Scheich Ahmed Jassin:
Ikone des Terrors
Von Thorsten Schmitz
Scheich Achmed Jassin wird als der "spirituelle
Führer" der palästinensischen Terrorgruppe Hamas beschrieben – wobei
sich seine Spiritualität darauf beschränkt, junge Palästinenser zu
Selbstmordattentaten anzustacheln. In seinen Reden und Interviews
preist Jassin das "Märtyrertum". Der Scheich legt den Koran nach
eigenem Gusto aus: Wer sich in die Luft sprenge und viele Israelis
mit in den Tod reiße, komme ins Paradies mit sicheren Plätzen für
die ganze Familie. Zudem erwarteten ihn 70 Jungfrauen und ein
allemal besseres Leben als jenes unter israelischer Besatzung.
Jassin sagt, er fürchte nicht den Tod durch israelische Raketen.
Doch seine Liquidierung öffnete die "Tore zur Hölle", erklärte der
65-jährige Mitbegründer der Hamas vor wenigen Tagen von seinem
schlichten Betonbau in Sabra aus, einem ärmlichen Viertel von
Gaza-Stadt.
Jassin wird von vielen Palästinensern verehrt,
besonders im Gaza- Streifen, der Hochburg der Hamas. Menschen küssen
ihm die Stirn und die Hand, und jedesmal, wenn
Palästinenserpräsident Jassir Arafat die Ikone des palästinensischen
Terrors unter Hausarrest stellen ließ, gab es Straßenschlachten vor
dessen Haustür – bis die Palästinenserpolizei geschlagen abzog.
Die Macht Jassins kann nicht überschätzt werden,
obwohl sein Äußeres nicht darauf schließen lässt, dass er das
Oberhaupt der gefährlichsten Terrororganisation des Nahen Ostens
ist. Seit seinem 16. Lebensjahr ist Jassin durch einen Sportunfall
vom Halswirbel abwärts gelähmt, weshalb er, stets in einen weißen
Umhang gekleidet, im Rollstuhl sitzt. Zusätzlich hat er
Schwierigkeiten zu atmen, er sieht kaum, hört nur schlecht und
spricht mit einer hellen Falsettstimme. Sein Kopf rutscht öfter nach
links ab, was seine Helfer mit einem Handgriff korrigieren.
Dass Jassin von seinem karg möblierten Zimmer aus
die Zerstörung Israels predigen darf, hat er – ausgerechnet – dem
israelischen Geheimdienst Mossad zu verdanken. Während der ersten
Intifada war der Scheich von einem israelischen Militärgericht zu
lebenslanger Haft verurteilt worden, weil er die Ermordung
palästinensischer Kollaborateure angeordnet hatte. Acht Jahre später
jedoch entließ Israel Jassin – im Austausch mit Mossad-Agenten, die
einen Anschlag auf einen Hamas-Funktionär im jordanischen Amman
vermasselt hatten. Auch wollte Israel nicht, dass Jassin in einem
israelischen Gefängnis sterbe: Sein Gesundheitszustand hatte sich
zusehends verschlimmert.
Seine Rückkehr in den Gaza-Streifen wurde pompös
gefeiert – und von Arafat höflich begrüßt. Arafat empfindet Jassin
als Bedrohung, da sich der Scheich als der einzige authentische
Palästinenserführer präsentiert, der nicht mit Israel verhandelt.
Die fanatisch-religiöse Hamas hat sich in der palästinensischen
Gesellschaft zu einer Konkurrenz zur säkularen Autonomiebehörde
entwickelt. Sie unterhält ein verzweigtes Netz von Schulen,
Armenküchen, ambulanten Kliniken und Kindergärten, und sie erteilt
jeglichen Friedensverhandlungen eine Absage.
Jassins Ansehen in der arabischen Welt ist immens:
Vor fünf Jahren flog er nach Saudi-Arabien, Sudan, Syrien, Iran und
in den Jemen und soll mit 50Millionen Dollar Spenden zurückgekommen
sein. Das Geld verwendet die Hamas für ihren sozialen Flügel – und
für die Infrastruktur ihres Terrors. In ihrem Statut wird eine
Vernichtung des jüdischen Staates gefordert. Auf dessen Gebiet soll
ein islamistischer Gottesstaat errichtet werden, in dem Juden und
Christen höchstens als geduldete Minderheiten existieren dürfen. Die
Tötungen von Israelis seien, so der Scheich, "legitime
Selbstverteidigung".
hagalil.com
17-06-03 |