
Wasser für Kanonen:
Die Türkei bezahlt Israels Waffenlieferungen mit
Naturalien
Von Thorsten Schmitz
Im Stillen haben Israels Premier Ariel Scharon
und der türkische Energieminister Zeki Cakan zu Beginn der Woche in
Jerusalem einen Vertrag mit weit reichenden Folgen für die
nahöstliche Region geschlossen. Das Abkommen steigert die
militärische Potenz der Türkei – und bewahrt Israel vor dem
Verdursten.
In den kommenden 20 Jahren liefert die Türkei
jährlich 50 Millionen Kubikmeter Frischwasser aus dem anatolischen
Fluss Manavgat an Israel. Die Menge, die mit gigantischen
Tankschiffen transportiert wird, entspricht dem Jahres-Verbrauch
einer Million Deutscher. Im Gegenzug wird Israel den Nato-Staat
Türkei mit Panzern und Luftwaffentechnologie beliefern. Für einen
Kubikmeter Wasser wird dabei etwa ein Dollar berechnet.
Die "Wasser-gegen-Waffen"-Vereinbarung festigt die
ohnehin ausgezeichneten wirtschaftlichen und politischen Beziehungen
zwischen dem muslimischen und dem jüdischen Staat. Diese werden
höchstens einmal verbal getrübt, wenn die Türkei Protest einlegt
gegen die Palästinenserpolitik Scharons. Die Türkei ist spätestens
seit 1996 einer der Hauptverbündeten Israels in der Region. Damals
unterzeichneten die beiden Länder ein Abkommen zur militärischen
Zusammenarbeit, das mit dem größten Auftrag an Israels
Rüstungsindustrie, der Modernisierung von 54 türkischen
F-4-Kampfflugzeugen, gestartet wurde. Diese Kooperation stößt in
arabischen Staaten auf Unmut. Die Terroranschläge auf jüdische
Synagogen in Istanbul im November vergangenen Jahres wurden auch als
Versuch arabischer Terroristen interpretiert, die enge Bindung
beider Staaten zu erschüttern.
Doch Israel und die Türkei sind sich zu ähnlich:
Es sind die einzigen Demokratien in der Region, sie besitzen die am
weitest entwickelten Volkswirtschaften, und sie räumen dem Kampf
gegen den Terrorismus höchste Priorität ein. Ankara hatte Israel
bereits 1949 diplomatisch anerkannt. Nach einer Phase der Abkühlung
wegen Israels Einmarsch in den Libanon 1982 tauschten die Länder
1993 wieder Botschafter aus. Die Geheimdienste arbeiten eng
zusammen, der israelische Mossad hatte die Türkei vor den
Synagogen-Anschlägen sogar gewarnt. Auch dürfen israelische Piloten
über anatolischem Luftraum Übungsflüge starten. Die Israelis lieben
Kurztrips ins nahe Antalya, denn die Türkei ist eines der wenigen
Länder, das nie Antisemitismus gekannt hat. In der Türkei lebt eine
angesehene und wirtschaftlich aktive jüdische Gemeinde von 25000
Mitgliedern.
Mit dem Handel will die Türkei ihre Position als
Hauptlieferant von Wasser in einer chronisch trockenen Region
ausbauen. Hunderte Millionen Dollar sollen künftig in die
Staatskasse fließen, wenn Verträge über Exporte nach Malta, Kreta
und in den griechischem Teil Zyperns unterschrieben sind. Der
türkische Teil Zyperns wird bereits mit Wasser aus Anatolien
versorgt. Besonders wichtig ist die Resource für Israel, das schon
immer als größter Wasser-Konsument der Region galt. Zudem ist nach
mehreren trockenen Wintern der Grundwasser-Pegel bedrohlich
gesunken. Die Lieferungen aus der Türkei werden nur drei Prozent des
jährlichen Bedarfs decken. Dennoch ist das Land nicht bereit, den
wasserintensiven Anbau von Tomaten, Melonen und Apfelsinen zu
drosseln.

hagalil.com
09-01-04 |