Appelle an die Siedlerbewegung
der Gewalt Einhalt zu gebieten:
Es fängt mit Steinen an
Alex Fischmann, der angesehene Sicherheitsexperte der
Jedioth achronoth, äußert die Befürchtung, bei den Ausschreitungen
mit radikalen Siedlern, insbesondere mit der sogenannten "Jugend der
Höhen", würden bald nicht nur Steine fliegen, sondern Schüsse
fallen. Das sei die Folge der nachsichtigen Laschheit der Regierung,
die die extremistischen Siedler so lange habe gewähren lassen, wie
sich die Gewalttätigkeit "nur" gegen Araber richtete. Jetzt, da
israelische Soldaten und Polizisten angegriffen werden, könne man
offenbar die Geister, die man rief, nicht bändigen:
"Der Yesha-Rat scheint nicht mehr so ganz die
richtige Adresse zu sein, um eine Einigung zu erzielen. Die
jugendlichen Hügel-Stürmer hören nicht mehr auf die Yesha-Rabbiner
... Und das ist erst der Anfang. Denn Israel bereitet sich
eigentlich schon auf den Tag nach dem Krieg gegen Saddam Hussein
vor. Es bahnt sich eine Entwicklung an, die keine auf einem
territorialen Kompromiss beruhende Friedenslösung mehr ermöglicht.
Die ‘Gilad-Farm’ ist ein kleiner Vorgeschmack auf das, was hier
geschehen könnte, wenn das Ringen um eine Friedensregelung unter
amerikanisch-europäischer Ägide in seine entscheidende Phase tritt.
Wenn wir das Phänomen, das sich um die ‘Gilad-Farm’ gezeigt hat,
jetzt nicht ernsthaft in Angriff nehmen, wird es in Zukunft nur noch
viel schwieriger werden. Die Geschichte wiederholt sich nicht, doch
die Prozesse ähneln sich. Möge Gott verhüten, dass es auch diesmal
mit drei Schüssen im Rücken endet."
Die Tageszeitung M'ariw fragt "Schämt ihr euch
nicht?" und wirft dem Establishment vor, dass es den "schrecklichen,
unnötigen Krieg" um die "Gilad-Farm", "der Recht und Gesetz mit
Füßen tritt und der Demokratie ins Gesicht spuckt", zugelassen hat,
und appelliert an die Eltern der sogenannten "Hügel-Stürmer". Schämt
ihr euch nicht, euren Kindern zu erlauben oder sie vielleicht sogar
zu ermuntern, das Gesetz zu brechen, sich selbst und andere zu
gefährden, andere junge Leute zu verletzen und das Gewebe unserer
Gesellschaft als Ganzes zu zerstören? Schämt ihr euch nicht, eure
Kinder zu lehren, dass Gesetze nur so lange Gültigkeit haben, wie
sie mit euren Anschauungen und eurem Glauben konform sind? Habt ihr
keine Angst um das Leben und die Gesundheit eurer Kinder und anderer
junger Menschen, die ihr zwingt, gegen sie zu kämpfen? Der
furchtbare Schaden, der in der ‘Gilad-Farm’ angerichtet wurde, ist
nicht mehr gutzumachen. Doch man kann dafür sorgen, dass er nicht
weiter um sich greift. In diesem völlig überflüssigen Krieg sind
alle Verlierer, doch es gibt nur eine Seite, die ihm ein Ende machen
kann. Diese Pflicht obliegt den Siedlern, und zwar hier und jetzt.
Mit der dieser Entwicklung voraus gegangenen
Erziehung beschäftigt sich auch B.Michaels Kommentar in Jedioth
achronoth. Die Mitglieder dieser "Jugend der Höhen" seien nichts
anderes als militante Schläger, die ihr kriminelles Treiben mit
nationalistisch-religiösem Fanatismus erklären. In ihrer ethischen
Verwahrlosung seien sie durchaus mit neo-faschistischen Skinheads in
Europa vergleichbar. Eines unterscheide sie jedoch grundsätzlich von
diesen: "Der Vater eines deutschen oder englischen Skins streichelt
nicht liebevoll die Glatze seines Sohns, wenn dieser von einem Tag
voller Misshandlungen Unschuldiger zurück kommt. Die Mutter eines
holländischen Glatzkopfs ist nicht stolz auf ihren kriminellen Sohn,
der gerade die Knochen eines moslemischen Nachbarn zertrümmerte. Die
Eltern und Lehrer dieser kipatragenden Schläger der Hügel, bersten
jedoch vor Stolz über die Gesetzesbrüche ihrer Sprößlinge. Erst
jetzt, nachdem diese in vorhersehbarer Evolution auf ihrem
faschistischen Weg, israelische Soldaten angreifen, raffen sich
diese Eltern und Lehrer zu leiser Kritik auf. Jedoch, wir vernehmen
keine Silbe zu den pogromartigen Ausschreitungen gegen Araber, zu
Raub und zu Mord. Wohin es führt, wenn Banden von Rassisten und
Nationalisten von ihrer Eltern und Lehrern Lob und Zuspruch
erhalten, ist nachzulesen in den Annalen Europas". Aus Höflichkeit
möchte der Satiriker Michael die Schande nicht näher beim Namen
nennen.
Deutliche Worte? Auch die Politik reagierte
emotional und man könnte meinen entschlossen, wüsste man nicht, dass
selbst nach viel gravierenden Übergriffen der Siedlungsextremisten
kaum je etwas entscheidendes geschah. Nach dem Attentat Goldsteins
auf Betende in Hebron wollte Rabin die Siedler entfernen lassen. In
der Hoffnung sich doch noch mit ihnen zu arrangieren, lies man kurz
danach den Plan wieder fallen. Die Siedler errichteten dem Mörder
ein Ehrenmal.
Oppositionschef Jossi Sarid warnte, Yesha, der
Siedlerrat von Jehuda, Samaria und 'Asah, probe den Aufstand: "Die
Siedlermilizen haben den Umsturz begonnen". Benzi Lieberman, der
Vorsitzende des "Yesha"-Rats sieht in Havat Gilad eher ein
nationales Denkmal: "Dies ist Israels Farm des Heroismus".
Yael Gevirtz in Jedioth spricht lieber von der
"Farm der Gesetzlosigkeit" und der inzwischen zurückgetretene
Verteidigungsminister Ben-Elieser rief: "Ich werde nicht vor Rowdies
und Spinnern kapitulieren". Der inzwischen zurückgetretene
Außenminister Schim'on Peres meinte über die Yesha-Rabbiner sie
seien "beschissene Aufhetzer". Effi Eitam, Chef der
National-Religiösen, konterte, Ben-Eliezer sei ein Dummkopf und
feiger Lügner. Das wollte Ben-Eli'eser nicht auf sich sitzen lassen:
"Entweder ich oder Ejtam!"
Ejtam sitzt noch immer im Kabinett, Fuad Ben
Eli'esr ist nun Oppositionschef. Sicherheitskreise befürchten, dass
radikale Elemente einen Anschlag auf Ben-Eliezer verüben könnten.
Gegenüber M'ariw meinte Fuad: "Mir ist das noch aus der Zeit vor der
Ermordung Rabins erinnerlich. Dem muss jetzt ein Ende gemacht
werden".
Rabin wurde vor genau sieben Jahren ermordet. Am
Abend des ersten
Schabath im
November. Warnungen hat es auch damals genug gegeben. Unter
anderen warnte
Jehoshafat Harkabi,
ein Prophet im Lande Israel:
Rabin wird keines natürlichen Todes sterben...
dg /
hagalil.com
01-11-02 |