Nach den jüngsten Anschlägen:
Ist Arafats Zeit abgelaufen?
Es war der erste Selbstmordanschlag
seit vier Wochen. Fast schien schon so etwas wie ein normales Leben den Einzug
gehalten haben, sieht man von den Reservisten ab. Doch nach dem Rückzug der
israelischen Armee haben viele förmlich auf diesen Anschlag gewartet. Es
passierte in Rishon Le Zion und 17 Menschen starben dabei.
Der israelische Premier Ariel Scharon
weilte gerade zu Gesprächen in Washington. Er wird heute Abend vorzeitig
zurückkehren und mit seinem Sicherheitskabinett über Konsequenzen beraten. Zuvor
bat er bereits US-Präsident Bush um Unterstützung für eine mögliche Ausweisung
des Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat.
Mittlerweile gab es einen weiteren
Anschlag, auf einer Straße bei Megiddo im Norden Israels sprengte sich erneut
ein Selbstmordattentäter in die Luft. Er überlebte die Explosion mit
Verletzungen, sonst wurde glücklicherweise niemand verletzt. Der Anschlag galt
offensichtlich einer Gruppe von Soldaten, die an einer nahe gelegenen
Bushaltestelle standen.
Die israelische Armee bereit sich
offensichtlich bereits vor den Beratungen des Sicherheitskabinetts auf eine neue
Großoffensive in den Palästinensergebieten vor. Armeesprecher Ron Kitri sagte,
man sei auf die Möglichkeit gefaßt, daß die Regierung eine ähnliche Offensive
wie die "Operation Schutzschild" anordnen könnte. Generalstabschef Schaul Mofas
sagte, Israel könnte eine noch größere Offensive als "Operation Schutzschild"
unternehmen, sollten die Terroranschläge weitergehen.
Ungewöhnlich scharf hat
Palästinenserpräsident Jassir Arafat die Anschläge kritisiert und seine
Sicherheitskräfte angewiesen, derartige Angriffe künftig zu verhindern.
Gleichzeitig bat er George W. Bush um Hilfe. In einer in Ramallah
veröffentlichten Erklärung sagte er, er sei willens, dem Terrorismus den Krieg
zu erklären. Seine Polizei sei aber zu schwach, um seine Befehle umzusetzen.
Bush müsste den palästinensischen Sicherheitskräften, deren Infrastruktur Israel
weitgehend zerstört habe, "Unverletzlichkeit und genug Unterstützung
gewährleisten, damit sie meine Order umsetzen und Terroranschläge stoppen
können".
Die Reaktion scheint jedoch Arafats
Versuch zu sein, einen neuen israelischen Angriff auf sein Hauptquartier in
Ramallah abzuwenden. Erst vor knapp Woche hat er seine Bewegungsfreiheit wieder.
Aus Quellen von Scharons Team in
Washington hieß es, daß US-Präsident Bush zugestimmt habe, daß Israel nur mit
einem anderen Vertreter der Palästinenser sprechen wird. Jassir Arafat soll
ausgetauscht werden. Entsprechende Meldungen gab es auch in den israelischen
Abendnachrichten. Wie auch immer, seine Tage scheinen gezählt.
Nur, was dann? Ganz davon abgesehen, was
eine erneute Erniedrigung Arafats auslösen würde, ist zwar einerseits klar, daß
er nicht für Sicherheit garantieren kann. Andererseits wundert man sich, von wem
Israel und die USA erwarten, das erfüllen zu können. Die Situation scheint
aussichtsloser denn je. Die nächsten Tage werden mit Gewißheit die Lage weiter
verschärfen.
Allen in Israel war klar, daß es wieder
Anschläge geben würde, aber niemand hatte damit gerechnet, daß es so schnell und
mit einer solchen Heftigkeit passieren würde. Neun der Verletzten schweben noch
in Lebensgefahr. Neue Bilder aus den Krankenhäusern, Fotos der Getöteten und
deren Hinterbliebenen dominieren wieder die Nachrichten.
aue / haGalil onLine 08-05-2002 |