Die Ergebnisse sind im Voraus bekannt
Kommentar von Ze'ev Segal, Ha'aretz, 29.04.2002
Die Kommission, die die Ereignisse in den Flüchtlingslagern Sabra und Shatila
untersuchte, ermittelte, dass das Massaker von den Falangisten ausgeführt worden
war und dass der Staat Israel deshalb keine direkte Verantwortung dafür trage.
In der Zusammenfassung ihres Berichtes, der im Februar 1983 veröffentlicht
wurde, bemerkten die Mitglieder der Kahan-Kommission, sie würden sich nicht dazu
verleiten lassen zu glauben, dass "die Ergebnisse dieser Untersuchung diejenigen
überzeugen oder zufriedenstellen würden, die voreingenommene Ansichten und ein
selektives Gewissen haben".
Vor etwa einem Jahr verhandelte der belgische Gerichtshof im Fall gegen
Premierminister Ariel Sharon und weiteren ranghohen israelischen Beamten wurde
eine ganze Reihe von Zeugenaussagen vorgelegt, die anscheinend gut aufeinander
abgestimmt und instrumentiert waren. Es ging darin um Gräueltaten in den Lagern,
die angeblich von israelischen Soldaten begangen worden sein sollen.
Eine ähnliche Reihe von Zeugenaussagen könnte auch zum täglichen Brot der
Untersuchungskommission werden, die von UN-Generalsekretär Kofi Annan ernannt
wurde, um den Ereignissen im Flüchtlingslager von Dschenin nachzugehen.
Palästinensische Quellen, die noch immer Wellen in der internationalen Rundfunk-
und Fernsehübertragung schlagen, fahren damit fort zu behaupten, dass es ein
Massaker in Dschenin gegeben hätte. Dies ist das Bild, das vermutlich einstimmig
aussagende palästinensische Zeugen, der Untersuchungskommission präsentieren
werden. Es gibt Gründe zur
Besorgnis, dass israelische Zeugenaussagen das Komitee -das instruiert
ist, die Untersuchungsergebnisse dem UN-Generalsekretär und dem
UN-Sicherheitsrat zu melden- nicht zu der unzweideutigen
Schlussfolgerung führen werden, dass es niemals ein Massaker in Dschenin
gegeben hat. Eine komplette Zurückweisung der Massaker-Behauptung würde
nämlich eine gezielte Widerlegung der palästinensischen Zeugenaussagen
zur Folge haben. Und dies ist etwas, das das Komitee gemäß seiner
politischen Natur vermeiden möchte. Die Untersuchungskommission ist aus
Leuten mit politischem und humanitärem Hintergrund zusammengesetzt, ohne
legale Expertise bezüglich objektiver und professioneller Prüfung der
Tatsachen. Im Komitee
befinden sich keine Experten, die den militärischen Hintergrund der
Terrorbekämpfung kennen. Die Natur des Komitees ist weit entfernt von
der Art von Untersuchungskommission, die man in Israel unter solchen
Umständen aufstellt. Diese UN-Untersuchungskommission lässt nicht die
geringste Erwartung aufkommen, dass die Untersuchung unparteiisch sein
könnte. Israelische Regierungsbeamte setzen voraus, dass die
Aufzeichnungen, Fotografien und Niederschriften, die von der Befragung
hinsichtlich der Wahrheitsfindung gemacht werden, nur für eine
Untersuchungskommission legaler Natur relevant sind. Das UN-Komitee ist
jedoch keine solche Kommission.
Es kann höchstens den Schluss ziehen -in einer "Anmerkung", die den
Ergebnissen hinzugefügt wird oder auf eine andere Art-, dass es
unmöglich ist, mit Sicherheit zu sagen, dass es ein Massaker in Dschenin
gegeben hat. Die Schlussfolgerung würde mit den vorhersehbaren
Ergebnissen einhergehen, dass Israel "exzessive Gewalt" benutzt und
"humanitäre Hilfe verhindert" hat. Diese Art von Schlussfolgerung wurde
bereits von Terje Larsen verkündet, demgemäß "Israel Hilfsorganisationen
und internationale Unterstützung sieben Tage lang davon abgehalten hat,
das Lager zu betreten". Diese Art von Stellungnahme, die den allgemeinen
Kontext außen vor lässt, reicht aus, um die Türen zu
Kriegsverbrechen-Tribunalen oder anderen Untersuchungen zu öffnen und
dient als Basis für anti-israelische Entscheidungen der
UN-Institutionen. Der UN-Generalsekretär schloss die Möglichkeit, dass
Soldaten für Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt werden, nicht aus,
obgleich UN-Quellen sagten, dass denjenigen, die verhört werden,
Immunität gewährleistet ist.
Die Notwendigkeit, der Sendung von Soldaten zu dieser UN-Kommission
entschieden entgegenzutreten, liegt nicht darin, dass wir etwas zu
verbergen hätten. Die weit verbreitete Annahme ist, dass wir nichts zu
verbergen haben. Die IDF könnte ihr Material und Personal einer
neutralen und objektiven Kommission für eine Prüfung zur Verfügung
stellen, jedoch nicht einer Kommission, die den Sicherheitsrat
repräsentiert. Denn hier wird Israel keine faire Anhörung bekommen.
Das Versprechen der Immunität für IDF-Soldaten bezüglich internationaler
Strafverfolgung ist ein Bluff. Die Immunität existiert auf der Annahme,
dass diejenigen, die unter Befragung gestellt sind, nicht ins Ausland
reisen werden. Ansonsten besitzen sie keine Immunität und die Ergebnisse
des Komitees werden sie überall verfolgen, wohin sie auch gehen. Eine
Regierungsentscheidung, die Soldaten der Befragung auszusetzen, wäre
widersprüchlich zur Pflicht des Staates, die Würde und die Freiheit der
Soldaten zu schützen, wie es auch im Grundgesetz für Menschenwürde und
Freiheit ausgedrückt ist.
Es wird per Gesetz akzeptiert, dass ein Staat ein Versprechen angesichts
eines eindeutigen "öffentlichen Interesses" brechen kann. Israel muss
angesichts der Zusammensetzung und der Natur nicht zu seiner
anfänglichen Zustimmung zur Formation des UN-Komitees stehen. Denn
dieses verspricht keine ehrliche und ausgewogene Untersuchung.
Israel kann nicht zustimmen, mit einem Komitee zu kooperieren, das die
Aktionen in Dschenin gemäß politischer Betrachtungen diskutiert, ohne
dabei das Gesamtbild von Dschenin als "Hauptstadt der
Selbstmordattentäter" und die gesamte Serie der schrecklichen Anschläge,
die zu dieser IDF-Aktion führten, zu berücksichtigen. Israel könnte dem
Komitee -wenn es durch die Beziehung zu den USA gewünscht wird-
Aufnahmen und Luftfotos der Dschenin-Operation, Dokumente über Dschenins
Rolle im Terror und über die Kette von Terroranschlägen in Israel und
den Territorien zur Verfügung stellen.
Die Regierung sollte jedoch unter keinen Umständen IDF-Soldaten einer
internationalen Untersuchungskommission aussetzen, deren Ergebnisse
eigentlich schon im Voraus bekannt sind.
haGalil onLine 02-05-2002 |