
Schlag gegen Terror-Organisation im Gaza-Streifen:
Israel nimmt Mitbegründer der Hamas fest
Auch fünf Söhne von
Extremistenführer Mohammed Taha gefasst / Zehn Palästinenser in
Flüchtlingslagern getötet
Von Thorsten Schmitz
Jerusalem – Die israelische Armee hat am Montag
ihre Militäroperationen im Gaza-Streifen gegen die palästinensische
Hamas ausgeweitet und dabei den Gründer der Terror-Organisation,
Mohammed Taha, festgenommen. Auch dessen fünf Söhne, die aktive
Hamas-Mitglieder sein sollen, wurden gefasst. Israelische Soldaten
lieferten sich heftige Kämpfe mit bewaffneten Palästinensern. Bei
Einmärschen in zwei Flüchtlingslager in Gaza- Stadt sollen zehn
Palästinenser getötet und 40 verletzt worden sein. Vom Gaza-
Streifen aus wurde am Nachmittag erneut eine Rakete auf die
israelische Stadt Sderot abgefeuert.
Bei der zweiten Militäroffensive der israelischen
Armee innerhalb von 24 Stunden in Gaza-Stadt waren Rundfunkangaben
zufolge mehrere Dutzend Panzer sowie Kampfhubschrauber im Einsatz.
Israelische Soldaten lieferten sich in den palästinensischen
Flüchtlingslagern Buredsch und Nusseirat heftige Gefechte mit
bewaffneten Palästinensern, die mit Granaten und Sprengstoff
bewaffnet gewesen seien. Bei den Kämpfen wurden palästinensischen
Angaben zufolge zehn Palästinenser getötet, unter ihnen ein
13-Jähriger sowie eine Palästinenserin, die im neunten Monat
schwanger war. Die 37-Jährige wurde von Trümmern ihres einstürzenden
Hauses erschlagen, nachdem israelische Soldaten das Nachbarhaus
gesprengt hatten. Insgesamt zerstörte die israelische Armee
mindestens sieben Häuser mutmaßlicher palästinensischer Terroristen
in den beiden Flüchtlingslagern. Palästinensischen Angaben zufolge
sollen 150 Palästinenser obdachlos geworden sein.
Vergeltung angekündigt
Bei der Militäroffensive im Flüchtlingslager
Buredsch gelang es der israelischen Armee, einen der Gründer der
seit 1987 aktiven palästinensischen Terror-Organisation Hamas
festzunehmen. Ein Sprecher der israelischen Armee sprach am Montag
von einem Erfolg. Der 65 Jahre alte Hamas- Gründer Mohammed Taha
wurde von israelischen Soldaten angeschossen und anschließend
festgenommen. Seine fünf Söhne wurden ebenfalls gefasst.
Taha hatte 1987 zu Beginn der ersten Intifada
zusammen mit Scheich Ahmed Jassin die Hamas gegründet, die seither
mehrere hundert Israelis umgebracht hat. Hamas kämpft nicht gegen
ein Ende der israelischen Besatzung, sondern spricht Israel generell
das Existenzrecht ab. Hamas steht auf der US- Liste der
Terrororganisationen. Einer der Söhne Mohammed Tahas, Ayam, soll
laut Armee-Angaben der Assistent des Hamas-Bombenbauers Mohammed
Deif sein, der ganz oben auf der Fahndungsliste Israels steht.
Sprecher der Hamas, die im Gaza-Streifen ihre Hochburg unterhält und
seit der Isolierung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat in
Ramallah im Westjordanland zunehmend die Kontrolle über den
Gaza-Streifen übernimmt, kündigten am Montag „blutige Vergeltung“
für die Festnahme Tahas und seiner Söhne an. Die israelische Armee
erklärte am Mittag die Militäroperationen für beendet. „Wir haben
unser Ziel erreicht“, wurde ein Militärkommandant im Rundfunk
zitiert. Zuvor hatte Verteidigungsminister Schaul Mofaz gesagt, die
israelische Armee werde die Militäroperationen im Gaza-Streifen
intensivieren. Die Terrorgruppen Hamas und Islamischer Dschihad
dürften sich nicht sicher fühlen, sagte er. Auch eine
Wiederbesetzung autonomer Teile des Gaza-Streifens war mehrfach von
Mofaz öffentlich in Erwägung gezogen worden.
Appell an George Bush
Der palästinensische Kommunalminister Saeb Erekat
forderte US- Präsident George W. Bush auf, die „Verbrechen Israels
im Gaza-Streifen“ zu verurteilen. In den vergangenen zwei Wochen ist
die israelische Armee mehrmals in autonome Teile des Gaza-Streifens
vorgedrungen, in dem 1,3 Millionen Palästinenser und etwa 5000
jüdische Siedler leben. Dabei sind 50 Palästinenser getötet und mehr
als 100 verletzt worden. Zuvor hatten Mitglieder der Hamas einen
Bombenanschlag auf einen israelischen Panzer verübt, bei dem vier
Soldaten getötet wurden, und mehrfach selbst gebaute Kassam-Raketen
vom Gaza-Streifen aus auf die israelische Stadt Sderot nahe der
Grenze zum Gaza-Streifen abgefeuert. Am Montagmittag feuerten
Palästinenser erneut drei Raketen auf Sderot ab, die auf ein
Wohngebiet fielen. Fünf Israelis erlitten einen Schock.
Ebenfalls am Montag rückten Panzer der
israelischen Armee in die Altstadt der palästinensischen
Autonomiestadt Nablus im Westjordanland vor. Soldaten durchsuchten
dort Häuser und nahmen mehrere Palästinenser fest. Erstmals seit
Monaten wurden in der Nacht zum Montag wieder Schüsse auf den
Jerusalemer Vorort Gilo abgefeuert. Polizeiangaben zufolge wurde
dabei niemand verletzt.
Palästinenserpräsident Jassir Arafat traf in
Ramallah die Nahostbeauftragten der EU, der UN und Russlands. Sie
sprachen über die geplante Ernennung eines palästinensischen
Ministerpräsidenten. Die USA, die ebenfalls zu dem Nahost-Quartett
gehören, blieben dem Gespräch aus Protest gegen Arafat fern.

hagalil.com
25-07-02 |