Die gezielte Panne:
Ein direkter Einschlag in die Roadmap
Nach Roni Shaked (Jedioth) und Chemi Shalev
(M'ariw)
Die Hoffnung auf eine Rückkehr an den
Verhandlungstisch, einen Waffenstillstand und eine Beruhigung muss
nun wieder warten. Es ist klar, dass die Hammas aktiv werden wird,
die Frage lautet nur wann und wo. Die Tatsache, dass Rantisi bei dem
Liquidierungsversuch mit dem Leben davonkam, machte den sowieso
umstrittenen Beschluss zu einem totalen Fiasko. Israel bekam einen
auf den Deckel, Abu-Masen wurde in die Ecke gedrängt und die Hammas
steht als großer Held dar.
Der Zeitpunkt, der für diese Aktion gewählt wurde, ist sehr schwer
zu verstehen, kaum eine Woche nach dem Akkaba-Gipfel und während
Abu-Masen verzweifelt um einen Waffenstillstand mit der Hammas
ringt. Die Ausrede, die militärischen und geheimdienstlichen
Bedingungen seien gerade jetzt reif gewesen, überzeugt nicht.
Rantisi bewegt sich völlig frei in Gaza und man weiß genau, wo er
sich aufhält. Deshalb war die Wahl des Termins ein Fehler. Eine
solche Aktion findet nicht ohne Genehmigung der höchsten politischen
Ebene statt, und deshalb hätte genau überprüft werden müssen, welche
Resultate erwartet werden können, unabhängig davon, ob die Aktion
gelingt oder nicht.
Es kann sein, dass die Wiederaufnahme der Liquidierungen mit der
voreiligen Enttäuschung über Abu-Masen zusammenhängt, die politische
Stellen in Jerusalem aber auch in Washington empfinden. Vielleicht
sollte mit der Aktion auch jede Aussicht auf eine "Hudna", einen
Waffenstillstand, zunichte gemacht werden, die der israelischen
Militärführung großes Kopfzerbrechen bereitet hat.
Der Kampf zwischen Abu-Masen und der Hammas wird nicht um die
Kontrolle über die PA geführt, sondern um die Kontrolle über die
palästinensische Straße, und die israelische Aktion hat Abu-Masen
sehr geschadet. Sie bewirkte, dass seine Politik von der Realität
isoliert wurde und weit davon entfernt ist, von der
palästinensischen Straße unterstützt zu werden. Hier wurde die
Roadmap liquidiert, und die palästinensische Straße wird es nun
nicht zulassen, dass Abu-Masen mit Sharon zusammentrifft, dem Mann,
der die Liquidierung genehmigt hat.
Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die Lösung des Rätsels
der Liquidierungen nicht bei Strategie oder Taktik zu suchen ist,
sondern bei Politik und Psychologie. Bei dieser Möglichkeit könnte
man annehmen, dass Sharon zunehmend wegen des "linken" Images in
Verlegenheit gerät, das ihm plötzlich anhaftet. Er wollte den
Likudniks, die ihn ausgepfiffen haben, einen Knochen zuwerfen, und
vielleicht auch die Aufmerksamkeit von der Räumung der Outposts
ablenken.
Wie auch immer, Sharon hat sein mysteriöses Image zurückerhalten. Er
ist wieder Dr. Arik und Mister Sharon.
Der blutige Kreis dreht sich wieder auf vollen Touren. Die IDF und
die Sicherheitskräfte haben nun eine schwere Aufgabe: sie müssen
versuchen, den nächsten Rache-Anschlag zu verhindern oder zumindest
zu verzögern, denn er ist nur eine Frage der Zeit.
hagalil.com
13-06-2003 |