
ALTER TERRORISMUS
VOM NEUEN BESIEGT
Von Amir Oren, Ha’aretz, 20.9.2001
Der Vorsitzende der
Palästinensischen Autorität Yasser Arafat hat den Feldzug, den er im
Laufe des vergangenen Jahrs gegen Israel geführt hat, verloren, und zwar
nicht gegen einen zionistischen Ungläubigen wie Premier Ariel Sharon
oder Generalstabschef Shaul Mofaz, sondern gegen einen guten moslemschen
Araber, wie er selbst einer ist – Osama bin Laden.
Die Hypothese, wonach eine
reguläre Armee Terrorismus nicht bekämpfen vermag, und Terrorismus nur
mit Terrorismus bekämpft werden kann, wurde bewiesen, wenn auch nur
teilweise und indirekt. Die jüngere Terroristengeneration empfindet
gegenüber die Älteren keinen Respekt. Eine einzige Stunde von
Massenterrorangriffen gegen Metropolen in den Vereinigten Staaten
machten ein ganzes Jahr von Arafats Arbeit zunichte.
Im Jahrzehnt, das seit Ende des Kalten Krieges vergangen
ist, haben wir das Gefühl für die Grundlagen der Weltdiplomatie
verloren: Ein System nationaler Staaten, die in globalen (UNO) und
regionalen (NATO, die Europäische Union, die Arabische Liga)
Organisationen gruppiert sind, und über eine Legislatur (die
Generalversammlung) und eine Art Regierung (der Sicherheitsrat, deren
ständige Mitglieder das Kabinett bilden) vefügen; sie sind bereit, die
Existenz von Außerregierungsorganisationen zu dulden, solange diese ihr
Bestehen als souveräne Staaten nicht gefährden. Bis zur vorgen Woche
glaubte Arafat, er könne alles haben; er glaubte, er könne für seinen
Staat Anerkennung gewinnen und dennoch weiterhin als terroristische
Außerregierungsorganisation ohne Haftung und Verantwortung
funktionieren.
Der von der Sovjet Union – unmittelbar oder mittelbar,
durch Drittstaaten wie die DDR - unterstützte Terrorismus der Siebziger
und Achtziger Jahre, war eines der Mittel in der Auseinandersetzung
zwischen dem westlichen und östlichen Block. Dieser Konflikt kam jedoch
auch in Kriegen zwischen regulären Armeen zum Ausdruck (Korea, Vietnam),
und wurde am Rande eines Atomkrieges eingedämmt. Während dieser Zeit
wurde der Terrorismus von Staaten, sogar von Großmächten unterstützt; um
ihn auszumergeln hätte der Westen eine bedeutende Eskalation hinnehmen
müssen. Diese Form des Terrorismus verschwand letztenendes zusammen mit
den Sovjets.
Für die Vereinigten Staaten war bisher der internationale
Terrorkonzern Al-Qaeda – dessen Vorstandsvorsitzender bin Laden ist –
nicht mehr als ein Ärgernis. Als das Ärgernis jedoch zum Horrorfilm im
eigenen Hinterhof wurde, brachte Amerika es zurück zu den Grundlagen –
eine Welt der Regierungen, nicht der Organisationen; Regierungen sind
es, die auf diejenigen, die sich innerhalb ihrer Gerichtbarkeit
befinden, Disziplin durchsetzen, welche anderenfalls die Konsequenzen
verantworten müssen.
In der globalen Schule verschwendet der Rektor seine Zeit
nicht mit den ungehorsamen Schülern – er wendet sich gleich an die
Eltern. Dies ist auch vom milititärischen Standpunkt sinnvoll: Armeen
werden aufgestellt, um den Armeen anderer Staaten gegenüberzustehen.
Statt zu versuchen, mit nur geringer Erfolgsaussicht, sich der
Guerillakriegsführung anzupassen, soll die Auseinandersetzung mit dem
Staat sein, der den Terroristen in sich birgt, um ihn dazu zu zwingen,
eine Entscheidung zu treffen – entweder nachgeben (und die subversive
Organisation ausweisen) oder auf dem Schlachtfeld bezwungen werden.
In kleinerem Maßstab wäre dies auch für die israelischen
Verteidigungskräfte die beste Vorgehensweise gegenüber den
palästinensischen Organisationen gewesen; aber die internationale
Unterstützung für Arafat war zu stark, um Israel eine freie Hand zu
lassen. Israels Lage war besonders schwierig, da Arafat nicht nur
ausgesprochene Terrororganisationen einsetzte, sondern auch offizielle
Staatsinstitutionen (Force 17) und eine private Organisation
(Fatah-Tanzim) gegen Israel benutzte.
Zwei großangelegte Terrorangriffe führten zu seinem Fall.
Der erste Angriff, am 1. Juni, auf das Dolphinarium Disco Nachtlokal in
Tel Aviv brachte zu internationalem Druck gegen den Palästinenserführer
als es klar war, daß eine harte Reaktion seitens Israel nicht verurteilt
werden würde; damals sah sich Arafat gezwungen, mit den Vereinbarungen
einverstanden zu sein, die vom CIA Chef George Tenet vorgeschlagen
wurden. Der PA Führer machte sich jedoch dünn sobald der Druck nachließ.
Der zweite war der kombinierte Angriff gegen den World
Trade Center und den Pentagon. Arafat und das Palästina Problem nahmen
wieder ihre wahren Ausmasse an; ihre Taktik ist negativ, das steht fest.
Am Montag deckte U.S. Staatssekretär Colin Powell den
Inhalt der Gespräche zwischen Omri Sharon, Avi Gil und Arafat auf; was
jedoch wirklich neu war: Arafats angebliche Bereitschaft (wieder einmal)
die Feuereinstellung als Preis für ein Treffen mit Außenminister Shimon
Peres zu erklären, genügt nicht. Arafat wird nicht nur aufhören müssen,
mit Hamas und Islamic Tschihad wettzueifern, sondern wird gegen sie
vorgehen müssen. Arafat hat die Wahl: entweder vorgehen wie ein Staat
oder als Terrororganisation behandelt werden.
haGalil onLine
11-10-2001 |