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Das neue Profil des Terrors:
Arabismus und Islamismus

Im Nahen Osten verbünden sich ehemalige Gegner

Von Thomas Uwer und Thomas von der Osten-Sacken
Die Welt v. 12. August 2004

"Bis zum letzten Blutstropfen" würden seine Anhänger kämpfen, verkündete Muktada Al Sadr angesichts der verheerenden Verluste, die amerikanische und irakische Truppen seiner "Mahdi-Armee" gerade zufügen. Die bittere Ironie, die darin liegt, dass der Mann, der sich einst als Führer des schiitischen Widerstands gegen Saddam Hussein stilisierte, heute dieselbe Losung verbreitet, die der gestürzte Diktator vor anderthalb Jahren ausgab, dürfte ihm kaum aufgegangen sein. Als Saddam seine "Verteidigungsschlacht bis zum letzten Blutstropfen" ankündigte, hatten amerikanische Truppen die Hälfte Bagdads schon weit gehend widerstandslos eingenommen.

Die Sprache Muktada Al Sadrs ist längst nicht mehr nur die des radikalen Schiiten. Mehr als 40 verschiedene Terrorgruppen existieren im Irak, die meisten sind ohne klares ideologisches Profil und lokal begrenzt. Über viel mehr als ein paar Panzerfäuste, ein bisschen Sprengstoff und viel schlechten Willen verfügen die wenigsten von ihnen. Gemeinsam aber ist ihnen der blinde Hass auf die "Besatzer", die radikale Ablehnung von allem, was ihnen als westlich gilt und eben die Bereitschaft, den "letzten Tropfen Blut" zu geben. In größter Eintracht arbeiten ehemalige Bath-Funktionäre mit abtrünnigen Kommunisten, wahabitische Extremisten aus Saudi-Arabien mit palästinensischen Freiwilligen, kurdische Islamisten mit Sadrs Mahdi-Armee zusammen.

Im Irak, warnen deshalb Sicherheitsexperten, hat der Terror ein neues Profil bekommen. Der "regionale" Terror kleiner Gruppen, der sich nicht mehr an nationaler Organisation und internationaler Sammlung orientiert, könnte zum Vorbild auch für den Aufstand in anderen Ländern der Region werden. Anstelle eines realen organisatorischen Netzwerkes, das angreifbar ist, tritt die stillschweigende Übereinstimmung im Kampf gegen denselben Feind. Einen Vorgeschmack darauf bot der jüngste Aufstand gegen die palästinensische Autonomiebehörde in Gaza.

Die Entwicklung zeichnet sich bereits seit einigen Jahren ab, genauer, seit dem Ausbruch der so genannten Al-Aksa-Intifada in den palästinensischen Gebieten. Arabische Nationalisten und islamische Fanatiker entdecken seitdem ihre Gemeinsamkeiten, die viel größer sind, als es das historische Zerwürfnis zwischen den Moslembruderschaften und den nationalistischen Regierungen in Staaten wie Syrien, dem Irak oder Ägypten erscheinen lässt. In ihrer geteilten Ablehnung bürgerlicher Freiheit wie auch der Vorstellung, dass nur eine geeinte arabische/moslemische Welt gegen die Übermacht ihrer Feinde bestehen könne, ähneln sie sich ebenso, wie in dem Glauben, dass diese Feinde Amerika, Israel und deren Verbündete sind. Auch Osama Bin Laden, erklärte der Historiker Barry Rubin schon beizeiten, "hat keine neuartigen Ideen eingeführt, sondern lediglich eine neue Methode, die altbekannten erfolgreich umzusetzen". Die amerikanische Regierung mag daher Unrecht gehabt haben, als sie von direkten Verbindungen zwischen dem irakischen Regime und Al Qaida sprach. Darin aber, dass sich Saddam Hussein und Osama Bin Laden ideologisch mehr ähneln, als es der Glaube an die säkularen Nationalisten als Bollwerk gegen den Islamismus nahe legt, hat George W. Bush nicht geirrt.

Eine dieser Ähnlichkeiten besteht darin, dass nichtislamische und nichtarabische Minderheiten keinen Platz in jenem Nahen Osten haben sollen. Nachdem die jüdische Bevölkerung nicht nur aus den islamischen, sondern vor allem aus den "säkularen" Staaten vertrieben worden war, blieb diese Rolle den Christen zugewiesen, die in den alten Monarchien häufig jene Eliten gestellt hatten, auf die sich die Kolonialländer zu stützen pflegten. Die christlichen Viertel in Kairo, Bagdad oder Damaskus stellten lange Zeit westliche Enklaven dar, in denen es weiterhin Nachtclubs und Modesalons gab und Frauen noch unverschleiert auf der Straße gingen. Heute ist davon wenig geblieben.

Nicht aber die islamische, sondern die arabische "Revolution" hat das Absterben der christlichen Gemeinden im arabischen Nahen Osten eingeleitet. In Ägypten war es Gamal Abdel Nasser, der die Verfolgung der Kopten einleitete. Im Irak richteten Nationalisten schon in den Dreißigern ein Massaker unter den christlichen Assyrern an, das als Geburtsstunde der Nation gefeiert wurde. Machten Christen einst 20 Prozent der irakischen Bevölkerung aus, so sind es heute nicht einmal drei Prozent.

So kann es kaum verwundern, dass die Urheber der Anschläge gegen Kirchen und christliche Gemeindezentren in Bagdad und Mosul von vor einer Woche noch immer nicht identifiziert sind. Es könnten die sunnitischen "Löwen Gottes" genauso gewesen sein, wie die nationalistische Miliz "Rückkehr", die aus dem kurdischen Nordirak stammende Ansar Al Islam oder Anhänger der Mahdi-Armee aus dem schiitischen Süden. Im terroristischen Aufstand sind die Grenzen zwischen einst verfeindeten Parteien längst verwischt. Und noch etwas scheint Muktada Al Sadr von seinem einstigen Gegner Saddam gelernt zu haben. Als nämlich dieser Tage absehbar wurde, dass es mit der Mahdi-Armee bald zu Ende sein könnte, rief er die Vereinten Nationen an. Sie sollen Verhandlungen einleiten.

Die beiden Autoren sind Mitarbeiter der Hilfsorganisation WADI e.V.

hagalil.com 15-08-2004

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