Trennungszaun, Siedlungsbau und Friedensgespräche:
Alle Zeit der Welt
In haArez rät Zeev Schiff zur dringenden Verkürzung
der Frontlinien und zur Auflösung exponierter Siedlungskerne, Amnon
Rubinstein rät zur Kompromisspolitik, um sich die notwendige
amerikanische Unterstützung zu erhalten: Gegenwärtig kommt es vor allem
darauf an, sich vor jeder Art von Eskalation zu hüten. Das trifft auf
notwendige militärische Aktionen genauso zu, wie auf die Siedlungen.
Wenigstens sollten die (z.T. illegalen) Siedlungsvorposten geräumt
werden, die ungerechtfertigterweise und unsinnigerweise die
Sicherheitskräfte belasten.
Auch der Rechtsberater Eliakim Rubinstein warnt die
Regierung, denn der fortgesetzte Siedlungsbau könne eine Klage am
Internationalen Strafgerichtshof nach sich ziehen.
Vor einer Woche noch war
Verteidigungsminister Ben-Elieser sehr aufgebracht über die neue
Besiedlungsinitiative des Regionalrats Benyamin, der im Gebiet zwischen
Jerusalem und der Tapuach-Kreuzung (Samaria/Schomron) weitere 1000
Familien, vor allem junge Leute aus der Nachwuchsgeneration der Siedler,
in Siedlungsvorposten auf den Hügelspitzen ansiedeln will: "Ich werde
keinen einzigen Soldaten in die neuen Siedlungsvorposten schicken", so
Eliezer.
Der Vorsitzende des Regionalrats
Benyamin, Pinchas Wallerstein, erwiderte darauf, es handle sich um keine
neuen Siedlungen, man werde lediglich Leute in Erweiterungen bestehender
Siedlungen unterbringen.
IDF-Soldaten bewachen unterdessen
einen neuen illegalen Siedlungsvorposten in unmittelbarer Nähe des
palästinensischen Dorfes Sindjil nördlich von Ramallah und Amira Hass
berichtet über die "langfristige Umzingelung" palästinensischer Städte.
Immerhin scheint das Projekt Trennungszaun, trotz aller
Widerstände der National-Religiösen, voranzukommen. Die Notwendigkeit
dieses Projekts wird u.a. durch eine Nachricht unterstrichen, derzufolge
Terrorgruppen im Gazastreifen Gleitflieger anschaffen, um Anschläge in
Israel zu verüben - laut eines Kommentars in M'ariw ein schlagender
Beweis dafür, dass die Terroristen in Gaza es wegen des dort bereits
vorhandenen Trennungszauns schwer haben, nach Israel einzudringen.
Weder Sharon noch Ben-Eliezer oder Peres sind begeistert
von der Idee des Trennungszauns - jeder aus unterschiedlichen Gründen.
Der Likud fürchtet offenbar die Reaktion der Siedler und widersetzt sich
dem Projekt.
Die überwiegende Mehrheit ist aber zum Schluss gekommen,
dass alle Einwohner Israels, einschließlich der 150.000 Siedler in Judäa
und Samaria, eine Trennungsmauer brauchen, wenn sich ihre persönliche
Sicherheitslage verbessern soll. Die Frage, was mit den 30.000 Siedlern
in den entfernteren Siedlungen geschehen soll, die außerhalb des Zauns
bleiben werden, beantwortet M'ariw lapidar: "Es liegt bei der
demokratisch gewählten Regierung dieses Landes, ob sie diese Siedler
weiterhin in dem Ausmaße schützen will wie bisher oder eben nicht. Es
ist auch die persönliche Entscheidung der isolierten Siedler, ob sie
weiterhin dort wohnen oder sich lieber den großen Siedlungsblöcken
anschließen wollen, die durch die Trennungsmauer geschützt werden. Diese
Entscheidung muss einmal fallen - am besten sofort!"
Das "Dilemma 2002" beschreibt Immanuel Rosen (M'ariw):
"So wie die Dinge im Moment stehen, wird Sharon im Sommer nolens volens
an einer internationalen Friedenskonferenz teilnehmen. Dass er selbst so
eine Konferenz angeregt hat, tut nichts zu Sache, denn es ist klar, dass
er zwar "Ja" sagte aber "Nein!" meinte. Trotzdem, was letztlich dabei
herauskommen wird, dürfte ein großes "Ja!" sein.
Die Liste unerfüllbarer Bedingungen, die Sharon an die
Einberufung einer solchen Konferenz knüpfte, sollte ihr Zustandekommen
zwar von vorne herein verhindern, aber es stellt sich jetzt heraus, dass
die Veranstalter der Konferenz, das "Quartett" (UNO, EU, USA, Arab.
Liga), jede wirkliche oder erfundene Bedingung akzeptieren, egal wie
absurd sie auch sein mag. Hauptsache, Sharon kommt!
Damit dies klappt, lässt sich sogar Mubarak einspannen
und stimmt einem Plan zu, auf den eigentlich Sharon Urheberrechte
anmeldet hat und von dem Peres behaupten wird, dass er ihn gemeinsam mit
Abu Ala konzipiert hat: Ein palästinensischer Staat auf 42% des
Territoriums der West Bank und der Beginn von Verhandlungen über ein
Endstatusabkommen.
Wenn Mubarak dieses Konzept Bush erst einmal persönlich
dargelegt haben wird, wird dessen Propaganda- und Vermarktungswert genau
so groß sein wie derjenige des saudiarabischen Plans. Es bleiben
natürlich ein paar kleine Probleme: Über was bei der Konferenz
verhandelt werden soll, mit wem Sharon über was reden wird, mit wem man
überhaupt noch reden kann in der palästinensischen Verwaltung und
natürlich auch, wann und wo der große Terroranschlag passieren wird, der
alle Pläne zunichte machen wird.
In dieser neuen politischen Initiative steckt viel
Begeisterung, doch auch viel Naivität und Amateurhaftigkeit. Sie zeugt
vor allem davon, dass die friedenspolitische Herde keinen Hirten hat.
Wenn Bush nur stammelt, sich mitziehen lässt und die Führung nicht
übernimmt, dann erscheint sogar Solana als Hoffnungsstrahl.
Scharon hat Bush unterdessen klargemacht, dass er
Neuwahlen ausschreiben will, sobald amerikanischer Druck auf ihn
ausgeübt wird, und dass dann "der Friedensprozess beendet sein wird".
Bush sagte zu, Sharon Zeit zu lassen.
hagalil.com / 14-06-02
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