Angriff der israelischen Luftwaffe:
Hamas-Führer Ahmed Yassin getötet
Auszüge aus einem Nachrichtenartikel der
Ha'aretz-Korrespondenten Amos Harel und Arnon Regular, von
Nachrichtendiensten und von Ha'aret-Service, Ha'aretz, 22.03.2004
Übersetzung Daniela Marcus
Der geistige Führer der Hamas, Scheich Ahmed
Yassin, wurde am Montag bei Tagesanbruch getötet, als Hubschrauber
der israelischen Luftwaffe Raketen auf einen Wagen abfeuerten, in
dem der Führer der radikalen Islamistengruppe saß.
Zeugen sagten, die israelischen Hubschrauber
hätten drei Raketen auf Yassin und seine Leibwächter abgeschossen,
nachdem diese die Moschee verlassen hatten. Yassin war sofort tot,
und von bis zu sechs seiner Leibwächter wurde gesagt, dass sie auch
getötet worden seien. Hamas-Offizielle bestätigten den Tod Yassins.
Quellen aus palästinensischen Krankenhäusern
sagten, 15 Menschen seien bei dem Angriff verletzt worden.
Das Statement der israelischen Verteidigungsarmee
(IDF) lautete: "Bei einer im nördlichen Gazastreifen stattgefundenen
Operation der Sicherheitskräfte am (Montag) Morgen wurde Scheich
Ahmed Yassin, Führer der Terrororganisation Hamas und persönlich
Verantwortlicher für Dutzende von Terrorangriffen und tote Israelis,
Ausländer und Sicherheitskräfte, bei einem Luftangriff auf sein Auto
getötet."
Das Armeeradio berichtete, die Entscheidung,
Yassin zu töten, wäre nach den beiden Selbstmordanschlägen auf den
Hafen von Aschdod am 14. März getroffen worden. Bei diesem
Doppelanschlag waren 10 Menschen getötet worden.
Bei einem im letzten September fehlgeschlagenen
Versuch Israels, Yassin zu töten, war dieser leicht verletzt worden.
Am Sonntag hatte der israelische
Verteidigungsminister Schaul Mofas dem Kabinett mitgeteilt, dass die
Einrichtungen der Verteidigung einen Plan aufstellen würden, um
Hamas vor Israels Umsetzung des "Disengagement"-Plans (i. e. des
unilateralen Rückzugs aus dem Gazastreifen) ernsthaft zu schwächen.
Die IDF waren am Montag nach Yassins Tötung an den
Straßensperren und in den palästinensischen Gebieten in hoher
Alarmbereitschaft. Alle Grenzübergänge nach Israel wurden für
Palästinenser geschlossen und über die Territorien wurde eine
Schließung verhängt. Auch die Polizei innerhalb Israels befindet
sich auf Grund der Gefahr von Reaktionsmaßnahmen in hoher
Alarmbereitschaft.
Zehntausende von Palästinensern, von denen viele
nach Rache riefen, strömten nach den Neuigkeiten über Yassins Tod
auf die Straßen von Gaza. In Gaza City befanden sich unter den
Demonstranten Hunderte von Gewehrschützen. Kinder verbrannten unter
Protest Gummireifen, wodurch schwarze Rauchschwaden die Luft
erfüllten.
Autos fuhren durch die Straßen. Aus ihren
plärrenden Lautsprechern tönten Rufe nach Rache. Manche ließen auch
Tonbandaufnahmen von Yassin abspielen, in denen er die Worte sagte:
"Wir wählten diesen Weg, der mit dem Märtyrertum oder dem Sieg
endet."
In Moscheen wurden Passagen aus dem Koran gelesen
und zwei Kirchen in Gaza ließen ihre Glocken läuten.
Yassin war bei weitem der ranghöchste
palästinensische Militante, der in dem mehr als drei Jahre
andauernden Kampf zwischen Israelis und Palästinensern getötet
wurde.
Die Hamasführung sagte bei der Ankündigung von
Yassins Tod: "Scharon hat die Tore der Hölle geöffnet. Und nichts
wird uns daran hindern, ihn einen Kopf kürzer zu machen."
Im Jahr 1989 war Yassin von Israel wegen der
Gründung der Hamas und der Aufhetzung der Palästinenser zu Angriffen
auf Israelis zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Im Jahr 1997
wurde er von Israel jedoch auf Grund einer Geste des guten Willens
gegenüber dem jordanischen König Hussein freigelassen, nachdem ein
israelischer Versuch, Hamasführer Khaled Mashal in Amman zu töten,
fehlgeschlagen war.
hagalil.com
22-03-2004 |