DIE TÜRKEI
UND DER VÖLKERMORD AN DEN ARMENIERN
Retter des Vaterlandes
NACH der Resolution der französischen
Nationalversammlung, die von einem "Völkermord" an den Armeniern sprach,
hat der türkische Staat offiziell protestiert und sogar seine im Ausland
lebenden Bürger zu Protesten mobilisiert. Aber warum fühlt sich die
heutige Türkei getroffen, wenn Verbrechen benannt werden, die in die
Endphase des Osmanischen Reichs fallen? Die Antwort liegt auch in einer
personellen Kontinuität: Obwohl sich die kemalistische Türkei als
revolutionäre Gründung gegen den Vorgängerstaat darstellt, dienten in
ihrer Armee führende osmanische Militärs, die sich in den Massakern an
der armenischen Bevölkerung die Hände schmutzig gemacht hatten.
Von TANER AKCAM *
* Türkischer Soziologe und Historiker. Von ihm
erschienen "Dialogue across an international divide: Essays towards a
Turkish-Armenian dialogue", Toronto (The Zoryan Institute of Canada)
2000, sowie "Ermeni Tabusu Aralanyrken", Ankara (Su Yayyanlary) 2000.
Es wäre naiv, anzunehmen, dass die
Abstimmung vom 18. Januar 2001 im französischen Parlament, durch die die
Ereignisse von 1915 als Völkermord eingestuft wurden, Ausdruck eines
tiefen Mitgefühls der Franzosen mit dem Leid der Armenier ist. Ebenso
naiv ist die - in der Türkei populäre - Forderung, Frankreich solle
"erst einmal durch parlamentarischen Beschluss eingestehen, dass es sich
in Algerien des Völkermords und der Verbrechen gegen die Menschlichkeit
schuldig gemacht hat". Was immer man von diesem Parlamentsbeschluss
halten mag, er sollte jedenfalls nicht dazu herhalten, das Vorgehen der
osmanischen Regierung gegen die armenische Bevölkerung in den Jahren
1915 bis 1917 abermals zu verdecken.
Es spricht allerdings vieles dafür, dass
die Proteste gegen Frankreich der Verschleierung dieser Tatsache dienen
sollen. Das ist zum Beispiel aus den flammenden Bekenntnissen eines
Zeitungsjournalisten herauszulesen: "Der Weltöffentlichkeit sollte eines
klar sein: Bereits in der Vergangenheit sind all die ehrlosen Bastarde
bestraft worden, die sich nicht damit begnügten, ihre Profite aus
unserem Land zu ziehen, sondern die es auch auf das Hab und Gut, das
Leben und die Ehre der Türken abgesehen hatten. Wir wissen, dass unsere
Väter recht taten, und, jawohl, auch heute werden wir, sobald sich
solche Gefahren zeigen, ohne Zaudern abermals das Nötige tun."(1) Solche
Äußerungen sind keine Ausnahme, selbst in wissenschaftlichen
Veröffentlichungen finden sich ähnliche Formulierungen, sobald das Wort
"Genozid" im Spiel ist.
Die Türkei könnte ohne weiteres zugeben,
dass es die Massaker gegeben hat, und zugleich jede Verantwortung von
sich weisen. Schließlich hat der Gründervater der modernen Türkei, Kemal
Atatürk, wiederholt die Bestrafung der Verantwortlichen gefordert, und
die Führer der osmanischen Partei Ittihad ve Terakki (Einheit und
Fortschritt)(2), die für die Massaker verantwortlich waren, standen 1926
tatsächlich vor Gericht - wenn auch wegen anderer Verbrechen -, und
einige von ihnen wurden hingerichtet. Die Türkei hätte also ihr Bedauern
über die an den Armeniern begangenen Verbrechen ausdrücken und
gleichzeitig erklären können, dass dafür der osmanische Staat
verantwortlich gewesen sei, nicht die türkische Republik.
Eine öffentliche Erörterung dieser Fragen
scheitert vor allem an einer jahrzehntelangen Amnesie des
Geschichtsbewusstseins. Die Gründer der Republik hatten tatsächlich
versucht, alle Bindungen an die Vergangenheit zu zerstören. Natürlich
ist jeder Nationalstaat im Augenblick seiner Gründung bemüht, seine
Legitimität durch eigene historische Bezüge zu stützen - notfalls, indem
er sie erfindet. Wie Ernest Renan festgestellt hat: "In der
Herausbildung einer Nation spielen das Vergessen und sogar die falsche
Sicht auf die Geschichte eine wesentliche Rolle."(3 )Daran haben sich
die Gründer der türkischen Republik gehalten. Allerdings gab es dabei
ein besonderes Problem: In der Geschichte des Osmanischen Reichs hatte
der Islam nach und nach alle Spuren einer spezifisch türkischen
Identität ausgelöscht. Also konnte man die Wurzeln der neuen Identität
nur in der vorislamischen Zeit suchen - womit auf einen Schlag 600 Jahre
Geschichte in der Versenkung verschwanden. Durch eine Reihe von Reformen
- etwa die Einführung einer neuen Kleiderordnung, die sich an westlichen
Vorbildern orientierte - versuchten die neuen Machthaber, alle Spuren
dieser unerwünschten Vergangenheit zu tilgen, die für die nachfolgenden
Generationen allein schon durch die Einführung des lateinischen
Alphabets (1928) ungreifbar wurde. Ein bedeutender Teil der kollektiven
Erinnerung wurde auf diese Weise gelöscht und durch eine neue,
offizielle und seither allein gültige Version der Geschichte ersetzt,
die bestimmte Wissenschaftler im staatlichen Auftrag erstellten. Das
Ergebnis war eine Gesellschaft, der die geschichtlichen Ereignisse in
ihrem Land vor 1928 ebenso unbekannt sind wie die theoretischen und
literarischen Zeugnisse früherer Generationen. Der Begriff der
Vergangenheit verblasste, die historischen Erfahrungen reduzierten sich
auf die individuelle Geschichte der türkischen Familien.
Der Mangel an Geschichtsbewusstsein reicht
allerdings als Erklärung keineswegs aus. Entscheidend ist, dass die
türkische Geschichte immer wieder von traumatischen Erfahrungen geprägt
war. Von 1878 bis 1918 musste die osmanische Führung den Verlust von 85
Prozent des Territoriums und 75 Prozent der Bevölkerung hinnehmen. Und
die letzten hundert Jahre des Osmanischen Reichs waren eine Folge
schwerer militärischer Niederlagen, der nur wenige Siege
gegenüberstanden. Die Machthaber waren gezwungen, dem Druck der
Großmächte nachzugeben und äußerst nachteilige Friedensabkommen zu
schließen. Diese Periode wurde als eine Zeit der Entehrung und
Erniedrigung erlebt. Der Elite des Osmanischen Reichs, die die Last
einer glorreichen Vergangenheit mit sich schleppte und zunehmend den
Sinn für die politischen Realitäten einbüßte, erschien der Erste
Weltkrieg als historische Gelegenheit, die einstige Größe
wiederzuerlangen. Doch die Illusion hielt nicht lange vor. In dieser
Situation, die von Engstirnigkeit und Ressentiments geprägt war, mag der
Entschluss zum Genozid als eine Art Racheakt an einer Bevölkerungsgruppe
gesehen werden, der man die Schuld an der herrschenden Lage zuschrieb:
den Armeniern. Stellvertretend für die Großmächte und alle christlichen
Bevölkerungsgruppen des Reichs wurden sie zum Feind erklärt.
Auf dem Rücken der Armenier konnten die
Führer des Osmanischen Reichs Konflikte austragen, die anderweitig zu
lösen sie nicht imstande waren. So erklärt sich auch die Hartnäckigkeit,
mit der die türkische Republik als Erneuerung oder gar als radikaler
Neubeginn präsentiert wird. Der neuen Führungsschicht reichte es nicht,
die Geschichte umzuschreiben. Sie setzte auch alles daran, die
Erinnerung zum Schweigen zu bringen; entsprechend wurde alles verfemt,
was die gewollte Amnesie hätte gefährden können.
Die Türkei glaubte, die alten Wunden
geheilt und sich ein völlig neues Gesicht gegeben zu haben. Doch wenn
die Verletzungen verheilt waren - warum durfte man nicht von ihnen
reden? In Wahrheit ist es der türkischen Gesellschaft bis heute nicht
gelungen, eine Identität zu gewinnen, die die alten Traumata überwunden
hätte. Dieses "andere Selbst" kann sie aber kaum entwickeln, wenn sie
sich der Diskussion über den Völkermord an den Armeniern verweigert. Der
Staat hat natürlich ein Interesse daran, das irreale Selbstbild der
Gesellschaft zu erhalten und ihr Bedürfnis nach einer Welt der
Illusionen zu bedienen.
Dass der Völkermord an den Armeniern
tabuisiert wurde, hat auch damit zu tun, dass zwischen den Massakern und
der Gründung der Republik ein Zusammenhang besteht. Führende Politiker
der neuen Republik haben sich unverblümt zu dieser Frage geäußert. So
erklärte etwa Halil Mentese, ein populärer Vertreter der Partei Ittihad
ve Terakki: "Ohne die Säuberung Ostanatoliens von den armenischen
Milizen, die mit den Russen kollaborierten, wäre die Entstehung unserer
nationalen Republik nicht möglich gewesen."(4 )Und im ersten Parlament
der türkischen Republik gab es sehr aufschlussreiche Debatten mit
Beiträgen wie diesen: "Um das Vaterland zu retten, haben wir es auf uns
genommen, als Mörder verschrien zu werden." Oder: "Die Frage der
Deportationen hat bekanntlich weltweit Aufsehen erregt und uns alle zu
Mördern gestempelt. Wir wussten, bevor wir diesen Entschluss trafen,
dass wir uns den Zorn und den Hass der gesamten christlichen Welt
zuziehen würden. Warum also haben wir unseren Namen beflecken und uns
Mörder schimpfen lassen? Warum haben wir uns dieser ebenso wichtigen wie
schwierigen Aufgabe gestellt? Allein, weil das Nötige getan werden
musste, um den Glanz und die Zukunft unseres Vaterlands zu bewahren, das
uns heiliger und kostbarer ist als unser eigenes Leben."
Mit der Zeit wurden solche Erklärungen, die
relativ kühn und offen den Standpunkt verteidigten, dass der Genozid für
die Gründung der Republik unverzichtbar gewesen sei, durch die
offizielle Geschichtsschreibung ersetzt. Für die taugten nur der
Antiimperialismus und die Verehrung und Achtung der Kuvva-i Milliye (der
ersten Widerstandsverbände im Unabhängigkeitskrieg) als Grundlagen der
nationalen Identität. Noch in den 1960er-Jahren war für die junge
revolutionäre Generation der Kampfgeist der Kuvva-i Milliye ein
zentraler Bezugspunkt ihrer antiimperialistischen Haltung.
Auch die Furcht, solche Gewissheiten zu
verlieren, spielt eine wichtige Rolle bei der Weigerung der Türkei, sich
mit der armenischen Frage auseinander zu setzen. Doch die vertrauten
Erklärungsmuster, die bislang das öffentliche Selbstbild der Türkei
bestimmten, müssten über Bord geworfen werden, damit eine Diskussion
über den Völkermord zu der Einsicht führen könnte, dass der Staat nicht
nur aus dem Kampf gegen die imperialistischen Mächte hervorgegangen ist,
sondern auch aus einem Krieg gegen einheimische Minderheiten - die
Griechen und Armenier. Auch deutet einiges darauf hin, dass es unter den
Truppen der Kuvva-i Milliye, die unbestritten als Helden gelten, nicht
wenige gab, die am Genozid unmittelbar beteiligt waren oder sich bei den
Plünderungen in den Armeniergebieten bereicherten.
Bereits vor dem Ende des Ersten Weltkriegs
waren - für den Fall einer Niederlage - Pläne für den Rückzug nach
Anatolien und die Organisierung einer nationalen Widerstandsbewegung
entworfen worden. Nach 1918 begann man, diese Pläne umzusetzen. Damals
entstanden eine Reihe von Vereinigungen zur Förderung der nationalen
Widerstandsbewegung wie Müdafaai Hukuk (Verteidigung der Rechte) oder
Reddi Ilhak (Widerstand gegen die Teilung), teils auf direkte Anordnung
von Talat Pascha (Innenminister von 1913 bis 1917) oder Enver Pascha
(Verteidigungsminister während des gleichen Zeitraums), teils auch auf
Veranlassung des "Hochkommissariats"(5),( )in dem beide eine führende
Rolle spielten. Dabei wurden die neuen Gruppierungen bewusst vor allem
dort etabliert, wo man eine Bedrohung durch Griechen oder Armenier
fürchtete.
Unmittelbar nach der Unterzeichnung des
Kapitulationsvertrags mit Großbritannien, am 30. Oktober 1918 im
griechischen Moudros, wurden die ersten fünf Widerstandskomitees für den
Kampf gegen die Minderheiten ins Leben gerufen: Drei waren für die
Armenier zuständig, zwei für die Griechen. Alle Gründungsmitglieder
gehörten der Partei Ittihad ve Terakki an - gegen einige Mitglieder der
Partei wurden später von den Briten Haftbefehle wegen ihrer Beteiligung
an den Massakern erlassen. Zu den Aufgaben des "Hochkommissariats"
gehörte es, diese Personen vor Nachstellungen zu schützen und sie in
Anatolien zu verstecken. Das Hochkommissariat verkörpert also den
Zusammenhang zwischen dem Widerstand in Anatolien und dem Völkermord an
den Armeniern.
Ein weiterer Zusammenhang ergibt sich aus
der Entstehung einer Schicht von Neureichen, die sich während des
Genozids bereichert hatten und anschließend zur tragenden Säule des
nationalen Widerstands wurden. Diese Familien, die durch Plünderung zu
Reichtum und Ansehen gekommen waren, mussten natürlich befürchten, dass
die Armenier zurückkehren könnten, um ihr Eigentum zurückzufordern und
Rache zu nehmen. Solche Fälle hat es tatsächlich gegeben: In der
Cukurova (der Region um Adana) kamen Überlebende der Vertreibung mit den
Besatzungstruppen, um sich ihr verlorenes Hab und Gut wieder anzueignen.
Die Kriegsgewinnler hatten also gute Gründe, sich der nationalen
Befreiungsbewegung anzuschließen, zuweilen waren sie die treibende Kraft
bei der Gründung der Widerstandsorganisationen. Vertreter dieser Schicht
gehörten auch zum engeren Beraterkreis von Mustafa Kemal, das gilt etwa
für Topal Osman, der später Kommandant von Atatürks Präsidentengarde
wurde. In diesen Zusammenhang gehört auch die Tatsache, dass die
Regierungsdekrete vom 8. Januar 1920, die die Rückgabe des Eigentums der
vertriebenen Armenier verfügten, am 14. September 1922 aufgehoben
wurden: Die neue Regierung in Ankara hatte offenbar begriffen, dass sie
die Interessen einer Schicht, die zur Gründung des Nationalstaats
beigetragen hatte, nicht übergehen konnte.
Es gibt noch ein drittes Bindeglied
zwischen dem Völkermord an den Armeniern und der Gründung der türkischen
Republik. Unter den Gründern und Führungsmitgliedern der berühmten
Kuvva-i-Milliye-Truppen in der Region um das Marmarameer, an der
Ägäisküste und am Schwarzen Meer finden sich Leute, die wegen ihrer
Beteiligung an den Massakern gesucht wurden. Der Staatsgründer Mustafa
Kemal hatte der Unterstützung durch Mitglieder der Ittihad ve Terakki,
die auf den Fahndungslisten standen, viel zu verdanken und entlohnte sie
deshalb mit hohen Posten im Staatsapparat. Sukru Kaya zum Beispiel,
Innenminister und Generalsekretär der von Mustafa Kemal gegründeten
Republikanischen Volkspartei (CHP), war zur Zeit der "Deportationen"
Leiter der Behörde für die Ansiedlung von Einwanderern und Nomaden - in
die Zuständigkeit dieses Amts fiel auch die Durchführung der
Zwangsumsiedlung der Armenier. Deutsche Konsuln, die damals die
Maßnahmen vor Ort verfolgten, kolportierten eine unmissverständliche
Äußerung von Sukru Kaya: "Man muss die armenische Rasse auslöschen."
Ein anderer Politiker von Rang, Mustafa
Abdülhalik Renda, war zur Zeit der Massaker Präfekt von Bitlis und
später von Halep. Der deutsche Konsul Rößler hat ihn als eine Person
beschrieben, die "nichts anderes im Sinn hatte als die Vernichtung der
Armenier". In seinen 1919 veröffentlichten Erinnerungen berichtet Vehip
Pascha, der frühere Befehlshaber der 3. Armee, wie Renda während des
Kriegs (ab Februar 1916) Anweisung gegeben hatte, in der Region von Mus
Tausende von Menschen bei lebendigem Leibe zu verbrennen. Renda
bekleidete später ein Ministeramt und war Parlamentspräsident. Arif
Fevzi, der wegen seiner direkten Beteiligung an den Massakern in
Diyarbakir als Gefangener Nr. 2743 eine Gefängnisstrafe in Malta
verbüßte, war von 1922 bis 1923 türkischer Minister für Raumordnung,
sein Mitgefangener Nr. 2805, Ali Cenani Bey, verurteilt wegen
Bereicherung während des Völkermords, bekleidete von 1924 bis 1926 den
Posten des Handelsministers. Und auch Trüstü Aras, einst Mitglied der
Kommission für Volksgesundheit, die für die Beerdigung der getöteten
Armenier zuständig war, kam zu Amt und Würden und diente 1925 bis 1938
in Ankara als Außenminister.
Für alle mit Haftbefehl gesuchten
Mitglieder der Ittihad ve Terakki, und vor allem für die Angehörigen der
Sonderorganisation für die Durchführung der Massaker, war es eine Frage
des Überlebens, sich dem Unabhängigkeitskampf anzuschließen. Sie standen
damals vor der Alternative, sich entweder zu stellen und zu hohen
Gefängnisstrafen oder zum Tode verurteilt zu werden, oder aber sich in
der Organisierung des Widerstands verdient zu machen. Falih Rifki Atay,
ein enger Vertrauter Kemal Atatürks, hat die Situation eindeutig
beschrieben: "Als die Briten und ihre Verbündeten bei Kriegsende
beschlossen, die für das Massaker an den Armeniern Verantwortlichen in
der Partei Ittihad ve Terakki zur Rechenschaft zu ziehen, schlossen sich
alle, die in Frage kamen, dem bewaffneten Widerstand an."(6)
Vor diesem Hintergrund begreift man, warum
der Völkermord an den Armeniern in der Türkei zum Tabu erklärt wurde. Es
hätte zweifellos verheerende Folgen, wenn sich die Nation eingestehen
müsste, dass unter den "Rettern des Vaterlands" auch einige Mörder und
Diebe waren. Und diejenigen, die jede Initiative fürchten, die die
türkische Selbstgewissheit in Bezug auf ihre Republik und ihre nationale
Identität erschüttern könnte, finden es natürlich am einfachsten, alles
abzustreiten. Und doch gibt es eine Alternative: dass sich die Türkei zu
den Werten der Demokratie bekennt und einen gewissen Abstand zu ihrer
Vergangenheit gewinnt.
dt. Edgar Peinelt
Fußnoten:
(1) Akir (Istanbul), 12. Februar 2001.
(2 )Die 1908 gegründete Bewegung der "Jungtürken".
(3) Ernest Renan, "Quest-ce quune nation?", Vortrag, gehalten an der
Sorbonne, Paris, 11. März 1882.
(4 )Zitiert nach Y. H. Bayur, "Türk Inkilabi Tarihi" (Geschichte der
türkischen Revolution), Band II, 4. Kapitel, hrsg. vom türkischen
Geschichtsinstitut, Ankara 1988.
(5) Dieses Hochkommissariat (türk. Karakol) organisierte den
Widerstand, war aber auch damit betraut, allen Personen, die wegen ihrer
Beteiligung an den Armenier-Massakern gesucht wurden, zur Flucht zu
verhelfen.
(6) Falih Rifki Atay, "Cankaya, Atatürkün Dogumundan Ölümüne Kadar"
(Cankaya - von der Geburt Atatürks bis zu seinem Tod), Istanbul 1980.
Le Monde diplomatique Nr. 6495 vom 13.7.2001, Seite 19,
454 Zeilen, Dokumentation TANER AKCAM
haGalil onLine
28-09-2001 |