Spanische Presseschau zu den Anschlägen:
Matanza en Madrid
[Agenturmeldungen
/ Sound]
Bestürzung, Zorn und Verwirrung über
die Anschläge bestimmen die Leitartikel in den spanischen Zeitungen.
DW-WORLD
bietet Auszüge aus den Kommentaren wichtiger Tageszeitungen.
Die rechts-liberale Zeitung "El
Mundo" stellt ihren Leitartikel unter die Überschrift "Unser 11.
September":
Masacre en Madrid
"Madrid war gestern das Manhattan (des 11.
September): Die gleichen Gesichter der Verzweiflung, die spontane
Solidarität der Bürger, der zusammengebrochene Verkehr, die
kollabierten Hospitäler (...) Die Stadt war vom Schmerz
dahingerafft. Es gibt keine Worte, um eine solch monströse Tat wie
das Legen dieser Bomben, die fast 200 Menschenleben ausgelöscht
haben, zu verurteilen."
Die
links gerichtete Tageszeitung "El Pais" spricht vom "größten
Gemetzel und der bedeutensten Katastrophe in der spanischen
Hauptstadt seit dem Bürgerkrieg":
"Die Möglichkeit, dass Al Kaida dahinter stecken
und dass es eine Verbindung zur Rolle der Regierung Aznar während
des Irak-Krieges geben könnte, ruft eine tiefe Unruhe hervor. Die
spanische Öffentlichkeit war auf ein solches terroristische Inferno
nicht vorbereitet."
"Die Anschläge von gestern ähneln denen von
Nadschaf, Irak, vom August mit 123 Toten, von Bali im Oktober 2002
(...) oder sogar den furchtbaren Anschlägen des 11. September in New
York und Washington mehr als den schlimmsten und grausamsten
Attentaten von ETA, wie das auf das Kaufhaus Hipercor von 1987 mit
21 Toten."
"Die Hypothese, dass es sich um ein Attentat von
fanatischen Islamisten handelt, ist nicht auszuschließen - auch wenn
die Regierung gestern darauf bestand, dass es sich um ETA handelt.
Es ist zu hoffen, dass von Seiten der Regierung keine Information
zurückgehalten oder manipuliert worden ist."
"Es liegt eine gewisse Beweislast bei ETA, einer
Organisation, die sich nicht immer zu ihren Anschlägen bekennt und
die wie alle Terroristen von der Konfusion leben. Im Extremfall
könnten die Terroristen den Kleinlaster mit den Koran-Versen selbst
präpariert haben, um falsche Spuren zu legen."
Die konservative Zeitung "ABC"
sieht die Demokratien in einem "Weltkrieg" gegen den Terrorismus:
"Das schlimmste ist eingetreten. Madrid, wie New
York, Jerusalem, Bagdad und Kerbala, haben ihren terroristischen
Holocaust erlebt. Ab jetzt wird nichts mehr so sein, wie es
einmal war. Wir sind in unfreundliche Zeiten eingetreten, die keinen
Raum für illusorische Hoffnungen noch für weiche Humanität lassen."
"ETA und der islamistische Terror sind in ihrer
Handlungsweise nicht mehr zu unterscheiden: Sie töten massenhaft und
ohne Skrupel (...) Wir befinden uns im Krieg - in einem Weltkrieg
zwischen der Demokratie und ihren Feinden, und diese Feinde (muss
man sie wirklich aufzählen?) heißen islamischer Fundamentalismus,
ethnischer Nationalismus, Neostalinismus und Neofaschismus sowie
neue Judenfeindlichkeit. Noch können wir einige Unterschiede
(zwischen den Terroristen) erkennen. Doch bald werden sie sich
auflösen und alle gleich sein."
Die
in Barcelona erscheinende Zeitung "La Vanguardia" spricht von einem
"Terror ohne Grenzen":
Matanza en Madrid
"Dieser Anschlag ist nicht nur
beispiellos, was die Zahl der Opfer angeht, sondern bringt uns auf
brutale Weise in Verbindung mit einem Massaker, dass wir nicht für
möglich gehalten haben."
"Die allgemeine Verwirrung über die Autorenschaft
des Massakers lindert den Schmerz der Opfer in keiner Weise, auch
nicht den der Bürger, die von der terroristischen Gewalt erschüttert
wurden. Im politischen Leben Spaniens gibt es nun einen neuen Anlass
zur Furcht. Wenn es die Terrorgruppe ETA war, die den Anschlag von
gestern geplant und ausgeführt hat, hat sie eine Strategie des
Terrors eingeführt, die sich von der bisherigen komplett
unterscheidet (...) Stecken aber hinter dem Massaker islamistische
Terroristen, die Al Kaida nahe stehen, hätten wir es mit einer neuen
Bedrohung in unserem Land zu tun, die leider auch die gesamte
westliche Welt und mit den USA verbündeten arabischen Länder
überziehen würde (...) Wir hätten es dann mit einer Neuauflage des
11. September zu tun, die an einem 11. März stattfand und zum ersten
Mal in einem Land der Europäischen Union. (stl)
hagalil.com
14-03-2004 |