Israels Armee gibt Fehler zu:
UN-Hilfswerk "voreilig" der Terror-Hilfe beschuldigt
Von Thorsten Schmitz
Tel Aviv - Die israelische Armee hat am
Mittwoch in einem ungewöhnlichen Schritt öffentlich einen Fehler
eingeräumt und erklärt, das UN-Hilfswerk für palästinensische
Flüchtlinge (UNWRA) fälschlicherweise der Unterstützung von
Terroristen beschuldigt zu haben. In einer Erklärung aus dem
Verteidigungsministerium hieß es, der Vorwurf, UN-Fahrzeuge würden
von palästinensischen Terroristen zur Vorbereitung für Anschläge
gegen Israel missbraucht, sei "voreilig" gewesen.
Israels Armee hatte am 1. Oktober Luftaufnahmen
veröffentlicht, auf denen ein Mann einen länglichen Gegenstand in
einen UN-Krankenwagen legt. Die Armeeführung hatte behauptet, bei
dem Gegenstand habe es sich um eine Kurzstreckenrakete des Typs
Kassam gehandelt, obwohl dies aus den unscharfen Aufnahmen nicht
deutlich hervorgegangen war. Zudem hatte der Mann den Gegenstand mit
nur einer Hand getragen, eine Kassam-Rakete wiegt aber mindestens 20
Kilogramm. UNWRA-Chef Peter Hansen hatte die Vorwürfe als
"ungeheuerlich" zurückgewiesen und gesagt, bei dem Gegenstand habe
es sich um eine Bahre gehandelt. In ihrer Erklärung versprach die
Armee, ähnliche Vorwürfe künftig besser zu überprüfen. Dennoch
verlangte Hansen eine Entschuldigung.
In einer weiteren Erklärung der israelischen
Streitkräfte hieß es in der Nacht zu Mittwoch, dass jener Offizier
vorläufig vom Dienst suspendiert worden sei, der ein 13-jähriges
palästinensisches Mädchen im Gaza-Streifen mit mehr als 20 Schüssen
durchsiebt haben soll. Nach Angaben einer Sprecherin werde der Fall
von höchster Stelle untersucht. Israelische Soldaten hatten das
Mädchen in Rafach im Süden des Gaza-Streifens angeschossen in der
falschen Annahme, dass es einen Sprengsatz im Schulranzen
transportiere. Nach Aussagen von Soldaten, die der Einheit des
Offiziers angehören, soll der Offizier anschließend seinen Posten
verlassen und sein ganzes Magazin auf das Mädchen geschossen haben.
Am Mittwoch starb palästinensischen Angaben
zufolge ein elfjähriges Mädchen, das durch Schüsse israelischer
Soldaten schwer verletzt worden war. Das Kind war am Dienstag von
israelischen Schüssen im Klassenzimmer einer UN-Schule im
Flüchtlingslager Chan Junis im Süden des Gaza-Streifens in den Bauch
getroffen worden. Israelischen Armee-Angaben zufolge hatten zuvor
mutmaßliche palästinensische Terroristen aus Richtung der Schule
Mörsergranaten auf einen israelischen Armeeposten geschossen. Die
israelische Armee wirft den Terrorgruppen vor, ihre Angriffe auf
Soldaten inmitten der palästinensischen Zivilbevölkerung auszuüben.
Israelische Soldaten nahmen laut Rundfunkberichten
in Hebron im Westjordanland den Hamas-Kommandeur Imad al-Kauasme
fest. Er stehe im Verdacht, Drahtzieher der Bus-Anschläge in
Beerscheba gewesen zu sein, bei denen im August 16 Menschen starben.
Bei einem Luftangriff wurde ein weiterer Hamas-Kämpfer getötet. Im
Gaza-Streifen setzte Israels Armee ihre Militäroperation "Tage der
Buße" fort. Bei einem Raketenangriff im Norden der Region wurden
nach Angaben des Rundfunks mindestens drei Palästinenser getötet.
Die Armee will mit dem Einsatz den Raketenbeschuss israelischer
Städte stoppen.
Ein Cousin von Palästinenserpräsident Jassir
Arafat überlebte unterdessen am Dienstagabend einen
Autobombenanschlag in Gaza-Stadt. Die Bombe sei explodiert, nachdem
Mussa Arafat sein Büro verlassen habe und in einem schwer
gesicherten Konvoi davongefahren sei, berichteten Augenzeugen. Weder
Mussa Arafat noch einer seiner Begleiter seien verletzt worden. Zu
der Tat bekannte sich zunächst niemand. Arafat hatte seinen Cousin
im Sommer zum Sicherheitschef ernannt. Nach Protesten der
Palästinenser, die ihm Korruption und Inkompetenz vorwarfen, hatte
der Palästinenserpräsident ihn jedoch wenige Tage später wieder
entlassen.
hagalil.com
15-10-04 |