Anschlag mit Ankündigung:
16 Tote in Jerusalem
16 Menschen wurden sofort in den Tod gerissen, über
100 Menschen verletzt, sechs davon schweben noch in Lebensgefahr. Um
17.30 Uhr sprengte sich gestern ein als orthodoxer Jude verkleideter
Palästinenser in einem Bus der Linie 14 im Stadtzentrum Jerusalems
in die Luft. Das Bild bereits bekannt: der Bus aufgerissen, Chaos,
Blut, Verzweiflung.
Auf diesen Anschlag hatte man im ganzen Land
"gewartet", die Befürchtung, dass die Rache der Hamas nicht lange
auf sich warten lassen würde, schien schon Gewissheit. Nach dem
missglückten Tötungssversuch von Abdel Asis Rantisi hatte die Hamas
Vergeltung angekündigt, solange bis "kein einziger Zionist mehr im
Land" sei. Zur Tat bekannte sich der militärische Arm der Hamas,
Izzadin al-Kassam. Das ein Polizeisprecher betonte, ein Anschlag
dieser Größe kann nicht innerhalb eines Tages organisiert worden
sein, der Attentäter habe sich wahrscheinlich schon einige Tage in
Jerusalem befunden, tut dabei nichts zur Sache. Es bedeutet
höchstens, dass der nächste Anschlag bald folgen wird.
Israel ist machtlos gegen diese Anschläge. Keine
Blockaden, keine Absperrungen, kein Wachmann, nichts kann hier
helfen. Am Mittwoch lagen den Sicherheitskräften 58 Terrorwarnungen
vor, jedoch keine Spezifischen für Jerusalem. Trotzdem wurden die
Sicherheitsmaßnahmen auch hier weiter verstärkt. An der
Bushaltestelle, an der der Attentäter gestern den Bus bestieg, war
sogar ein Wachmann stationiert. Wegen der Verkleidung als orthodoxer
Jude wurde die lebende Bombe jedoch nicht durchsucht.
Israel reagierte mit der Fortsetzung der
Liquidierungen. Eine Stunde nach dem Selbstmordanschlag in Jerusalem
beschoss die Armee von Hubschraubern aus ein Auto in Gaza und tötete
dabei Massud Titi und Suheil Abu Nahel, zwei hochrangige Mitglieder
der Izzadin al-Kassam –Brigaden. Scharon betonte ausdrücklich,
Israel werde weiterhin Liquidierungen durchführen, trotz der
scharfen Kritik aus Washington.
Noch am Abend versammelten sich zahlreiche
rechtsextreme Extremisten am Davidka Platz in Jerusalem, nahe dem
Ort des Attentates, um gegen Scharon zu protestieren. Scharons
Stellvertreter und früherer Bürgermeister von Jerusalem Ehud Olmert
wurde ausgebuht. Etwa 100 Demonstranten mussten von der Polizei
daran gehindert werden, am nahegelegenen Markt Mahane Jehuda auf
arabische Arbeiter loszugehen.
Nur wenige Tage nach dem ersten Hoffnungsschimmer
zeigt sich mit der neuen Gewaltspirale das wahre Gesicht der
Beteiligten. Abu Mazen will/kann trotz Absichtserklärungen und
Beteuerungen nichts ausrichten. Und Scharon scheint darauf gebaut zu
haben, dass die Hamas ihren Teil tun wird. Seine Antwort,
Fortsetzung der Liquidierungen, zeigt den alten Bulldozer, wie man
ihn kennt. War da nicht die Rede von einem neuen Scharon?
aue/
hagalil.com
12-06-2003 |