obwohl die arabischen Israelis
mehrheitlich zunächst große Hoffnungen an den Friedensprozess
knüpften.
Bischara machte nie ein Hehl daraus, dass er den jüdischen Staat
ablehnt und stattdessen einen binationalen Staat anstrebt. Als er
vor knapp vier Jahren die Kandidatur für das höchste Regierungsamt
anmeldete, wohl wissend, dass es kaum Chancen auf einen Wahlsieg für
ihn gab, ging ein Aufschrei durch die Reihen der israelischen
Rechten. Um die Stimmen für den zweiten "linken" Kandidaten, Ehud
Barak, nicht verloren gehen zu lassen, zog er vor dem Urnengang
seine Kandidatur zurück.
Damals hätte er vielleicht noch einige Prozentpunkte auch von
jüdischen Israelis für sich verbuchen können. Bevor er zur
Fortsetzung des Widerstands gegen Israel aufrief. Bei einer
Gedenkveranstaltung für den verstorbenen syrischen Präsidenten Hafes
al-Assad appellierte er zudem an die arabischen Staaten, die
Palästinenser darin zu unterstützen. Er lobte auch die Kämpfer der
Hisbullah im Südlibanon, die ein "heroisches Beispiel für den
islamischen Widerstand geben". Hätte er sich einen anderen Zeitpunkt
ausgesucht, dann wären ihm diese für israelisch-jüdische Ohren
schwer erträglichen Ausführungen möglicherweise verziehen worden.
Doch Bischara hielt seine umstrittene Rede nur wenige Monate nach
Beginn der zweiten Intifada. Das Parlament in Jerusalem reagierte
mit dem Entzug seiner Immunität und im vergangenen Mai gar mit einem
Gesetz, dass Personen und Parteien, die eine "terroristische Gruppe
oder einen feindlichen Staat" unterstützen, aus dem Parlament
ausgeschlossen werden können. Ein Gesetz, von dem nicht nur er,
sondern auch sein früherer Parteifreund Achmad Tibi betroffen wäre,
hätte der Oberste Gerichtshof in Jerusalem nicht den Ausschluss der
beiden Parlamentarier von der Parlamentswahl durch das Zentrale
Wahlkomitee revidiert. Bischara hatte bereits eine Pressekonferenz
einberufen, um die arabische Bevölkerung zu einem Boykott der Wahlen
am 28. Januar aufzurufen, wäre die Entscheidung eine andere gewesen.
"In Krisenzeiten werden die Araber automatisch zu Feinden", hatte
Bischara das unglückliche Verfahren gegen ihn kommentiert. Nun habe
sich bestätigt, dass es "keine Gesetzesgrundlage" für die
Entscheidung des Wahlkomitees gegeben habe. So umstritten Bischara
in Israel ist - in Berlin wurde er vor vier Wochen für "seine
besonderen Verdienste um Meinungsfreiheit und Demokratie"
ausgezeichnet. Deutschland gegenüber zeigte sich Bischara eher
kritisch, weil dort die Erinnerung an die Verbrechen des Zweiten
Weltkriegs zu einer "Verkrüppelung der Außenpolitik" führe, vor
allem mit Blick auf den Nahen Osten.
SUSANNE KNAUL
Entscheidung des Obersten Gerichtshofes:
Balad-Partei kann doch antreten
Israels Oberster Gerichtshof revidierte heute Morgen die
Entscheidung des Wahlausschusses, die arabischen Knessethangehörigen
Ahmed Tibi und Azmi Bishara und ihre Partei Balad nicht zur Wahl am
28. Januar zuzulassen...
taz muss sein: Was ist Ihnen die Internetausgabe
der taz wert? Sie helfen uns, wenn Sie diesen Betrag überweisen auf:
taz-Verlag Berlin, Postbank Berlin (BLZ 100 100 10), Konto-Nr.
39316-106
Für Österreich: TAZ Verlags- und Vertriebs GmbH, Konto-Nr.:
92.134.506, Österr. Postsparkasse (P.S.K.)
hagalil.com
09-01-2003 |