Reaktionen auf die Ermordung Yassins:
"Schlangenkopf" oder "Mörder-Sheikh"?
Antworten von Yossi Beilin (Yachad) und Ehud Yotam
(Likud) auf den Angriff auf Sheikh Ahmed Yassin
War der Angriff auf Sheikh Ahmed Yassin Ihrer Meinung
nach ein angemessener Schritt der israelischen Regierung? Yossi
Beilin, Vorsitzender der neu gegründeten linksliberalen Partei
Yachad, glaubt, der Angriff hat nur die "Büchse der Pandora"
geöffnet und man könne "den Kopf der Schlange nicht loswerden". MdK
Ehud Yatom (Likud) glaubt dagegen, dass der Angriff auf den
"Mörder-Sheikh" eine Chance für die Palästinensische
Autonomiebehörde (PA) ist, einen neuen Weg einzuschlagen, der nicht
der Weg des Terrors ist. Zwei Meinungen über eine Welt ohne Ahmed
Yassin – aber vielleicht mit neuen Risiken und Chancen:
Yossi Beilin (Yachad): "Sheikh
Ahmed Yassin ist einer der Menschen, ohne die es um die Welt besser
bestellt ist. Der Hass ist seine einzige Ideologie und die Gewalt
ist das Mittel, diese Ideologie zu verwirklichen. Doch sein Tod
setzt dem Terror kein Ende, sondern könnte die Büchse der Pandora
erst öffnen und eine neue blutige Gewaltwelle ins Rollen bringen,
die vielleicht noch schlimmer als die vorherige sein wird.
Gezielte Tötungen sind in einem demokratischen Staat
nicht legitim und nützen nichts. Man sie nunmehr mehr als drei Jahre
und nach jeder dieser Tötungen beginnt man rückwärts zu zählen, hin
zu einem Terrorakt gegen Israelis. Natürlich hat der
palästinensische Terror nicht erst mit den gezielten Tötungen
angefangen, aber er wird durch sie genährt und seine Wirkung wird
auf diese Weise erhöht. Wer vor zwei bis drei Jahren noch dachte,
dass man nur so der Schlange den Kopf abschlagen kann, musste schon
vor langem verstehen, dass keiner der Getöteten der "Schlangenkopf"
war, sondern Anlass für kommende Rache.
Auch Yassin, den Israel unter Netanyahu 1998 in die
Hände des jordanischen König Husseins in die Freiheit entlassen
hatte, ist nicht der Kopf der Schlange. Er ist ein Symbol für einen
Großteil der Palästinenser, der Yassins Blut jetzt rächen will. Ein
neuer Führer wird auftreten, so wie es bei der Hisbollah und anderen
Organisationen passiert ist.
Israel hat ein wirkliches Interesse daran, die Macht des Hamas zu
schmälern. Dies kann Israel in Absprache mit der palästinensischen
Führung, mit deren Ministerpräsidenten und deren Regierung tun. Sie
sind die Stellen, mit denen wir gemeinsame Interessen haben, ob dies
die Stärkung des pragmatischen palästinensischen Lagers ist oder die
Rückkehr an den Verhandlungstisch.
Die Tötung Yassins führt zu einer Annäherung zwischen
Fatah und Hamas, anstatt zu einer Koalition zwischen den
israelischen Fraktionen und den Palästinensern gegen die Extremisten
beider Seiten. Vielleicht ist dies das wahre Ziel des
Ministerpräsidenten. Das
Rückwärtszählen zu dem nächsten palästinensischen Versuch, einen
Terroranschlag von noch größerer Dimension durchzuführen, hat
begonnen. Der Einfluss auf jeden einzelnen von uns, auf unser
Verhalten, unsere Alarmbereitschaft, findet bereits statt. Sollte
die Angelegenheit – Gott behüte – in die Hände von
Terrororganisationen gelangen, dann wird jemand in Jerusalem
erklären müssen, warum er die Anweisung für den Angriff auf Yassin
gegeben hat. Man wird sich nicht mit dem banalen Gerede zufrieden
geben, dass dies "auf lange Sicht hilfreich sein wird".
Ehud Yatom (Likud): "Dies ist
der Zeitpunkt, an dem die Palästinensische Autonomiebehörde (PA)
ihre Bruchstücke aufsammeln und der Führung des palästinensischen
Volkes die Zügel anlegen muss und zwar nicht durch Terror, nicht auf
die Art und Weise wie Yassin.
Die Mitteilung von heute morgen bezüglich der gezielten Tötung,
"der" Tötung schlechthin, die das gerechtfertigte und notwendige
Verschwinden des Sheikhs Yassin aus dieser Welt bewirkt hat, taucht
die gesamte Region in ein völlig neues Licht: Wir befinden uns am
Beginn eines Tages, der uns unter der alleinigen Verantwortung der
PA auf einen neuen Weg bringen kann.
Seit 1986 bis hin zur Gründung des Hamas durch Sheikh
Yassin, hat dieser religiöse Mann das gesamte Gebiet in ein Blutbad
verwandelt, das kein bisschen Aussicht auf irgendeine
palästinensische Gestalt übrig ließ, die die Führungsinitiative
ergreifen und die PA zu Frieden und Sicherheit bringen könnte.
Dieser Sohn des Todes hat hinter dem Vorwand der Religion die
Ermordung von Juden befohlen, während er auch über Yasser Arafat
geherrscht hat, der von uns Anfang der 90er Jahre aus dem Exil
zurückgeholt wurde, um das Gebiet politisch und wirtschaftlich zu
gestalten. Sogar aus den
Gefängnismauern heraus führte Yassin noch die
Widerstandsorganisationen an. Er verwandelte die Kämpfer in
Herrschende, zu Planern, zu den Ausführenden des geplanten Mordens.
Auf extreme Art herrschte er über die anderen
Widerstandsorganisationen, den Islamischen Jihad, die Volksfront und
die Tanzim. Mit einem bloßen Kopfnicken hätte Ahmed Yassin das Leben
von Nachsohn und Kassmann retten, die Ermordung von Nir Poraz
verhindern und uns mitteilen können, wo die entführten Soldaten
Sasportas und Sadon begraben liegen. Er hätte den Tod von ca. 1.000
unschuldigen Israelis, Zivilisten, Juden, Arabern und Soldaten
verhindern können. Nicht nur, dass er dies nicht getan hat, sondern
er predigte den Mord sogar als Strategie."
© Botschaft des Staates Israel
hagalil.com
23-03-2004 |